Übergewichtige in Mexiko:Zunehmendes Problem

Tacos, Tortas und Tortillas - die mexikanische Küche ist ohnehin keine leichte. Seit noch Fastfood dazukommt, sind viele Mexikaner zum XXL-Format angewachsen. Die Regierung ruft nun zur Diät auf - die Dicken sind ihr schlicht zu teuer.

Peter Burghardt

Einen Weltrekord hat Mexiko in dieser ungesunden Disziplin schon längst aufgestellt, Manuel Uribe schaffte es 2007 ins Guinness-Buch. Damals wog der Koloss aus der Stadt Monterrey 560 Kilo, so viel wie kein anderer Erdenbürger. Er wurde zu einer internationalen Attraktion mit Homepage und Fernsehshows.

Manuel Uribe

Manuel Uribe war einmal der "dickste Mann der Welt". Diesen Titel ist der Mexikaner inzwischen los - seitdem er eine viertel Tonne Gewicht verloren hat, nennt er sich selbst "weltbester Abnehmer".

(Foto: AP)

Dann nahmen sich die Ärzte und Ernährungsberater des Patienten an, binnen zwei Jahren verlor Uribe mehr als 200 Kilo und heiratete seine Freundin. Sein Spezialbett konnte er zwar auch zur Eheschließung nicht verlassen, es wurde mit einem Kran auf einen Transporter gehievt. Doch unterdessen hatte ihn sogar sein Freund José Luis Garza, der 450 Kilo auf die Waage brachte, entthront. Garza starb 2008.

Garza und Uribe waren oder sind medizinische Spezialfälle. Übergewicht ist in Mexiko allerdings zur Regel geworden. Vor einiger Zeit gab auch Staatschef Felipe Calderón zu, dass sieben von zehn Landsleuten zu dick sind und 30 Prozent fett. Das hatte eine Studie der OECD ergeben. Seit 1980 haben sich Mexikos XXL-Raten verdreifacht, das 110-Millionen-Volk erreicht bei Übergrößen den Marktführer USA.

Einige der Ursachen für die erweiterten Körperumfänge wurden aus dem Norden importiert: Viele Mexikaner orientieren sich am Lebensstil des Nachbarn. McDonald's und Coca-Cola haben in Mexiko großen Erfolg - der vormalige Cola-Manager Vicente Fox, ein schlanker Mann, brachte es sogar zum Präsidenten der Nation.

Dazu kommen wenig Bewegung sowie die einheimischen Kalorienbomben Tacos, Tortas und Tortillas. Im Oktober 2010 wurde am Rande von Mexiko-Stadt eine 70 Meter lange Enchilada verspeist, auch das brachte einen Eintrag bei Guiness ein. Jetzt ruft die Regierung zur Diät auf."Ernährungstechnischer Analphabetismus"

Fettleibigkeit als Herausforderung

Fettleibigkeit gehöre zu den größten Herausforderungen der Republik, warnte Calderón. 4,5 Millionen mexikanische Kinder und Jugendliche leiden unter Korpulenz, Bluthochdruck und Diabetes. Im von Kämpfen gegen Drogenbanden gebeutelten Bundesstaat Tamaulipas werden solche Krankheiten zur Epidemie, in abgelegenen und armen Regionen wie Chiapas dagegen sind viele Bewohner unterernährt.

Die Folgen der Fress-Sucht kosteten Mexiko jährlich mindestens 3,5 Milliarden Dollar, klagte Calderón und fordert zur Umkehr auf. An staatlichen Grundschulen stehen zuckrige und fettige Snacks mittlerweile auf dem Index, stattdessen soll mehr Obst, Gemüse und Wasser angeboten und mehr Sport getrieben werden. Héctor Gallardo vom Gesundheitsinstitut des Milliardärs Carlos Slim regte in der Zeitung El Universal an, man müsse "den ernährungstechnischen Analphabetismus" bezwingen.

Die penetrante Werbung für Fastfood in Fernsehen und Radio möchte die Zentrale ebenfalls einschränken. Sie hat sich da mit einer mächtigen Industrie eingelassen. Die Kioskverkäufer an den Schulen ärgern sich über Milliardenverluste, seit einige Zuckerbrausen, Chips und Süßigkeiten nicht mehr angeboten werden dürfen. Anfang Mai indes hatten 55.000 der 220.000 Schulen gegen die Vorgaben verstoßen.

Dennoch denken manche Händler ernsthaft über verträglichere Alternativen nach. Und der schwerste Mexikaner gilt inzwischen auch als Vorbild. Manuel Uribe wurde dank Medikamenten, Salaten, Fisch, Omlettes, Hühnerfleisch und anderen vergleichsweise mageren Speisen fast um eine viertel Tonne leichter. Er nennt sich nun auch "weltbester Abnehmer".

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