Umstrittene Benetton-Kampagne:Küssen verboten

Aidskranke, Todeskandidaten, Kinder mit Down-Syndrom: Die Kampagnen des italienischen Modelabels Benetton erregen regelmäßig Aufmerksamkeit und erhitzen die Gemüter. Die jüngste Plakatreihe zeigt nun politische und religiöse Führungspersönlichkeiten beim Küssen - der Skandal ist programmiert.

12 Bilder

People walk past Benetton billboards of world leaders kissing each other on the mouth in Paris

Quelle: Reuters

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Aidskranke, Todeskandidaten, Kinder mit Down-Syndrom: Die Kampagnen des italienischen Modelabels Benetton erregen regelmäßig Aufmerksamkeit und erhitzen die Gemüter. Die jüngste Plakatreihe zeigt nun politische und religiöse Führungspersönlichkeiten beim Küssen - der Skandal ist programmiert.

Als Benedikt XVI. im vergangenen September seine alte Heimat Deutschland besuchte, traf er sich auch mit Vertretern des Islam und rief dazu auf, "beständig daran zu arbeiten, sich gegenseitig besser kennenzulernen und zu verstehen". Den päpstlichen Annäherungs-Appell hat ein italienisches Modelabel offenbar wörtlich genommen: Auf Werbeplakaten der Marke Benetton ist der Papst zu sehen, wie er den ägyptischen Imam Ahmed al-Tayyib küsst.

Der Vatikan reagierte umgehend auf die Fotomontage: Die Bilder seien "absolut unannehmbar" und würden das Bildnis des Heiligen Vaters für kommerzielle Zwecke ausnutzen, hieß es aus Rom. Vatikan-Sprecher Federico Lombardi sprach von einem "schweren Mangel an Respekt gegenüber dem Papst" und einem "Angriff auf die Gefühle der Gläubigen". Er kündigte an, der Heilige Stuhl werde weltweit gegen die Publizierung des Fotos vorgehen.

Mittlerweile hat Benetton das Bild des Anstoßes zurückgezogen. Auch sueddeutsche.de hat sich aus diesem Grund entschlossen, die betreffende Fotomontage nicht mehr zu zeigen. Indes dürften auch andere Bilder der Kampagne mit dem Titel "Unhate" ("Nicht-Hass") für Aufruhr sorgen ...

Benetton-Kampagne 2011

Quelle: Benetton

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Auf einem Plakat der Serie küssen sich die Staatsoberhäupter der verfeindeten Länder Nord- und Südkorea: Kim Jong Il (links) und Lee Myung Bak. Selbst in der Fotomontage scheint der Unwillen der beiden Politiker zu so viel Nähe durchzuscheinen.

Bei anderen Staatsmännern hat Kim Jong Il da weniger Berührungsängste:

JIANG KIM

Quelle: SZ

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Auf diesem Bild aus dem Jahr 2001 umarmt er seinen damaligen chinesischen Amtskollegen Jiang Zemin (links) bei dessen Ankunft in der nordkoreanischen Hauptstadt Pjöngjang herzlich. Der sozialistische Bruderkuss hat zwischen kommunistischen Staatsmännern eine lange Tradition. Das Lippenbekenntnis soll die gegenseitige Ehrerbietung ausdrücken: Besonders berühmt ist ...

Bruderkuss

Quelle: ddp

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... der Zärtlichkeitenaustausch zwischen Leonid Breschnew (langjähriger Generalsekretär der Kommunistischen Partei der Sowjetunion, links) und Erich Honecker (früherer Staatsratsvorsitzender der DDR). Der russische Maler Dmitrij Wrubel verewigte den Bruderkusss der beiden sogar in einem gleichnamigen Gemälde.

2009 duplizierte der Künstler sein Bild auf der Mauer der East Side Gallery in Berlin (im Bild.)

Benetton-Kampagne 2011

Quelle: Benetton

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Ein solch intimer Moment zwischen den Machthabern Chinas und der USA scheint angesichts der jüngsten Entwicklungen unwahrscheinlicher denn je: US-Präsident Barack Obama (rechts im Bild) kündigte an, die Militärpräsenz seines Landes in Ost- und Südostasien zu verstärken. "Die Vereinigten Staaten sind eine pazifische Macht, und wir sind hier, um zu bleiben", sagte er. Seinem chinesischen Amtskollegen Hu Jintao dürfte diese Absichtserklärung eher sauer aufstoßen.

Benetton-Kampagne 2011

Quelle: Benetton

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Auch dieses Bild dürfte für Zündstoff sorgen: Zärtlich beugt sich Israels Premier Benjamin Netanjahu (rechts) zu Palästinenser-Präsident Mahmud Abbas hinunter - mit gespitzten Lippen setzen die beiden Protagonisten des Nahost-Konflikts zum Kuss an.

Vize-Unternehmenschef Alessandro Benetton bezeichnete die Kampagne als "konstruktive Provokation", Ziel sei es, "das Ideal der Toleranz weithin sichtbar zu machen".

Benetton-Kampagne 2011

Quelle: Benetton

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Ein weiteres Lippenbekenntnis des US-Präsidenten: Auch mit Venezuelas Präsident Hugo Chávez tauscht Barack Obama in der Benetton-Kampagne Zärtlichkeiten aus. Chávez galt in der Vergangenheit als scharfer Kritiker Amerikas: 2009 bezeichnete der venezolanische Machthaber Obama als "poor ignoramus" - was im besten Fall mit "armer Ignorant" und im schlimmsten Fall mit "armer Dummkopf" übersetzt werden kann.

Benetton Kampagne 2011

Quelle: Benetton

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Die durchaus freundschaftlichen Bande dieser beiden sind hingegen auch außerhalb der Benetton-Kampagne wohldokumentiert: Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy kriegen sich in Fragen der großen Weltpolitik zwar bisweilen in die Haare - wie kürzlich, als es um den Euro-Rettungsschirm ging. Doch ...

Merkel und Sarkozy eröffnen zehnten deutsch-französischen Ministerrat

Quelle: dpa

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... ihre Begrüßungsküsschen zelebrieren Sarkozy und Merkel konsequent. (Bild aus dem Jahr 2008)

HIV Positive

Quelle: United Colors of Benetton

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Die jüngste Plakatreihe des italienischen Modelabels ist nicht die erste Kampagne, die Ärger auslöst: Der langjährige Hausfotograf Oliviero Toscani verursachte mit seinen Fotostrecken regelmäßig Skandale.

Mitte der achtziger Jahre bildete der Künstler sterbende Aidskranke ab. Auch mit diesem Motiv wollte er auf die Stigmatisierung von HIV-Infizierten aufmerksam machen.

Bosnian soldier

Quelle: United Colors of Benetton

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Die Schrecken der Jugoslawienkriege dokumentierte Toscani, indem er die blutverschmierte Kleidung eines getöteten Soldaten so arrangierte und abfotografierte, als könne dieser darin liegen. T-Shirt und Hose hatte der Vater des jungen Mannes dem Künstler überlassen.

Priest and Nun

Quelle: United Colors of Benetton

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Ganz neu ist die jüngste Provokations-PR nicht, und auch den Zorn der katholischen Kirche zieht Benetton nicht zum ersten Mal auf sich: Anfang der neunziger Jahre stellte Toscani mit diesem Bild das Keuschheitsgelübde in Frage. Im katholischen Italien wurde das Motiv verboten - mit der Rücknahme des Papst-Plakates kam das Unternehmen einem Verbot dieses Mal zuvor.

© sueddeutsche.de/AFP/jobr/vs
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