Umstrittene Aktion bei McDonald's:Kinderbuch zum Nachtisch

Zu jedem Happy Meal verschenkt McDonald's statt einer Plastikfigur jetzt ein Kinderbuch. Vier Millionen Exemplare sollen bis Ende September in Deutschland verteilt werden - um auch weniger bildungsaffine Leute mit Büchern zu versorgen.

Vanessa Steinmetz

Erwachsene, Teenager und Kinder sitzen vor Burgern, Pommes und Cola, die Kleinen spielen mit quietschbunten Plastikfiguren. Ein Bild, dass sich in McDonald's-Filialen bundesweit bietet. In Zukunft könnte man den ein oder anderen Heranwachsenden dort aber auch mit einem Buch in den Händen antreffen: Der US-Konzern verteilt von heute an in Deutschland zu jedem Happy Meal ein Kinderbuch statt eines Spielzeugs.

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Vier Millionen Kinderbücher will McDonald's bis Ende September zu seinem Happy Meal verschenken - und so das Image des Familienrestaurants stärken.

(Foto: ddp)

Vier Millionen Sonder-Exemplare etwa von den "Vampirschwestern", Ausgaben von "Was ist was" zu Bauernhof oder Wald oder "Der kleine Drache Kokosnuss" sollen bis Ende September über die Theken gehen. Die Titel stammen von den Verlagen Carlsen, cbj, Dorling Kindersley, Kosmos, Loewe und Tessloff. McDonald's finanziert die Aktion und kauft die Bücher; die Konditionen stehen allerdings unter Verschluss, schreibt der Buchreport.

Die Kunden können aus acht Büchern auswählen, die für verschiedene Altersgruppen zwischen drei und neun Jahren gedacht sind. So können jüngere Burger-Fans die Welt der Tiere mit einer 3-D-Brille entdecken, die älteren gehen mit den "Drei ???" auf Schatzsuche. Auf den Büchern ist keine ISBN-Nummer vermerkt, dafür ist aber ein Text des deutschen Partners der Aktion, der Stiftung Lesen, darauf abgedruckt.

Man müsse auch "ungewöhnliche Wege" gehen, um die Leselust bei den Kindern zu fördern, heißt es in einer Mitteilung der Stiftung. Schließlich gelten knapp 7,5 Millionen Menschen in Deutschland als funktionale Analphabeten, sie sind also nicht fähig, einfache Texte zu verstehen. Fast 19 Prozent aller 15-Jähriger verfügten zudem über unzureichende Schreib- und Lesekompetenzen, heißt es in der Mitteilung weiter.

"Unangemessene Marketing-Strategie"

In anderen Ländern wie Schweden gibt es die Buch-Aktion schon viele Jahre. Auch in Großbritannien wurden im Januar und im Februar Kinderbücher zum Burger ausgeteilt - nicht ohne ein negatives Echo. "In einer Zeit, in der wir eine Adipositas-Epidemie bei Kindern haben, ist dies eine unangemessene Marketing-Strategie", sagte Charlie Powell, Direktor einer Kampagne für gesunde Kinderernährung in Großbritannien, damals der Daily Mail.

Leselust fördern

Dem setzt die deutsche Stiftung entgegen: "Das ist so die Standard-Kritik. Für uns steht die Verantwortung von McDonald's für gesunde Ernährung nicht im Fokus des Projekts", sagt Sprecherin Bettina Müller zu Süddeutsche.de. Vorher sei das Plastikspielzeug kritisiert worden, nun eben das Buch. Dabei sei die Aktion eine "Riesenchance" für die Leseförderung. "Jede Form, frühzeitig mit Büchern in Berührung zu kommen, ist sinnvoll."

Über den Burger-Giganten könne man außerdem eine große und sehr "heterogene Bevölkerungsgruppe" erreichen, sagt Müller. "So können wir auch weniger bildungsaffine Leute mit Büchern in Berührung bringen, das ist sonst besonders schwer." Die Stiftung habe auch schon viele Zuschriften von Bibliotheken und Leseclubs bekommen, die sich für die Aktion aussprechen. McDonald's selbst verfolgt nach Angaben der Presseabteilung keinen erzieherischen Anspruch und will den Kindern "einfach nur ein besonders schönes Geschenk machen".

Wegen Büchern ins Schnellrestaurant?

Komplett uneigennützige Ziele vertritt der Konzern freilich nicht. Seit Jahren bemüht sich McDonald's um ein "grüneres" Image, angefangen beim Wechsel der Logo-Farbe - das goldene "M" steht jetzt vor einem grünen und nicht mehr roten Hintergrund - bis zu Projekten zur Nachhaltigkeit. Künftig will sich das Unternehmen stärker als Familienrestaurant präsentieren, wie Marketingvorstand Matthias Becker in einem Interview mit der Fachzeitschrift Werben & Verkaufen sagte. Deshalb werde sowohl das Happy Meal ausgebaut, als auch neue Spielecken eingerichtet.

Dass die Kinder nun scharenweise ihre Eltern in eine McDonald's-Filiale zerren und Burger verspeisen, weil sie dort ein Buch statt einer Plastikfigur bekommen, ist eher abwegig. "Aber eine erste Hürde ist genommen", sagt Müller von der Stiftung Lesen. Und mit einem Bio-Supermarkt hätte man aber auch zusammengearbeitet.

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