Wellness-Oase in den Bergen:Eine Kathedrale für den Körper

Der Schweizer Stararchitekt Mario Botta sucht nach einer neuen Wohlfühl-Dimension: Mit dem teuersten Spa der Schweiz, der Erweiterung des "Tschuggen Grand Hotels" in Arosa, verwirklicht er nicht nur architektonische Träume.

Ingeborg Pils

Wellness heißt für viele Hoteliers das Zauberwort für mehr Gäste, mehr Umsatz, mehr Prestige. Längst haben auch unsere Schweizer Nachbarn erkannt, dass ein Spa nicht einfach nur zum Standardrepertoire eines Luxus-Hotels gehört, sondern für den Gast weitaus mehr bieten muss als "nur" Badelandschaft und Fitnessgeräte: Gesucht wird ein Rundum-Wohlgefühl, ein Ort, an dem die Seele Flügel bekommt. "Es geht um persönliche Zuwendung, Aufmerksamkeit, Einfühlsamkeit und Nähe."

So beschreibt Daniel Ziegler, Delegierter des Verwaltungsratspräsidenten der Tschuggen Hotelgruppe mit Häusern in Arosa, Ascona und St. Moritz, die neue Definition von Wohlfühl- Hotellerie der Spitzenklasse. "Der Alltag macht unser Leben nicht farbig. Es sind die kleinen Ausbrüche aus den Ruinen der Gewohnheiten; die Fluchten zwischendurch. Vielleicht kann man das auch die Poesie des Unzeitgemäßen nennen."

Teure Terrassen

Schweizer Hotel-Mäzene investieren bereits seit einigen Jahren große Summen in den Ausbau der Wellnessbereiche. Thomas Straumann, Besitzer des "Bellevue" in Gstaad, ließ sich das Spa 25 Millionen Franken kosten, die Sandoz-Familienstiftung steckte acht Millionen Franken in den Ausbau der Wellness-Zone im Zermatter "Riffelalp Resort" und für das neue Spa im "Beau-Rivage Palace" in Lausanne stehen 15 Millionen Franken zur Verfügung.

Das teuerste Spa der Schweiz entsteht derzeit in Arosa. Der deutsche Multimilliardär Karl-Heinz Kipp, Besitzer der Tschuggen Hotelgruppe, erweitert dort derzeit sein Fünf-Sterne Haus, das "Tschuggen Grand Hotel", um eine einzigartige Wellnessoase mit geschätzten Baukosten von mehr als 30 Millionen Franken.

Die terrassenförmig in den Hang hineingebaute "Bergoase" des Schweizer Stararchitekten Mario Botta, die pünktlich zur Wintersaison am 1. Dezember 2006 eröffnet wird, setzt nicht nur architektonisch neue Maßstäbe. Wir sprachen mit dem international renommierten Architekten über sein Konzept.

Eine Kathedrale für den Körper

"Wie ein Tier in seiner Höhle" - Interview mit Mario Botta

SZ:Herr Botta, bisher waren Sie vor allem für Ihre Kirchen und öffentlichen Gebäude bekannt. Nun arbeiten Sie an einer Wellness-Oase. Was hat Sie an dieser Aufgabe gereizt?

Mario Botta: Ich habe mich bisher vor allem damit beschäftigt, Räume für den menschlichen Geist zu kreieren. Vielleicht ist mein Alter daran nicht ganz unschuldig, dass ich mich jetzt zum ersten Mal mit Körper und Geist beschäftige. Es ist eine ganz neue, aufregende Erfahrung für mich. Ich habe zum ersten Mal in einen Berg hineingebaut und versucht, die Energie der Berge, der Bäume, der ganzen Landschaft in diese Wellness- Oase einzubinden.

SZ: Bauen ohne zu überbauen heißt die Grundidee für Ihre Bergoase. Was steckt dahinter?

Mario Botta: Arosa ist ein ganz spezieller Ort, fast schon archaisch mit seiner imposanten Bergkulisse. Ich wollte die natürliche Kraft und Schönheit dieser Landschaft nicht stören, schon gar nicht zerstören, und trotzdem hier einen großzügigen Ort der Entspannung und Erholung schaffen. Die funktionalen Räume verschwinden im Berg. Von außen sichtbar sind nur über ein Dutzend, bis zu 13 Meter hohe Oberlichter, die wie ein Wald künstlicher Tannen aussehen und das Licht in den weitgehend unterirdischen Wellnessbereich transportieren. Diese geometrisch-vegetalen Körper wecken die Neugier der Besucher und leuchten während der Nacht als Zeichen eines kollektiven Erholungsraums in das Dorf hinaus. In diese Oase der Ruhe soll der Mensch mit dem gleichen wohligen Gefühl eintreten wie ein Tier in seine Höhle. Sie erleben hier die Welt von unten, dort, wo die Wurzeln der Bäume liegen. Und das Licht, das durch die Oberlichter fällt, holt die Außenwelt in den Berg. Die Erde mit dem Himmel verbinden - diese spirituelle Erfahrung ist für viele Menschen etwas ganz Besonderes.

SZ: Der Einklang mit der Natur ist für Sie sehr wichtig?

Mario Botta: Der Konflikt zwischen Mensch und Naturgewalten ist uralt. Mit unserem blinden Technikglauben haben wir ihn in den vergangenen Jahrzehnten nur nicht mehr wahrhaben wollen. Wir Architekten können die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen, die modernen Lebensumstände nicht ändern. Aber wir können durch unsere Art zu bauen, Raum und Natur zu begreifen, neue Antworten geben. Außergewöhnliche Räume vermitteln neue emotionale Erlebnisse: Spannung und Entspannung, Ober- und Unterwelt, Tageslicht und künstliche Beleuchtung. Hier in dieser Bergoase soll der Gast nicht nur einen optimalen Service für seinen Körper bekommen, sondern auch Geborgenheit und die Sehnsucht nach Unendlichkeit und Leben spüren."

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