Topdesigner über Mode:"Manche Menschen sind halt mager"

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David Dalmau zeigt seit zwölf Jahren seine Mode auf der New York Fashion Week. Von politischen Mottos und Mindestgewicht bei Models hält er wenig.

Mirja Kuckuk

sueddeutsche.de: Die New York Fashion Week stand dieses Mal unter dem Motto "Election". Vogue-Chefin Anna Wintour zum Beispiel machte Shows für Barack Obama. Kann man Mode politisieren?

Zur Anprobe für die Show von Custo Barcelona in New York: "Hauptsache, die Farben stimmen." (Foto: Foto: mmk)

David Dalmau: Ich mag Politik überhaupt nicht, weil ich Politikern per se nicht traue. Solche Shows für Barack Obama machen deshalb für mich keinen Sinn. Politik geht in die eine Richtung, Mode sollte in die entgegengesetzte gehen. Für mich ist das politische Geschäft etwas Dunkles, Undurchschaubares, Mode dagegen sollte hell und erfrischend sein. Sie soll Licht in unser Leben bringen.

sueddeutsche.de: Was ist also Mode für Sie? Sie sagen, Sie wurden von der kalifornischen Surfermode inspiriert.

Dalmau: Mode sollte den Geist im positiven Sinne inspirieren. Deshalb verwende ich nur helle, bunte, kräftige Farben. Ich kombiniere Materialien und schmücke sie mit graphischen Elementen. Schwarz und Grau kommen zwar vor, aber immer in Kombination mit ausdrucksstarken Farben. Letztes Jahr hatten wir zum Beispiel neutrale, pastellhafte Töne und dazu viel Grau. Dieses Jahr setzen wir einen Kontrapunkt mit sehr strahlenden Farben, gemischt mit Weiß und Neon.

sueddeutsche.de: 1997 hat die New York Fashion Week Sie entdeckt und zum ersten Mal eingeladen. Seitdem sind Sie jedes Jahr vertreten - und bekannt als "bunter Hund" in der eher puristischen New Yorker Modeszene. Was bedeutet diese Modewoche für Sie?

Dalmau: New York ist ein wichtiger Marktplatz für uns, denn die Show ist eine der größten und reichsten. Das hilft uns langfristig, auch auf anderen Märkten Fuß zu fassen. Andererseits ist New York nicht unbedingt die beste oder naheliegendste Plattform für unser Projekt: Die New Yorker bleiben bewusst "farblos" und schlicht, unser Label aber lebt von Farben. Deshalb fühlen wir uns hier auch manchmal wie ein Fisch auf dem Land.

sueddeutsche.de: Schauen Sie sich denn die anderen Designer an?

Dalmau: Während der Vorbereitung zur Show habe ich absolut keine Zeit mich umzuschauen. Ich arbeite oft bis drei Uhr morgens und stehe früh wieder auf. Wenn ich Zeit hätte, würde ich viel lieber in die Disco zum Tanzen gehen.

sueddeutsche.de: Wenn nicht New York Ihre modische Heimat ist, wo liegt sie dann?

Dalmau: Ich denke, in Europa sind die Menschen offener für Farben. Ich mag Mailand.

sueddeutsche.de: Was halten Sie von der deutschen Mode? Ist Berlin als neue Modehauptstadt im Gespräch?

Dalmau: Ich denke, Berlin ist im Kommen, zumindest für Deutschland ist es die neue Kapitale für Mode. Von einer neuen Modehauptstadt würde ich aber noch nicht sprechen. Alles braucht seine Zeit. Gegen die etablierten Metropolen Mailand und Paris kann man nicht so leicht ankommen. Aus diesen Städten kommen echte Modeschwergewichte. Um mit dem Status dieser Modekultur zu konkurrieren, bedarf es wohl noch viel Zeit und Energie.

sueddeutsche.de: Sie sagen, Politik und Mode haben nichts miteinander zu tun. Doch auch in Ihrer Szene gibt es ein Politikum: der Kampf gegen Magermodels. Was halten Sie von einem Mindestgewicht für Models?

Dalmau: Alle Extreme sind natürlich schlecht. Aber wenn jemand 50 Kilogramm wiegt und Model sein will, dann ist es nicht fair, dieser Person ihren Wunsch abzuschlagen. Jeder sollte modeln dürfen, wenn er das Zeug dazu hat. Talente darf man nicht bestrafen, nur weil der Körper dünn ist. Es gibt nun einmal magere Menschen. Meine Frau zum Beispiel ist ziemlich "skinny". Sie wiegt 49 Kilo und ist dabei völlig gesund und isst ziemlich viel. Das ist einfach ihre Natur.

sueddeutsche.de: Noch gilt in den USA nicht, was in Europa praktiziert werden soll: Dort sollen keine Mädchen mehr auf den Laufsteg geschickt werden, die bei einer Größe von 1,75 m weniger als 56 Kilogramm wiegen. Arbeiten Sie dort mit kräftigeren Jungs und Mädchen, oder wie treffen Sie Ihre Wahl?

Dalmau: Nein, wir richten uns nicht nach dem Gewicht der Models. Wir machen Shows seit 20 Jahren und haben uns noch nie gegen ein Mädchen entschieden, weil es zu dünn sein könnte. Es geht doch darum, wie die Models unsere Kollektion präsentieren. Es geht um Farben und nicht jeder sieht gut darin aus. Bei unserer Show laufen 35 Models und nicht alle sind super dünn. Aber jedem von ihnen stehen meine Farben sehr gut.

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