"Weltwoche"-Cover erregt Widerspruch:Ein Fall von Missbrauch

"Sie kommen, klauen und gehen": Die populistisch-konservative Schweizer "Weltwoche" packt ihr Leitthema Roma in harte Sätze. Doch besonders gegen das Titelbild regt sich Widerstand - auch juristisch.

Cathrin Kahlweit

Joachim Ludwig ist ein bekannter Kölner Polizist, als "Experte für Trickbetrug" wird er seit Jahren von deutschen Medien interviewt; Stern, Spiegel, der WDR haben schon über seine Arbeit und Klientel berichtet.

Cover der Weltwoche zu Roma.

Das Cover der Weltwoche soll ein Roma-Kind mit Pistole darstellen.

(Foto: Weltwoche)

Nun hat ihn auch die Schweizer Weltwoche entdeckt - und mit ihm ein Thema, das von der populistisch-konservativen Wochenzeitung in harte Sätze gepackt wird: "Sie kommen, klauen und gehen". Sie, das sind Roma, die laut Weltwoche als "Familienbetriebe des Verbrechens" regelmäßig "rauben, betteln, stehlen". Und das nicht nur, aber zunehmend in der Schweiz.

Ganze Zigeuner-Clans setzten ihre Kinder zum Stehlen ein, schreiben die Autoren; osteuropäische Roma-Sippen seien zu einem großen Teil für den wachsenden Kriminaltourismus verantwortlich. Sie schickten Frauen auf den Strich, Kinder zum Betteln. Ein zweiter Text befasst sich mit Ludwigs Klientel: mit polnischen Roma, die den "Enkelktrick" anwenden: Sie rufen alte Menschen an, tun so, als sei man ein enger Verwandter und erbetteln dann Geld.

Der Themenschwerpunkt an sich, deftig und polemisch präsentiert, ist es allerdings nicht, der seit Tagen heftige Reaktionen und mehrere Anzeigen wegen Volksverhetzung zur Folge hat. Es ist vor allem das Titelbild der Wochenzeitung. Das zeigt ein Romakind mit abgeblättertem Nagellack, das eine blasslila Windjacke trägt und mit einer schwarzen Pistole auf den Betrachter zielt. Darunter: "Die Roma kommen: Raubzüge in die Schweiz".

Der österreichische Journalist Klaus Kamolz hatte den Stein vor Tagen ins Rollen gebracht, als er die Verantwortlichen und damit an erster Stelle Chefredakteur Roger Köppel wegen Titelfoto und Titelzeile anzeigte. Er wolle damit ein "symbolisches Zeichen gegen die Pauschalverurteilung der Roma als Verbrecher" setzen, so Kamolz. Anzeigen aus Deutschland und auch der Schweiz folgten, mittlerweile befasst sich die "Eidgenössische Kommission gegen Rassismus" mit der Angelegenheit.

Eine besondere Perfidie liegt dabei in der Bildauswahl der Schweizer Journalisten: Das Foto des kleinen Roma ist gar nicht in der Schweiz aufgenommen. Es stammt aus einer Serie des italienischen Fotografen Livio Mancini und entstand 2008 im Kosovo auf einer Mülldeponie in der Stadt Gjakova. Dort leben völlig verarmte Roma-Kinder mit ihren Familien und spielen inmitten giftigen Abfalls.

Bei der Weltwoche selbst versteht man, so ist zu hören, die Aufregung nicht. Ein Mitglied der Chefredaktion sagte am Wochenende: Alle Welt rege sich über das Foto auf, aber keiner über den "Missbrauch dieser Kinder".

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