Thema der Woche:Was für ein Zirkus

Thema der Woche: Was ist wichtig? Dass es dem Tier gut geht oder dass es uns Kunststücke vorführt? Oder geht sogar beides? Illustration: Tiago Guerreiro

Was ist wichtig? Dass es dem Tier gut geht oder dass es uns Kunststücke vorführt? Oder geht sogar beides? Illustration: Tiago Guerreiro

Tierschützer sagen, dass Wildtiere wie Elefanten, Bären und Tiger nicht in einen Zirkus gehören. In über 20 Ländern Europas dürfen sie nicht mehr in der Manege auftreten. Warum ist das so?

Von Silke stuck

Wir Menschen haben ein komisches Verhältnis zu Tieren: Eigentlich lieben wir sie. Manche wie Tiger machen uns Angst, manche wie Hasen finden wir süß, manche, zum Beispiel Schlangen, eher eklig. Am Wochenende gehen wir in den Zoo oder jetzt, in der Weihnachtszeit, auch gern in den Zirkus. Da gibt es Hunde, die tanzen, Elefanten, die auf erstaunlich kleinen Hockern Platz nehmen, und Tiger, die durch Feuerreifen springen. Alles ist aufregend und manchmal lustig. Aber Tierschützer finden, dass das gegen die Würde eines Tieres und gegen seine Natur sei. Vor allem Wildtiere, also Tiere, die normalerweise in der Wildnis leben würde, sollen nicht in Zoos oder Zirkussen leben. Im Käfig hocken, Kunststücke trainieren und auf den Einsatz im Scheinwerferlicht warten, das sei bei Wildtieren ganz besonders gegen ihre Natur.

Anfang November haben Irland und Italien Wildtiere im Zirkus verboten. So ist es schon in insgesamt mehr als 20 europäischen Ländern. Deutschland ist nicht dabei. Die Zirkusse und auch die Tierdompteure fürchten um ihre Existenz. Ohne Tiernummern sei das kein richtiger Zirkus mehr, sagen sie. "Unsere Tiere sind von klein auf an das Leben in einem Zirkus gewöhnt", heißt es etwa aus dem Circus Krone in München. "Wir verstehen uns selbst als Tierschützer." Die Tiere würden nicht zu Kunststücken gezwungen; wenn sie keine Lust zum Auftreten hätten, dürften sie auch mal im Gehege bleiben.

Käfig, Kunststück, Scheinwerfer - wollen Wildtiere das wirklich?

An manchen Orten lässt man Wildtiere auch in Deutschland trotzdem nicht mehr auftreten: etwa 70 Städte und Gemeinden verbieten zurzeit, dass Zirkusse mit Elefanten oder Bären im Schlepptau sich auf ihren Festwiesen oder Plätzen niederlassen. Und der Circus Roncalli hat selbst entschieden, ab Anfang kommenden Jahres auf Wildtiere zu verzichten.

Die Tierschützer sagen, vielen Tieren sehe man die Folgen einer nicht artgerechten Haltung an: Großkatzen laufen in ihren Käfigwagen unruhig von links nach rechts. Elefanten schwenken unablässig den Kopf hin und her. Ob sie im Zirkus auftreten wollen, hat sie keiner gefragt. "Dass Wildtiere uns faszinieren, ist klar", sagt Johannes Brückner vom Deutschen Tierschutzbund. "Aber ein Elefant im Zirkus zeigt nicht, was ihn wirklich ausmacht. Dass Tiere zur Belustigung des Publikums leiden müssen, ist nicht mehr zeitgemäß." In einem Zirkus ohne Wildtiere haben Seiltänzer und Clowns mehr zu tun. Mit denen kann man dann darüber reden, ob sie auf die nächste Nummer unter dem Zirkuszelt wirklich Lust haben."

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: