TV-Kritik: Schlag den Raab:"P" oder: Stefan Raab fällt auf die Nase

Verunglückte Premiere des Product Placement: Moderator Stefan Raab stürzt - und muss mit Gerhirnerschütterung weitermachen.

Christina Maria Berr

"Sportlich gesehen hat der Stefan keine Chance", erklärt Stefan Raabs Herausforderer zu Beginn der Sendung in einem Einspieler - und er sollte damit Recht behalten. Nach drei Monaten Pause, in denen der Entertainer einen Star für Oslo suchte und Lena Meyer-Landrut fand, kommt er am Samstagabend mit seiner Duellierungsshow Schlag den Raab zurück. Und diese 22. Liveshow der Pro-Sieben-Sendung verläuft durchaus dramatisch und wird im Nachhinein als "historisch" angesehen werden, was auch an der Werbung liegt.

Vor allem aber: Stefan Raab stürzt. Der Moderator mit den kessen Sprüchen ist am Boden.

The show must go on

In der siebten Runde, einer Fahrt mit dem Mountainbike, fliegt der große Mann des Unterhaltungsfernsehens vom Rad, fällt auf sein Gesicht und bleibt liegen. Die Kamera - sonst nicht zimperlich in voyeuristischer Detailansicht - zoomt sofort weg. Der Herausforderer, praktischerweise ein Unfallchirurg, fährt zu ihm. Im Hintergrund hört man ein Martinshorn. Ein Arztteam rennt zu Raab, der immer noch auf dem Boden liegt.

Es ist zunächst unklar, ob Stefan Raab überhaupt weitermachen kann. Dann, nach einer fürs Privatfernsehen äußerst stillen Zeit und kameratechnisch statischen Einblendung, setzt sich Stefan auf. Er will sogar weiterfahren.

Die Show muss weitergehen, die Werbekunden haben schließlich gezahlt - und Raabs Sendung funktioniert ohnehin über seinen tatsächlichen Ehrgeiz, sich den Spielen zu stellen und sie zu gewinnen. In diesem Fall ist es extrem.

Raab wirkt verwirrt, als er wieder aufs Rad steigt. Mit etlichen Schrammen im Gesicht und einem brummenden Schädel startet er erneut, stürzt aber wieder, die dritte Runde absolviert er langsam und wackelig. Später erklärt der Frontman von Pro Sieben, er könne sich an die beiden Runden nach dem ersten Sturz nicht erinnern. Der Arzt diagnostiziert eine Gehirnerschütterung. Und so darf Raab auch nicht beim vorgesehenen Hochsprung antreten. "Schauen Sie ihm ihm Gesicht, dann wissen Sie, wie der Abend verlaufen ist", meint Frank Buschmann, Kommentator der sportlich ausgerichteten Spiele.

Hochsprung fällt aus

Dass die Runde mit Hochsprung ausfallen konnte, lag vielleicht auch daran, dass in dieser Runde keine werbetechnische Produktplatzierung vorgesehen war. Product Placement, bereits jahrelang immer wieder im deutschen Fernsehen unerlaubt eingesetzt, ist erst seit wenigen Tagen nicht mehr verboten. Die EU und die neuen Werberichtlinien der Landesmedienanstalten machen dies möglich.

Raab, der bereits mit Schleichwerbung bei seiner Wok-WM für Ärger sorgte und die Sendung kurzerhand als Dauerwerbesendung deklarierte, dürfte das durchaus freuen. Schlag den Raab ist zugepflastert mit Werbung, Gewinnen und nun auch noch Product Placement.

Ein Bling

Im Jackpot winken dem Gewinner zwei Millionen Euro, und die Werbemacher setzen auf das "P". Der Buchstabe wird zusammen mit dem Zusatz "Unterstützt von Produktplatzierungen" eingeblendet, wenn das Produkt platziert wird.

Die Einblendung, mit einem kurzen akustischen Bling versehen, erscheint kurz am rechten oberen Rand. Das war's. Wer nicht genau hinsieht, wird diese Einblendung vermutlich übersehen. Das dürfte den Werbemachern durchaus gelegen kommen.

Bei Stefan Raab erscheint dieser Zusatz vor den Musik-Acts, in denen der Kommentator die CDs in die Kamera hält, bei der Mountainbikenummer, bei einer Aktion mit Gabelstaplern. Mit den Produkten habe das jedoch nichts zu tun, heißt es beim Sender. Und man fragt sich dennoch, warum die Radmarke - mehrfach groß im Bild - von der Kamera eingefangen wird. Product Placement und Werbepausen, dazu noch Gewinne - vielleicht sollte die Show überhaupt "Zahl den Raab" heißen.

Lesen Sie auf der nächsten Seite, wie Product Placement eingesetzt wurde.

Ein Osterhase mit Rollator

Das "P" taucht nicht bei jener Spielrunde auf, die sich "M-Ball" nennt. Der M-Ball wird in den klassischen Werbepausen von einer Schokoladenfirma beworben. Sie hat ihn erfunden. Dabei findet gerade hier - und der Sender behauptet nur hier - Product Placement statt. Dass man das P an dieser Stelle nicht einblenden muss, ist zwar rechtlich korrekt - mutet dennoch eigenwillig an.

Während man noch über nussförmige Bälle nachdenkt, hat Herausforderer Hans Martin diese Runde schon gewonnen. Der 29-Jährige hätte Zeit schinden können, nach den ersten Toren. Doch das tut er nicht. Er ist fair, ehrgeizig - und auch ein wenig langweilig.

Raab und der durchaus witzige Moderator Matthias Opdenhövel - vielleicht sollte sich DSDS-Kollege Marco Schreyl da mal ein Beispiel nehmen - scheinen sich durch die Namensgleichheit an einen früheren Kandidaten namens Hans-Martin zu erinnern. Dieser nervte vor allem durch nervige Fragen an die Schiedsrichter und selbstsichere Sprüche.

Wie ein Osterhase mit Rollator

Da ist der jetzige Kandidaten ganz anders. Dieser Hans Martin spielt konzentriert, gewinnt Runden wie das Leiterrennen (Opdenhövel: "Wie ein Osterhase mit Rollator") und das Würfeln. Ausgerechnet letzteres Spiel, eine reine Glücksspielnummer, erweist sich als dramaturgisch besonders gelungen. Immer wieder fallen Raab wie auch Hans Martin im letzten Moment zurück. Raabs Herausforderer behält trotzdem das Pokerface.

Nur beim Putten scheint er die Nerven zu verlieren, schießt fast immer daneben. Dann, bei der Runde "Wann war das?", einem weiteren Wissensquiz, schafft es Hans Martin, die vier Koffer mit den insgesamt zwei Millionen Euro für sich zu gewinnen: Wann kippte die Mercedes A-Klasse beim Elchtest um? Der Mann aus Grevesmühlen schnappt sich die vier Koffer und schreit. Mit dem Geld wird er nun eine Party organisieren und die Entwicklungsarbeit eines Freundes in Kenia unterstützen.

Stefan Raab, noch leicht benommen, war offenbar froh, dass die Sendung vorüber war. Der Schädel brummte vermutlich noch immer. Ein Kopfschmerzmittel wäre sicher das geeignete Produkt für die TV-Premiere des legalen Product Placement gewesen.

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