Warten auf Weihnachten:Runterzählen von 24

DIY Adventskalender von SNUG.STUDIO

Statt Türchen und Tütchen: die schicke, selbstgemachte Variante - eine Adventskalender- Waldlandschaft aus Tonpapier.

(Foto: SNUG.STUDIO/Nils Günther)

Adventskalender sind nicht nur deshalb eine super Erfindung, weil man gleich nach dem Aufstehen eine Überraschung bekommt und vor dem Frühstück Süßes essen kann. Sie haben auch noch einen Sinn.

Von Silke Stuck

Gegenüber steht ein hohes Haus mit vielen Fenstern. Es ist, bei Licht betrachtet, überhaupt nicht schön. Aber im Winter, wenn es früher dunkel wird, ist es wie ein Adventskalender. Dann gehen Lichter an und aus an den verschiedensten Stellen - so wie Türchen, die sich an 24 Dezembertagen in einem Adventskalender nacheinander öffnen. Und die so viel hinter sich verbergen.

Nicht nur Schokolade oder den vierten Glitzerradiergummi, den Anspitzer oder die Knisterbadeperlen, sondern immer auch ein wenig Vorfreude. Zu der gehört natürlich noch mehr: Kerzen stehen auf dem Tisch, und es riecht nach Vanille in der Wohnung, weil gestern wieder Plätzchen gebacken wurden. Mindestens eine Kiste wird aus dem Keller oder vom Speicher geholt, in der lauter Sachen liegen, die man gut kennt, aber übers Jahr dann doch vergessen hatte. Dinge von irgendwoher, die alle eine Geschichte haben: die Engel mit den dicken Kleberändern, denen andauernd Arme und Flügel abbrechen, weil man sie ja immer anschauen muss und sie dann - sorry, echt aus Versehen! - so oft runtergefallen sind. Und der Wichtel vom letzten Weihnachtbasar. Sogar der Stern aus der Vorschule ist noch da. Den würde man heute hübscher basteln, aber die Erinnerungen hängen halt an dem einen.

Adventskalender gibt es bei Weitem noch nicht so lange, wie es Weihnachten gibt. Sie wurden erst vor rund 130 Jahren erfunden. Damals hängten sich die ersten Familien 24 Bilder an die Wand, um das Warten auf Weihnachten zu verkürzen. Manche malten auch 24 Kreidestriche an die Tür, die die Kinder dann einen nach dem anderen wieder wegwischen durften. Die ersten Kalender mit Schokolade oder Spielzeug gab es erst vor etwa 50 Jahren. Seitdem sind im Dezember sogar Süßigkeiten vor dem Frühstück erlaubt. Endlich ein Grund, gern im Dunkeln aufzustehen! Und in manchen Familien haben mittlerweile sogar die Eltern Adventskalender, weil es jetzt auch Bier-Adventskalender, welche mit Schminke oder Werkzeug gibt.

Gestritten wird im Dezember natürlich trotzdem. Oder erst recht. Denn Adventskalender und viel Schokolade bringen immer auch Unruhe zwischen Geschwister. Es muss geteilt werden oder getauscht, und manche fangen sogar an zu betrügen. Sie fühlen schon mal vor, was wohl im nächsten Säckchen steckt, schauen rein, popeln Nummern ab oder essen von hinten schon mal ein paar Türchen leer.

Wie schnell 24 Tage vorbeigehen, erkennt man daran, dass immer weniger Säckchen hängen und die Eltern öfter über herumliegende Süßigkeitenverpackungen meckern oder auf Anspitzer oder Knisterbadeperlen treten. Das Genialste allerdings an der Erfindung des Adventskalenders ist, dass man eigentlich gar nicht traurig sein muss, wenn er vorbei ist. Denn dann, immerhin, ist Weihnachten.

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