Studie zu Gewalt an Kindern:Viele Eltern schlagen immer noch zu

Ein Klaps auf den Po, eine Ohrfeige oder gar regelrechte Prügel: In der Erziehung ist körperliche Gewalt seit zwölf Jahren gesetzlich verboten, verschwunden sind Schläge aber noch lange nicht. Das ergab eine Studie des Forsa-Instituts. Die Deutsche Kinderhilfe spricht von "dramatischen Zahlen".

Die Grenzen zwischen dem Klaps auf den Hintern und körperlicher Gewalt sind fließend und beides gehört noch immer zum gängigen Repertoire der Erziehungsmethoden. Das ergab eine repräsentative Umfrage des Forsa-Instituts. Die körperliche Züchtigung sei aus den Familien noch immer nicht verschwunden, sagte Forsa-Geschäftsführer Manfred Güllner. Zwar sei die Gewalt rückläufig, vier von zehn Vätern und Müttern bestraften ihre Kinder aber noch immer mit einem "Klaps auf den Po". Die Studie im Auftrag der Zeitschrift Eltern zeige außerdem, dass Jungen häufiger als Mädchen geschlagen würden und dass es in kinderreichen Familien eher zu Gewalt komme.

Laut der Befragung bestrafen 40 Prozent (2006: 46 Prozent) der Eltern ihr Kind mit einem "Klaps auf den Po", zehn Prozent (2006: 11 Prozent) geben eine Ohrfeige und vier Prozent (2006: 6 Prozent) versohlen ihrem Kind nach eigener Aussage den Hintern. Als Hauptgründe gaben die Eltern an, dass ihre Kinder unverschämt gewesen seien, nicht gehorcht oder sich aggressiv verhalten hätten.

Jungen bekommen demnach doppelt so häufig den Hintern versohlt und werden auch öfter mit einem Klaps bestraft. Zudem kommt es in kinderreichen Familien häufiger zu Gewalt. Einen Zusammenhang zwischen dem Bildungsstand der Eltern und der Bereitschaft, ihre Kinder zu schlagen, belegt die Studie nicht. Auch zwischen Vätern und Müttern besteht kein signifikanter Unterschied.

Die Deutsche Kinderhilfe sprach von "dramatischen Zahlen". Gewalt gegen Kinder ist ein gesamtgesellschaftliches Phänomen. Die körperliche Züchtigung in der Erziehung ist seit dem Jahr 2000 per Gesetz verboten. Nach Angaben des Deutschen Kinderschutzbundes stimmen diesem Grundsatz inzwischen auch mehr als 90 Prozent der Eltern zu. Doch erst ein gutes Drittel schaffe es, sich auch konsequent daran zu halten. Die Mehrheit greife zu leichten körperlichen Strafen vom spürbaren Klaps bis zur Ohrfeige. Nur eine Minderheit von rund 14 Prozent erzieht nach einer Analyse der Kinderschützer noch mit einer schmerzhaften Tracht Prügel - oder gar mit Stockschlägen. Die tägliche Gewalt gegen Kinder müsse einen Aufschrei in der Gesellschaft hervorrufen, sagte der Vorstandsvorsitzende der Kinderhilfe, Georg Ehrmann.

Überforderung und Hilflosigkeit

Eltern schlagen heute allerdings kaum noch aus Überzeugung, sondern eher aus Überforderung zu. Der Anteil derjenigen, die nach einer körperlichen Bestrafung ihrer Kinder ein schlechtes Gewissen hatten, stieg von 71 auf 75 Prozent. "Eltern schlagen heute fast immer aus Stress und Hilflosigkeit, aber kaum noch, weil sie glauben, ihrem Kind damit etwas Gutes zu tun", sagt Gewaltforscher Kai Bussmann, Professor für Strafrecht an der Universität Halle. Zudem gaben in der Studie 17 Prozent der Eltern an, dass die körperliche Bestrafung "eigentlich gar keine Wirkung" hatte. Etwa ein Drittel glaubt, die Maßnahmen hätten zumindest zeitweise gewirkt. Lediglich ein Viertel der Befragten war froh, sich durchgesetzt zu haben, während sich fast drei Viertel nach den Schlägen über sich selbst ärgerten.

In der Studie wurden die Eltern auch nach anderen Strafen für ihre Kinder gefragt. Mehr als 90 Prozent von ihnen werden zumindest gelegentlich laut. 85 Prozent sprechen Verbote aus und ein Viertel der Befragten redet zur Strafe nicht mehr mit dem Nachwuchs. Für die Umfrage wurden 1003 Eltern in Deutschland mit mindestens einem eigenen Kind bis 14 Jahre befragt.

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