Amazon und Netflix:Männer im Krieg

NFL - All or nothing - Amazon Doku

"No fucking excuses": Motivationsübungen bei den Arizona Cardinals.

(Foto: Amazon)

Gleich zwei neue Doku-Serien widmen sich dem American Football: "Last Chance U" erzählt von einer College-Mannschaft, "All or Nothing" vom NFL-Team Arizona Cardinals.

Von Josef Kelnberger

Der Chefcoach, allein im Mannschaftsraum. Schiebermütze auf dem kahlen Schädel, Hände in den Hosentaschen. Er sucht nach den richtigen Worten für die erste Rede der neuen Saison. Langsam treffen die Spieler ein, mit Gesichtern, als würden sie in eine Schlacht ziehen. Was die Ziele dieses Teams betreffe, hebt der Coach schließlich an, eine Stimme wie ein General, so gebe es nur ein einziges: "Putting that fucking ring on our finger." Im übrigen gelte die Regel: "No fucking excuses."

So klingt das, wenn Männer Krieg spielen. American Football, die Profiliga NFL, ganz großes Drama. Einem gottverdammten Ring aus Gold und Diamanten jagen sie alle hinterher. Er ziert die Finger von Superbowl-Siegern, Gewinnern des wichtigsten Titels im US-Sport. Die Football- Gladiatoren, immer am Rande von Kreuzbandriss und Halswirbelbruch, haben den Status fast mythischer Helden.

Und so kommt es nicht von ungefähr, dass derzeit zwei große Dokumentar-Reihen einen Blick ins Allerheiligste dieses Sports gewähren. Auf Netflix zeigt die Serie Last Chance U am Beispiel eines Colleges, wie deprimierend eindimensional das Menschenmaterial für diesen Sport heranwächst. Und auf Amazon Prime sind in All or Nothing die Arizona Cardinals auf ihrer Titeljagd zu verfolgen, angeleitet von Chefcoach Bruce Arians, einem wahren Großmeister des F-Worts.

Zum ersten Mal überhaupt haben die NFL-Ligabosse ein Team eine ganze Saison lang begleiten lassen, die Liga ist Partner von Amazon bei der Reihe. Auf das Spielfeld und den Trainingsplatz, in die Umkleideräume; auch in Wohn- und Schlafzimmer von Trainern, Spielern, Managern reichen Kameras und Mikrofone. Was in den acht Folgen kein Thema ist: Doping, Drogen, Sex-Eskapaden. Wer genug hat von amerikanischen Motivationsreden und Treueschwüren, kann Szenen überspringen. Und doch tun sich jede Menge Risse im Hochglanzlack dieses Films auf. Sie geben den Blick frei auf eine erbarmungslose und in ihrer Harte-Hunde-Romantik zugleich urkomische Welt.

Der Klubeigentümer denkt, er habe das Gröbste überstanden, als kurz vor den Playoffs sein Hund stirbt. Aber es kommt dann doch noch sehr viel schlimmer. Abermillionen Dollars und väterliche Gefühle hat er investiert in dieses Team samt all den ungezählten Coaches, Managern, Ärzten, Physiotherapeuten, Scouts, Videoanalysten. Und dann bricht diese hochgezüchtete Kriegsmaschinerie kurz vor dem Ziel unter großem Getöse in sich zusammen - weil diese Stiernacken viel zu nervös sind.

Kein Ring und no fucking excuses am Ende. Die Spieler leeren ihre Spinde und werfen den Müll einer Saison in schwarze Plastiktüten. Der Coach macht das gottverdammte Licht aus.

Last Chance U, Netflix, All or Nothing, Amazon.

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