USA:Eine Brautjungfer zum Mieten

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Jen Glantz, die "Bridesmaid for Hire", bei der Arbeit (Foto: Courtesy of Jen Glantz)

Für Bräute, die bei der Hochzeitsplanung nichts dem Zufall - und um Himmels willen schon gar nichts den Freundinnen - überlassen wollen, gibt es in New York jetzt die perfekte Begleitung.

Von Johanna Bruckner, New York

Auf dem Hochzeitsfoto lacht Jen Glantz mindestens so überzeugend wie die Braut. Friseurlocken zurückgeworfen, himbeergefärbter Mund, blitzende Zahnreihen. Neben diesem Showlachen im Bild: die Braut und ihre Freundinnen, die echten Brautjungfern. Die 29-jährige New Yorkerin Jen Glantz ist dazugekauft: Sie ist Bridesmaid for Hire, eine Brautjungfer zum Mieten. Für alle Bräute, die bei der Hochzeitsplanung nichts dem Zufall - und um Himmels willen schon gar nichts den Freundinnen - überlassen wollen.

Geschäftsfrau Jen Glantz weiß ihre Vorteile gegenüber einer echten Brautjungfer aufzuzählen: Sie sei nicht emotional involviert und könne sich besser aufs Wesentliche konzentrieren. Zum Beispiel auf das perfekte Lachen für den Hochzeitsfotografen, das erspart der Braut nervenzehrende Wiederholungen.

Glantz' Karriere begann, man ahnt es, weil sie ihre Sache als Brautjungfer enger Freundinnen so gut machte, dass entfernte Bekannte begannen, sie für das Amt anzuwerben. Seit 2014 arbeitet sie hauptberuflich als Brautjungfer. Sie sei Assistentin, Therapeutin, Eventmanagerin und Friedensstifterin in einer Person, 24 Stunden am Tag, sagt Glantz, auf Wunsch begleitet sie ihre Bräute bis vor den Altar. Dafür kassiert sie zwischen 1200 und 2000 Dollar - pro Tag. Das mag obszön teuer klingen, ist aber ein kleiner Posten, wenn man bedenkt, dass Hochzeiten in Manhattan im Schnitt 88 000 Dollar kosten.

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Film- und Fernsehindustrie haben ordentlich dazu beigetragen, dass der Hochzeitstag heute vielen Zwängen unterliegt: Der Tag muss der schönste, alles muss perfekt sein, Einladung, Essen, Gäste, Location, Kleid, Band, Blumenkinder, Dankeskarten. Alles bitte möglichst fotogen und makellos. Der Wahnsinn fängt dabei schon vorher an, bei der Organisation des Junggesellenabschieds, einer der Hauptaufgaben moderner Brautjungfern. Heiraten wird aufwendiger - nicht nur für das Brautpaar, auch für die Entourage.

Früher war das ein Ehrenamt für die beste Freundin

Warum also nicht einen Profi ranlassen, findet Jen Glantz. Menschen, die man mieten kann, gibt es schließlich in vielen Bereichen. Butler, Putzkräfte, Nannys, Gärtner, Handwerker. Für 175 Dollar schreibt sie einen individualisierten, liebevollen Toast auf das Brautpaar. Verschwiegenheit inklusive: "Sie wollen nicht, dass die Braut weiß, dass Sie Hilfe brauchten? Kein Problem. Es bleibt unser kleines Geheimnis."

Etwa 100 Kundinnen hat sie nach eigener Aussage bereits betreut. Ihre erste Braut kam aus Minnesota und hatte ihre ursprüngliche Chef-Brautjungfer gefeuert, weil sie sich von ihr nicht angemessen unterstützt fühlte. Die Frage, ob sie das Konzept der gekauften Freundschaft nicht merkwürdig finde, beantwortet Glantz geschäftsmäßig: "Die Braut engagiert mich, damit ich vor der Hochzeit und am Tag der Hochzeit für sie da bin. Ich bin keine falsche Freundin."

Jen Glantz passt sich dem Lebensstil ihrer Auftraggeberinnen an und posiert auch mal in Sport-Leggins und Muskelshirt fürs Foto vom Junggesellinnenabschied. (Foto: Courtesy of Jen Glantz)

Dennoch verbringt sie drei bis elf Monate mit den Bräuten, da entwickle sich eine Beziehung. Am Ende aber bleibt es ein Geschäft. Glantz passt sich dem Lebensstil ihrer Auftraggeberinnen an wie ein Chamäleon. Mal posiert sie in Sport-Leggins und Muskelshirt fürs Foto vom Junggesellinnenabschied, mal steht sie in rockiger Klamotte auf der Bühne einer Kellerbar.

Eine Garantie für eine störungsfreie Hochzeit kann sie aber nicht geben: Gäste, die wegen Trunkenheit festgenommen wurden, und eine Braut, die in letzter Minute die Flucht ergriff, habe sie schon erlebt, sagt die unverheiratete Profi-Brautjungfer. Wunderbar. Denn die unprofessionellen Momente einer Hochzeit sind doch letztendlich die, an die sich später alle erinnern.

© SZ vom 08.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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