Whisky: Ardbeg Supernova:Explosion im Gaumen

Zwei Jahre in Folge wurde ein Erzeugnis der schottischen Destillerie Ardbeg zum Whisky des Jahres gekürt. Nun wagt das traditionsreiche Unternehmen einen riskanten Versuch.

Jürgen Schmieder

Der Name, das muss man einmal deutlich sagen, ist wirklich schrecklich. Normalerweise tragen Whiskys unaussprechliche Namen, am liebsten mit dem schottisch gerollten "r" in der Mitte oder einem "Mac" am Anfang, garniert mit einer einfachen Altersbezeichnung. Laphroaig 10-year-old, das ist mal eine Bezeichnung - oder auch Glenturret 15 Years oder McAllen 18 years.

Ardbeg Supernova

Die Destillerie Ardbeg auf der schottischen Insel Islay.

(Foto: Foto: Ardbeg)

Aber Supernova? Das klingt nach einer Diskothek in einer deutschen Stadt, deren Autokennzeichen drei Buchtaben hat oder nach der Mittwochabend-Beschäftigung von Star-Trek-Fans. Natürlich ist eine Supernova auch das Aufleuchten eines Sterns durch eine Explosion, bei der er vernichtet wird. Aber doch kein Whisky! Dennoch: Ardbeg nennt ihr neuestes Erzeugnis tatsächlich Supernova.

Ardbeg, das ist jene Destillerie, die von vielen Whiskey-Fans nicht nur zur besten der schottischen Insel Islay verklärt wird - was aufgrund der Konkurrenz wie Laphroig, Bowmore und vor allem Lagavulin erwähnenswert wäre -, sondern gar zur besten der Welt. Whisky-Papst Jim Murray etwa sagte einmal: "Wenn es bei Whisky so etwas wie Perfektion gibt, dann kann sie in dieser Destillerie gefunden werden."

Die Destille wurde im Jahr 1815 von John McDougall gegründet, doch bereits mehr als 100 Jahre zuvor sollen auf der Insel von Islay Schmuggler und Schwarzbrenner in der Gegend von Ardbeg Whisky gebrannt haben. 1981 fand diese Tradition ein jähes Ende: Aufgrund mangelnder Produktion und daraus resultierender finanzieller Schwierigkeiten wurden die Tore geschlossen. Es bedurfte der Hilfe von Glenmorangie im Jahr 1997 und seit 2005 auch Moet Hennesy, um die traditionsreiche Destillerie wieder zum Leben zu erwecken.

Nicht ohne Selbstironie nannte Ardberg die ersten Produkte Still Young und Almost There, ehe im Juni 2008 mit Renaissance der erste zehn Jahre alte Whisky präsentiert wurde. "Whisky braucht Zeit, um erwachsen zu werden", sagt Brand Director Amish Torrie über die Entwicklung.

Supernova, als Sonderabfüllung seit wenigen Tagen auf dem deutschen Markt erhältlich, soll sich nun mit Ardbegs Abfüllungen 10 year old und Uigeadail messen, die von Jim Murrays "Whisky Bible" in den vergangenen beiden Jahren jeweils zum besten Whisky der Welt gekürt wurden. "Wir wollten etwas komplett Neues versuchen und einen Whisky mit einer extremen Note kreieren", sagt Torrie.

Extrem ist der erste Geruchseindruck nach dem Schwenken des Glases. Es riecht nach Erde, nach Teer, nach Öl. Erst langsam breiten sich die süßeren Noten wie Wacholderbeere oder Holunderblüten aus - man braucht jedoch schon eine geübte Nase, um das aus den erdigen Noten herauszufiltern. Das jedoch gehört zum so genannten torfigen Paradox, der Komplexität aus herben und süßen Noten, wofür Ardbeg bei Liebhabern geschätzt wird.

Beim ersten Schluck gewinnt man den Eindruck, die Destillerie hätte das Erzeugnis toit taufen müssen - das ist das gälische Wort für Rauch. Die für Ardbeg typische Süße tritt in den Hintergrund, man fühlt sich wie in einem Zigarrenclub der Zwanziger Jahre. Das ist gewöhnungsbedürftig und hat zunächst wenig mit einem Single Malt Whisky zu tun. Es schmeckt extrem nach Rauch und Torf - der Torfanteil liegt bei mehr als 100 parts per million. Wohl deshalb, um eine Konkurrenz zum Octomore II von Bruichladdich zu kreieren.

"Wer Ardbeg Supernova probiert, erlebt nicht weniger als eine galaktische Geschmacksexplosion mit Nuancen von Salz und Pfeffer, geröstetem Kaffee, Chili, Schokolade und Tabak", sagt Torrie, was ein wenig arg nach Marketingsatz klingt. Denn so lange sich der Whisky im Mund befindet, ist von Explosion und Chili und Schokolade nur wenig zu schmecken - sondern lediglich von Rauch und Torf.

Dann jedoch kommt der Abgang - und es genügt eine Uhr mit Minutenzeiger, um die Länge zu stoppen. In der Tat scheint der Whisky hinter dem Gaumen zu explodieren, erst dann entfalten sich die angekündigten Geschmacksnuancen in einer Stärke, die man nur selten bei Single Malt Whiskys erlebt.

Und plötzlich erkennt man, dass der Name für diesen Whisky vielleicht doch nicht so schrecklich ist, wie man anfangs dachte - was nicht nur am Geschmack liegt, sondern vielleicht auch daran, dass es im Gälischen kein Wort für Supernova gibt.

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