Umweltbelastung:Feinstaub schlägt aufs Herz

Man sieht, hört und riecht sie nicht - dennoch ist die Wirkung täglicher Umweltgifte auf den Körper gefährlich.

Ozon schädigt schon in geringen Mengen die Atemwege. Dies ist das Resultat einer großen US-Langzeitstudie, die die gesundheitlichen Auswirkungen des weitverbreiteten Schadstoffs untersuchte. Demnach ist das farblose Gas zwar in hohen Konzentrationen besonders schädlich, aber auch schon geringe Werte erhöhen die Sterblichkeit deutlich.

feinstaub abgase foto dpa

Radfahrer und Fußgänger sind dem verkehrsbedingten Feinstaub direkt ausgesetzt.

(Foto: Foto: dpa)

Während Ozon in der oberen Atmosphäre die Erde vor der UV-Strahlung der Sonne schützt, ist es in Bodennähe schädlich. Dort entsteht der Stoff, der auch zur Erderwärmung beiträgt, vor allem bei hoher Sonneneinstrahlung durch Reaktionen von Schadstoffen wie etwa Stickoxiden aus Straßenverkehr und Industrieabgasen. In einer Studie verfolgten Forscher unter Leitung von Michael Jerrett von der Universität von Kalifornien in Berkeley das Schicksal von fast 450.000 Menschen aus rund 100 US-Ballungsräumen.

Im Untersuchungszeitraum von 18 Jahren starben fast 120.000 Teilnehmer. Unter Berücksichtigung von individuellen Risikofaktoren wie etwa Alter, Beruf, Ausbildung, Ernährung oder Tabakkonsum filterten die Wissenschaftler heraus, wie stark die lokalen Ozon- und Feinstaub-Konzentrationen dem Menschen zusetzen.

Sonne und Vekehr - eine brisante Mischung

Wie die im New England Journal of Medicine veröffentlichte Studie zeigt, gefährdet Ozon vor allem die Bevölkerung jener Großräume mit stabilen Luftverhältnissen und sonnigem Klima. So hatten die Bewohner der südkalifornischen Metropolen Riverside und Los Angeles ein bis 30 Prozent höheres Risiko, an Atemwegserkrankungen zu sterben, als die Menschen aus wenig belasteten Regionen wie San Francisco, wo der regelmäßige Nebel während der Sommermonate die Ozonwerte in Grenzen hält.

Aber selbst dort erhöhten die relativ geringen Konzentrationen die Gefährdung der Menschen noch um 14 Prozent. "Dies ist das erste Mal, dass wir eine Verbindung zwischen dauerndem Kontakt zu Ozon, einem der verbreitetsten Giftstoffe in der Welt, und dem Sterberisiko aufgezeigt haben", sagt Jerrett. Demnach steigert jede Zunahme der Belastung um 10 Parts-per-Billion (ppb) das Risiko, an Atemwegsproblemen wie etwa Lungenentzündung oder chronisch obstruktiver Lungenerkrankung (COPD) zu sterben, um vier Prozent.

Feinstaub schlägt aufs Herz

Eine starke Feinstaubbelastung schlug dagegen - wie schon in früheren Studien beobachtet - vor allem auf das Herzkreislauf-System. "Unsere Studie liefert zum ersten Mal Hinweise darauf, dass die langfristigen Belastungen mit Ozon und Feinstaub unabhängig voneinander verschiedene Auswirkungen auf die Sterblichkeit haben, und dass sie scheinbar unterschiedliche Teile des Körpers beeinflussen", sagt Jerrett. "Die Ozonkontrolle kann nicht nur Erderwärmung abmildern, sondern sie könnte auch kurzfristig dazu führen, dass weniger Menschen an Atemwegserkrankungen sterben."

Dies bestätigt George Thurston von der Universität New York: "Um die öffentliche Gesundheit zu schützen, reicht es nicht, nur die Spitzenwerte zu senken", betont der an der Studie beteiligte Umweltmediziner. "Wir müssen auch die dauerhafte Belastung verringern."

Angesichts der sich immer deutlich anzeichnenden Ozon-Risiken hatte die US-Umweltbehörde EPA vor einem Jahr den Schwellenwert von 80 auf 75 ppb gesenkt, obwohl ein eigens gebildetes Expertengremium einen wesentlich schärferen Wert von 60 ppb empfohlen hatte.

Dies entspricht nach europäischer Lesart 120 Mikrogramm pro Kubikmeter. In der EU sollen die Behörden ab einem Wert von 180 Mikrogramm pro Kubikmeter die Bevölkerung unterrichten. (Quelle: New England Journal of Medicine, Vol. 360, S. 1085-1095)

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