Y:Das Kennzeichen der  Bundeswehr

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Beim Geld fürs Militär liegen SPD und Union weit auseinander - scheinbar jedenfalls.

Von Christoph Hickmann

(Foto: Steffen Mackert)

Mit dem Buchstaben Y beginnen die Kennzeichen der Bundeswehr-Fahrzeuge. Aber warum eigentlich? Weil, als vor vielen Jahrzehnten die Kennzeichen festgelegt wurden, eigentlich nur die Buchstaben X oder Y übrig blieben. Es wurde das Y.

Zu Zeiten des Kalten Krieges sah man die Wagen mit dem Y im Kennzeichen häufig in Kolonne über die Autobahnen rollen. Als die Konfrontation zwischen Ost und West vorbei war, nahm dieser innerdeutsche Militärverkehr deutlich ab - schließlich war es nun nicht mehr notwendig, so dachte man jedenfalls, ständig die schnelle Verlegung von Truppenteilen innerhalb des Landes zu üben. Das hat sich allerdings mittlerweile wieder geändert.

Beim Geld fürs Militär liegen Union und SPD weit auseinander - scheinbar

Seit Russland die Krim annektiert hat und in der Ostukraine gekämpft wird, hat die Aufgabe der Landesverteidigung für die Bundeswehr wieder einen deutlich höheren Stellenwert - wobei es, genau genommen, um "Landes- und Bündnisverteidigung" geht. Schließlich liegt Deutschland, anders als im Kalten Krieg, nicht mehr an der Ostflanke der Nato. Dort sind es mittlerweile Staaten wie Polen, Estland, Lettland und Litauen, die eine russische Aggression besonders fürchten. Nachdem die Bundeswehr ihre Anstrengungen jahrelang auf die Auslandseinsätze konzentriert hatte, vor allem auf den in Afghanistan, sind deshalb nun wieder klassische Verteidigungsfähigkeiten gefragt.

Zugleich allerdings wird die Bundeswehr weiter im Ausland eingesetzt - und die Herausforderungen dürften nicht weniger werden. Deshalb braucht die Truppe, über deren mangelhafte Ausrüstung in den vergangenen Jahren viel berichtet wurde, mehr Geld - so viel zumindest ist zwischen Union und SPD unstrittig. Bei der Frage allerdings, wie viel mehr es sein sollte, gehen die Vorstellungen auseinander. Zumindest beim ersten Hinsehen.

Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) hat in den vergangenen Jahren schon deutlich mehr Geld für die Truppe herausgeschlagen - doch aus ihrer Sicht reicht das noch nicht. Sie propagiert weiter das Ziel der Nato-Staaten, bis Mitte des nächsten Jahrzehnts zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung auszugeben. Auch Deutschland hat dem zugestimmt. Derzeit steht die Bundesrepublik aber bei 1,26 Prozent. Da der Verteidigungsetat derzeit 37 Milliarden Euro umfasst, ist klar, dass eine Steigerung auf zwei Prozent der Wirtschaftsleistung in den nächsten Jahren kaum realistisch ist.

Entsprechend scharf attackiert die SPD von der Leyen (und auch die Kanzlerin) an diesem Punkt. Die Genossen glauben, hier ein Thema entdeckt zu haben, mit dem sie beim Wähler punkten können - schließlich stehen die Deutschen Militäreinsätzen in der großen Mehrheit skeptisch gegenüber. SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz sprach zwischenzeitlich in Wahlkampfreden über den deutschen "Militärbullen", der da in der Mitte Europas entstehen solle und vor dem die Nachbarn zu Recht Angst hätten. Das allerdings geht an der Realität vorbei.

Denn in Wahrheit weiß auch von der Leyen, dass es keine zwei Prozent geben wird. Stattdessen könnte sie mehr als zufrieden sein, wenn am Ende ein Wert um 1,5 Prozent herum erreicht würde. Und die SPD weiß, dass von der Leyen das weiß. Streit gibt es trotzdem, schließlich ist Wahlkampf. Was die SPD übrigens gern verschweigt: Als das Zwei-Prozent-Ziel 2014 beim Nato-Gipfel in Wales bekräftigt und in die Abschlusserklärung aufgenommen wurde, war ein Sozialdemokrat Außenminister - Frank-Walter Steinmeier.

Dessen Nachfolger Sigmar Gabriel allerdings fühlt sich daran nicht gebunden. Im Gegenteil: Er bestreitet sogar, dass es das Zwei-Prozent-Ziel in dieser verbindlichen Form überhaupt gebe. Vielmehr hätten die Nato-Staaten lediglich vereinbart, ihre Verteidigungsausgaben zu erhöhen und sich den zwei Prozent anzunähern.

Wenn die Europäer in Rüstungsfragen kooperieren, kann es kompliziert werden

Einig sind sich Union und SPD und auch die Grünen übrigens darin, dass die europäischen Staaten stärker und enger kooperieren sollten. Unter von der Leyen sind hier bereits einige Projekte in Gang gekommen. Besonders schwierig ist die Sache mit der Kooperation allerdings dort, wo sie besonders notwendig wäre: in der Rüstung. Zwar wird in verteidigungspolitischen Grundsatzreden gern betont, wie unsinnig es doch sei, diverse verschiedene Panzermodelle zu produzieren und zu nutzen, statt gemeinsam ein einziges Modell zu bauen - aber am Ende achten besonders die größeren Staaten eben doch darauf, bloß nicht ihre Unabhängigkeit zu verlieren. Denn wenn eine Nation sich auf den Panzerbau spezialisiert und die nächste auf den Bau von Fregatten oder U-Booten, dann ist man endgültig voneinander abhängig.

Wie kompliziert es wiederum werden kann, wenn mehrere Nationen gemeinsam ein System bauen, sieht man am Beispiel des Transportflugzeugs A 400M. Dessen Probleme dürften die Verteidigungspolitiker des Bundestages auch in der nächsten Legislaturperiode noch ein wenig beschäftigen, egal, wer mit wem regiert.

© SZ vom 19.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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