Untersuchungskommission im Abhörskandal:"The Sun" und "Daily Mirror" unter Spitzelverdacht

Hat Privatdetektiv Glenn Mulcaire neben "News of the World" auch für andere Auftraggeber unter britischen Zeitungen? Vor dem von Premier Cameron einberufenen Untersuchungsausschuss präsentierten Ermittler nun belastende Unterlagen.

Fast vier Monate nach dem Höhepunkt im britischen Abhörskandal soll nun eine Untersuchungskommission das Ausmaß der Spitzel- und Abhöraktivitäten rund um Rupert Murdochs Medienkonzern News Corp. aufklären.

Untersuchungskommission im Abhörskandal: Brian Leveson, Richter und Vorsitzender der Untersuchungskommission, will die Überwachungsmechanismen für Medien prüfen.

Brian Leveson, Richter und Vorsitzender der Untersuchungskommission, will die Überwachungsmechanismen für Medien prüfen.

(Foto: AFP)

Schon am ersten Tag stehen gleich mehrere Zeitungen im Visier der Untersuchungen: Ermittler präsentierten Unterlagen von Privatdetektiv Glenn Mulcaire, in denen das Murdoch-Blatt The Sun und der Daily Mirror erwähnt werden. Mulcaire soll seit 2001im Auftrag von News of the World Prominente und Privatpersonen ausspioniert haben. In den Akten stehen dem Guardian zufolge fast 6000 Namen potentieller Hacking-Opfer sowie mehr als 2000 Anfragen von News-International-Journalisten an Mulcaire. Wie der britische Guardian berichtet, soll es bei News International eine Kultur des Abhörens gegeben haben und die Spionage sei nicht auf das Unternehmen beschränkt gewesen.

Die britische Presse braucht nach Ansicht von Experten dringend neue ethische Standards, darf aber in ihrer Freiheit nicht eingeschränkt werden. Die Pressefreiheit sei für die britische Demokratie und den Lebenswandel im Land fundamental wichtig, sagte der Vorsitzende der richterlichen Untersuchungskommission zu dem Thema, Brian Leveson, in London.

Eine zentrale Frage werde sein, wer die Medien kontrolliere, so Leveson. Die Presse sorge dafür, dass ein wesentlicher Teil des öffentlichen Lebens kontrolliert werde. Daher sei eine einfache Frage Teil der Untersuchung: "Wer überwacht die Wächter?"

Am Ende der Untersuchungen sollen unter anderem Empfehlungen stehen, wie Interessen von Presse, Politik und Polizei in Zukunft besser auseinandergehalten werden könnten.

Das sechsköpfige Gremium war von Premierminister David Cameron eingesetzt worden, nachdem im Juli herausgekommen war, dass Journalisten der News of the World jahrelang Handymailboxen von Prominenten und von Angehörigen getöteter Soldaten und Kriminalitätsopfern abgehört hatten.

Prominente im Zeugenstand

Die in Teilen bereits früher bekannte Affäre führte zur Einstellung des Blatts, dem Rücktritt von Vertrauten des Medienmoguls Rupert Murdoch, ranghohen Polizisten und eines Mitarbeiters von Cameron. Von der Abhöraktion sollen bis zu 5800 Menschen betroffen sein. Immer wieder waren Gerüchte aufgekommen, ähnliche Mittel würden auch bei anderen Zeitungen und Medien eingesetzt.

Der erste Teil der Untersuchung soll Praktiken und Ethik der britischen Medien untersuchen. Ab kommender Woche sollen die ersten Zeugen angehört werden. Im zweiten Teil der Untersuchung soll es dann um das Ausmaß der illegalen Aktivitäten britischer Journalisten gehen.

Zuvor jedoch müssen die Ermittlungen der Polizei abgeschlossen sein. Diese ermittelt einerseits zum Abhören von Telefonen, andererseits zu mutmaßlichen Schmiergeldern, die Journalisten an Polizisten gezahlt haben sollen.

Bei den Anhörungen könnten in den kommenden Wochen unter anderem die Eltern eines jungen, ermordeten Mädchens in den Zeugenstand gerufen werden, deren Telefon angezapft worden war. Auch die Schauspieler Sienna Miller und Hugh Grant, die "Harry Potter"-Autorin Joanne K. Rowling und die Eltern des vermissten Mädchens Madeleine McCann könnten befragt werden.

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