TV-Kritik: Wer wird Millionär?:Frau Guttenberg nimmt einen Schluck

Ohne viel zu sagen, gewinnt Stephanie zu Guttenberg bei Günther Jauch 500.000 Euro. Daraufhin braucht die Ministergattin "erst mal ein Bier". Höhepunkt einer abschüssigen Folge "Wer wird Millionär?" sind Anekdoten aus der Kneipe.

Hans Hoff

Soll niemand mehr behaupten, der Computer wähle bei Wer wird Millionär? die Fragen aus. Nicht, nachdem ausgerechnet in der Sendung, in der Stephanie zu Guttenberg zu Gast ist, gefragt wurde, welches von vier Märchen denn als Adelstest anzusehen sei. Natürlich wusste die Ministergattin punktgenau, dass die "Prinzessin auf der Erbse" gemeint war, hat die richtige Antwort der gerade auf dem heißen Stuhl sitzenden Sängerin Ina Müller zugezischelt und am Ende selbst auch noch 500.000 Euro für den guten Zweck abgeräumt.

'Wer wird Millionär? - Prominenten-Special'

Stephanie zu Guttenberg zu Gast bei Günther Jauch: "Ich bin so wahnsinnig glücklich. Ich brauch jetzt ein Bier."

(Foto: dpa)

Die zu Guttenbergs haben gerade einen Lauf. Denen gelingt alles. Mit einem popeligen Adelstestmärchen braucht man denen gar nicht erst zu kommen.

Am Frühstückstisch der Guttenbergs

Da wird sogar in Kauf genommen, dass "Steffi", wie sie von der hyperaktiven Ina immer wieder gerufen wird, ein bisschen mundfaul reagiert, als sie dran ist. Sie sitzt auf dem heißen Quiz-Stuhl und pflegt die Kultur der Einwortsätze. "Ist Ihnen kalt?", will Moderator Günther Jauch wissen. "Ne", sagt Steffi. Danach folgen zwischen den unumgänglichen Antworten auf die Quizfragen vornehmlich Aussagen wie "ja", "mmmh" und "okay". Als Jauch bei der 500.000-Euro-Hürde fragt, ob sie eine Frau sei, die etwas riskiert im Leben, sagt sie: "schon".

Man stellt sich gleich vor, wie das morgens bei Guttenbergs zugeht, wenn die Bediensteten das Frühstück auftragen. Ein Ei, der Herr? "Jo." Marmelade, die Dame? "Nö." Frisches Haargel? "Okay."

Immer einen im Kahn

So eine Art treibt selbst einen sonst sehr reaktionsstarken Moderator in die Einsilbigkeit. Einen anderen Kandidaten hätte Jauch längst auf Korn genommen, hätte ihn verunsichert und sich ein paar Späßchen auf seine Kosten erlaubt, aber an die neue deutsche A-Klasse traut er sich nicht so forsch ran. Als es Einwort-Steffi dann doch bis zur halben Million geschafft hat, wirkt Jauch erleichtert.

Und selbst die Siegerin jubelt für einen kurzen Moment. "Ich bin so wahnsinnig glücklich. Ich brauch jetzt ein Bier", jubelt sie, um sich gleich danach wieder in ihren Contenance-Panzer zurückzuziehen.

Dass das mit dem Bier volkstümlich wirkt und gut ankommt, hat sie offensichtlich bei der vor ihr ausgefragten Ina gelernt. Die weiß nämlich, wie man so eine Traditionsshow rockt.

Auf der nächsten Seite: Jauch als Discjockey in der Haifischbar und Reinhold Beckmann am Telefon - spannungstechnisch ist die Show arg abschüssig.

Zettel im Strumpf

Die Gastgeberin der sympathisch chaotischen Kneipenshow Inas Nacht im NDR erklärt gleich zu Beginn, dass sie bei ihrer eigenen Sendung immer leicht einen im Kahn hat. "Ich habe noch nie ohne gemacht", sagt sie, und dann erzählt sie leider zu kurz, wie sie Günther Jauch mal als Discjockey in der Hamburger Haifischbar erlebt hat.

Nicht einmal pieksen muss man diese Dame, sie rockt das Haus schon von selber. Sie hat Reinhold Beckmann zu ihrem Telefonjoker gemacht, und für die Dauer von 30 Sekunden klingt der sogar erträglich. Zudem weiß er die richtige Antwort auf eine Fußballfrage. Wer, wenn nicht er.

Blick auf den Quizmasterbildschirm

Dann erhascht sie auch noch einen Blick auf Jauchs Quizmasterbildschirm, wo die Kamera gerade den Tipp der Regie einfängt, die Kandidatin solle nicht länger rumreden, sondern mal den Publikumsjoker wählen. Da weiß man nun, wo Jauch manche seiner so spontan wirkenden Einfälle hernimmt. Am Ende zieht Ina schließlich 125.000 Euro ein - und trinkt ein Bier.

Später kommt dann Steffi dazu, ebenfalls mit einem Glas, und gemeinsam giggeln sie, während der Komödiant Bülent Ceylan eine eher trockene Ratevorstellung abgibt. Dramaturgisch hätte es für Jauchs Show nicht schlechter laufen können. Erst tritt die überdrehte Ina als dauereruptierender Einmannvulkan an, dann kommt der schon wesentlich ruhigere weibliche Adel, und dann müssen noch zwei eher trocken veranlagte Männer ran.

Ein müder Scherz

Ceylan und der ehemalige Nationaltorwart Jens Lehmann schaffen beide die 125.000-Euro-Marke, müssen dann aber passen. Für die Sendung sind sie nicht weiter von Belang. Je später der Abend, desto langweiliger wird die Show. Da hilft es auch nichts, dass Jauch in Erinnerung an ein legendäres Elfmeterschießen einen Zettel aus der Socke zieht und ihn Lehmann überreicht. Allerdings steht da nur drauf, dass Antwort A, B, C oder D mit großer Sicherheit richtig ist. Ein müder Scherz.

Am Schluss dieser spannungstechnisch arg abschüssigen Show scheint nicht nur Jauch froh, dass sie überstanden ist. Als er die Teilnehmer auf die Bühne bittet, stehen sie plötzlich im Funkenregen, und Inas neue Freundin Steffi versucht, ein bisschen von der Funkelei mit der Hand zu fangen. Sie greift nach den Sternen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: