Sylvie van der Vaart stellt Beauty-Produkt vor:Im Loft des Lächelns

Spielerfrauen sind jung, hübsch, oft blond und manchmal unbedarft. Während sich der Lebensgefährte dem runden Leder widmet, geht das Kicker-Weibchen seiner ganz eigenen Leidenschaft nach: dem Shopping. So weit das Stereotyp. Sylvie van der Vaart erfüllt nahezu alle Klischees. Und setzt das gezielt zur Selbstvermarktung ein. Ein Treffen.

Johanna Bruckner

Sie reißt ihre blaugrünen Augen weit auf, formt die zartrosa geschminkten Lippen zu einem staunenden "Oh". Ihre rechte Hand legt sie an die Wange, die türkisfarbenen Nägel zeichnen sich perfekt gegen die gebräunte und gepuderte Haut ab. Den linken Arm stützt sie in die puppenhaft schmale Taille. Während Kommandos der Fotografen und Blitzlichtgewitter auf Sylvie van der Vaart niedergehen, wechselt sie routiniert im Zehn-Sekunden-Takt die Pose. Lächelt über die Schulter verführerisch in die etwa zwei Dutzend Profi- und mehrere Handy-Kameras. Pustet über die Hand Küsse in die hektisch klickenden Objektive.

Sylvie van der Vaart praesentiert 'Sylvie Nails'

Sylvie van der Vaart in München: Posen in Perfektion.

(Foto: dapd)

Was Heidi Klum ihren "Mädchen" nach unzähligen Fotoshootings noch in der Final-Show mühsam einzutrichtern versuchte, führt die 34-jährige Niederländerin an diesem Abend in Perfektion vor: Selbständig präsentiert sie Motiv um Motiv.

Van der Vaart ist nach München gekommen, um Werbung zu machen für ein Beauty-Produkt unter ihrem Namen: "Sylvie Nails", aufklebbare Fingernägel. Während über den schmucklosen Flachbau in einem Industriegebiet ein Wolkenbruch niedergeht, spult die Ehefrau von Fußball-Profi Rafael van der Vaart ein scheinbar unerschöpfliches Repertoire an Mimiken und Gestiken ab. Herauskommen werden die immer gleichen Bilder, wie sie schon in Dutzenden Frauen-, Männer- und sonstigen Magazinen abgedruckt wurden: von einer strahlenden Sylvie van der Vaart, die scheinbar so perfekt zum Klischee der Spielerfrau passt. Jung, hübsch, blond, unbedarft, shoppingverrückt.

Emanzipation vom Anhängsel-Image

"Ich habe gar keine Zeit zum Shoppen, leider", sagt van der Vaart angesprochen auf dieses Stereotyp über Spielerfrauen. "Als ich gestern in München ankam, waren die Läden bereits zu, und heute habe ich nur gearbeitet." Solche Sätze wirken glaubhaft, wenn man sieht, wie liebevoll-wehmütig sie dabei über ihr ultrakurzes Designerkleidchen streicht. Aus solchen Sätzen spricht aber auch das Bestreben, sich vom Anhängsel-Image zu emanzipieren. "Ich finde es schade, dass in Jahren, in denen ein großes Fußballturnier stattfindet, automatisch wieder alle Klischees über Sylvie van der Vaart herausgeholt werden."

Tatsächlich war die in Breda geborene Niederländerin in ihrer Heimat bereits unter ihrem Mädchennamen Meis bekannt, unter anderem als Moderatorin beim Sender MTV. 2003 soll der fünf Jahre jüngere Rafael van der Vaart, damals vielversprechender Jungprofi bei Ajax Amsterdam, beim Fernsehgucken auf die Blondine aufmerksam geworden sein und sie um eine Verabredung gebeten haben. Sylvie, so besagt es die Beziehungslegende des Promi-Paares, habe ihren Verehrer erst einmal gegoogelt. 2005 heirateten die beiden, live übertragen im niederländischen TV. Ein Jahr später wurde Sohn Damián geboren. 2005 wechselte ihr Mann zum Hamburger SV, Sylvie begleitete ihn.

Zunächst vor allem als Spielerfrau wahrgenommen, ist sie durch ihre Engagements im Privatfernsehen (Das Supertalent, Let's Dance) und diverse Modekampagnen mittlerweile auch hierzulande mindestens so prominent wie ihr Kicker-Gatte. Und beliebter sowieso. Als Rafael 2008 von der Alster nach Madrid an den Manzanares wechselte, trauerten die Hamburger Fans nicht so sehr um den Spieler als vielmehr um seine Frau. "Rafael geh', aber lass Sylvie hier", forderten sie auf Plakaten im Stadion.

