Venezolanische Vornamen:Ein Baby namens Hitler

In Venezuela florieren Vornamen wie Superman, Nixon und Hitler - damit soll nun Schluss sein.

Peter Burghardt

Als Superman seine Stimme abgab, wurde Venezuelas Opposition misstrauisch. Die Gegner von Präsident Hugo Chavez fühlten sich veralbert, dabei war der seltsame Wähler offenbar ein ganz normaler Mensch. "Es gibt einen Bürger, der Superman heißt, und er ist Venezolaner", berichtete die Vorsitzende der Wahlbehörde, nachdem Chavez im Dezember 2006 im Amt bestätigt worden war.

Ungewöhnliche Vornamen

Hitler, Kennedy, Superman - manche Kinder werden sich später bei ihren Eltern bedanken für die Wahl ihres Vornamens.

(Foto: Foto: iStockphotos)

Angeblich sind unter den 28 Millionen Einwohnern des südamerikanischen Landes sogar zwei Superman gemeldet, Superman Gonzalez und Superman Fernandez. Im Zensus finden sich nach Erkenntnissen der New York Times außerdem 60 Hitler, darunter ein Hitler Adonys Rodriguez Crespo, acht Hochiminhs, zum Beispiel Hochiminh Jesus Delgado Sierra, und sechs Eisenhowers wie Dwight Eisenhower Rojas Barboza. Dazu ein Nixon, Maolenin, Kennedy, John Wayne. Aber damit soll jetzt Schluss sein.

Die venezolanische Regierung will solche Einfälle aus dem Reich von Weltgeschichte oder Hollywood künftig verbieten. Untersagt seien Vornamen, "die lächerlich machen, extravagant oder in der Landessprache schwer auszusprechen sind", heißt es in einem Gesetzentwurf unter Artikel 106. Das Veto betrifft auch jene Variationen, die Zweifel über das Geschlecht erlaubten wie die Kombination Leomar, Leonardo y Maria. Die Behörden wollen eine Liste mit 100 Möglichkeiten zusammen stellen, daraus sollen Eltern nach der Geburt ihrer Kinder auswählen.

Allerdings halten das manche Mandatsträger für eine arge Einschränkung. "Wieso nicht 120 Namen?", fragt der Abgeordnete Jhonny Owee Milano Rodriguez aus der Region Cojodes. "Ich möchte wissen, wo sie die 100 Namen herhaben. Für mich ist das Gesetz willkürlich. Mein Name ist auch ungewöhnlich." Im Parlament sitzen außerdem ein Earle Jose Herrera Silva und eine Iroshima Jennifer Bravo Quevedo.

Die Ordnungsmaßnahme der Funktionäre kollidiert mit der lateinamerikanischen und vor allem karibischen Phantasie und Begeisterung. In Venezuela entstanden des weiteren Schöpfungen wie Olmelibey, Kerbert Krishnamerk oder Hengelberth. Es gibt auch einen Apolo tres, offenbar eine Hommage an die Raumfähre Apollo 3, und einen Temutchin del Espiritu Santo Rojas Fernandez.

In den übrigen Ländern der Region hatten Papa und Mama ebenfalls die kuriosesten Ideen, eine andalusische Sprachforscherin war vor einigen Jahren besonders angetan von der Vielfalt der Dominikanischen Republik. Nach dem Zweiten Weltkrieg entstanden dort je nach politischer Richtung Kombinationen wie Mussolini Lopez, Winston Ramirez, Roosevelt Camilo, Garibaldi Garcia oder Stalin Perez. Spielfilme und Sportsendungen aus den USA inspirierten zu Gary Cooper Gonzalez, Disneya, Scarlet Infante oder Michael Jordan Ramirez. Die Linguistin entdeckte auch eine Expreso Valdes, ein Etcetera Vazquez und eine Albania Urss Diaz. Kolumbien überrascht seit Lady Di mit Leidys. Ecuadors Vizepräsident heißt Lenin Moreno.

Ganz zu schwiegen von den Hinterlassenschaften der katholischen Kirche wie Inmaculada Concepcion (Unbefleckte Empfängnis). Man könne keine Liste mit nur 100 Namen präsentieren, wenn es allein für jeden der 365 Tage einen Heiligen gebe, gibt ein Kritiker zu bedenken. Und hat nicht auch Venezuelas Staatschef Chavez immer neue Einfälle? Die Nation ließ er umtaufen zur Bolivarischen Republik Venezuela, und die Avenida de Paez nennt sich zu Ehren des Verbündeten Iran inzwischen Avenida de Teheran.

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