Woher rührt die Sympathie für die blonde Niederländerin, von Ballsportaffinen und TV-Publikum gleichermaßen? "Sie sieht besser aus als Rudi Carrell. Sie ist schlanker als Harry Wijnvoord. Und sie gibt sich (...) umgänglicher als Dieter Bohlen", versuchte der Focus den großen Erfolg der 1,58-Meter-Frau zu erklären. Sie selbst sagt über sich: "Ich glaube, ich kann Leute fröhlich machen."

Ihre Fröhlichkeit mag tatsächlich Teil ihrer Persönlichkeit sein. Doch sie ist inzwischen ebenso Teil der Marke Sylvie van der Vaart wie der niederländische Akzent, die offenherzigen Outfits und das gewinnende Lachen.

"Wer will ein weinendes Jury-Mitglied sehen? Keiner"

Als die Niederländerin 2009 an Brustkrebs erkrankte, entschied sie sich, die Diagnose öffentlich zu machen, auf ihre Art. Der Fratze der Krankheit stülpte sie ihr Strahlefrau-Image über, saß mit Langhaarperücke in Talkshows und sprach über ihre Chemotherapie. Diese Offenheit im Umgang mit einem immer noch tabubehafteten Thema ist anerkennenswert, auch wenn nur wenige betroffene Frauen sich in ihr wiedererkannt haben dürften.

Nein, negatives Feedback auf ihre Darstellung der Krankheit habe sie nicht bekommen, sagt die 34-Jährige: "Ich habe immer gesagt, dass es schwierig war. Aber das bedeutet nicht, dass man nicht arbeiten kann. Meine Arbeit ist Showbiz: Und wer will beim Supertalent ein weinendes Jury-Mitglied sehen? Keiner."

Ihr professionelles Lachen verliert auch nicht an Strahlkraft, wenn im Münchner Skyloftstudio der verantwortliche Marketing-Direktor schlechte Witze reißt ("Ein Wort zum Notfallplan: Kinder und die Kollegen von der Bild-Zeitung werden zuerst gerettet."). Oder die anwesenden Journalisten sich weniger für das präsentierte Beauty-Produkt als vielmehr für das anstehende Spiel Deutschland-Niederlande interessieren.

"Auf einem Daumen trage ich Schwarz-Rot-Gold"

Welche Farben Sie zum Match auf den Nägeln tragen wird, fragt ein Reporter. Darüber habe sie sich lange Gedanken gemacht, sagt Sylvie: "Neun Nägel mache ich orange und auf einem Daumen trage ich Schwarz-Rot-Gold." Das deutsch-niederländische Pressepublikum - in der Mehrzahl Männer, was auch zu einer atypischen Schlangenbildung vor den Toiletten führt - goutiert diese ebenso charmante wie wohlkalkulierte Antwort mit Gelächter und Beifall.

Kurzfristig schien sich die Stimmung gegenüber der Niederländerin zu drehen. Verschiedene Klatschmedien berichteten, die TV-Zuschauer seien genervt von van der Vaarts emotionalen Ausbrüchen und holprigen Moderationen, ihre Popularität sinke. Einzelne Frauenzeitschriften titelten wochenlang damit. Langfristig und in der Masse konnten diese Berichte ihrer Beliebtheit jedoch so wenig anhaben wie jüngste Trennungsgerüchte dem Bild der heilen Van-der-Vaart-Familie. Anfeindungen, sie verkaufe Unterhaltung der geistlosen Art, wird es trotzdem immer wieder geben. Auch wenn diese bisweilen gerechtfertigt sein mögen: Nur die wenigsten kämen wohl auf die Idee, Fußballer Rafael van der Vaart diesen Vorwurf zu machen.

In München erklärt Sylvie den extra aus ihrer Heimat angereisten Journalisten dann noch in ihrer Muttersprache, sie werde für alle "voetbalvrouwen" der Oranjes Nagelsticker in der Nationalfarbe einpacken. Den endgültigen Abschied vom Spielerfrau-Image vollzieht man mit solchen Aussagen nicht. Aber das ist auch gar nicht das Ziel der 34-Jährigen. Sie setzt ihren Status gezielt ein, um ihre Model- und Moderatorenjobs zu vermarkten.

In die Ukraine fährt sie natürlich, um ihren Mann anzufeuern - und damit Sohn Damián "seinem Papa beim Spielen zugucken kann". Aber warum nicht den Trip gleichzeitig für Eigenwerbung nutzen?

Nachdem mehrere deutsche Spielerfrauen bei ihrer Ankunft am Flughafen in Lemberg fotografiert wurden - darunter Khedira-Freundin Lena Gercke in Schlabberpulli und Jeans-Hotpants -, soll der Deutsche Fußball-Bund auf Initiative der Spieler hin eine Order an Fotografen herausgegeben haben, sie mögen von solchen Aufnahmen doch bitte Abstand nehmen. Van der Vaart hingegen lädt die Presse förmlich dazu ein: "Ich habe auch Jeans-Hotpants in meinem Koffer: Wer weiß, es ist gerade sehr warm in der Ukraine", sagt sie. Und lächelt.

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