Spreebogen:Wo ist Bannas?

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Ein ganz besonderer Kollege von der Frankfurter Allgemeinen Zeitung ging kürzlich auf einer Pressereise fast verloren. Unser Kolumnist rettete ihn dann aber doch.

Von Nico Fried

Neulich war plötzlich der Bannas weg. Günter Bannas ist ein Kollege von der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, aber nicht irgendein Kollege, sondern ein besonderer. Die Kollegen von der FAZ sind natürlich alle irgendwie besonders. Aber Bannas ist besonders besonders, weil er schon sehr lange als Parlamentskorrespondent arbeitet, immer sehr gut informiert ist und weil ihn viel mehr Politikerinnen und Politiker grüßen als mich, woran ich in unschöner Regelmäßigkeit erkenne, dass ich zwar wichtig bin, aber nicht so wichtig.

Vor zehn Jahren hat mein ehemaliger Büroleiter, der heute mein Chefredakteur ist, über Bannas geschrieben. Das kleine Stück erschien in einer Reihe mit dem Titel "Unsere Besten". Darin formulierte mein ehemaliger Dings: "Günter Bannas ist eine der heimlichen Stützen dieses Staates." Er meinte das ernst, wie er alles ernst meint, was er schreibt, übrigens auch manches von dem, was für den Leser nach Ironie klingt. Gelegentlich denke ich beim Lesen: Hat der ein Glück, dass manche jetzt wieder glauben, er meine das nur ironisch.

Das heißt aber nicht, dass alles richtig wäre, was er schreibt. In besagter Würdigung des FAZ-Kollegen stand nämlich auch: "In der Politik gibt es nichts, was bleibt, außer Günter Bannas." Das stimmte damals und es stimmte weitere zehn Jahre lang. Aber als wir jüngst die Bundeskanzlerin auf den Balkan begleiteten, war Bannas eben doch plötzlich weg.

Das kam so: Nach der Pressekonferenz von Angela Merkel mit dem amtierenden Präsidenten von Bosnien-Herzegowina fuhren wir mit dem Bus in der Kolonne hinter der Kanzlerin her durch Sarajevo. Der FAZ-Kollege telefonierte gerade seinen Text in die Redaktion, als der Bus hielt. Bannas, der ab und zu Lust auf eine Zigarette verspürt, stieg aus, möglicherweise um zu rauchen. Vielleicht wollte er auch nur telefonieren, ohne andere Kollegen zu stören. Oder beides. Jedenfalls: Der Fahrer schloss die Tür und fuhr los.

Ich muss zugeben, dass ich erst gar nichts gemerkt habe, weil ich auch mit meinem Text beschäftigt war. Dann aber klingelte mein Telefon. Es war Günter Bannas, der wissen wollte, wo wir hingefahren seien. Er klang ein ganz klein wenig verzweifelt, weil er wusste, dass die Kolonne als Nächstes zum Flughafen fahren würde, wo schon die Regierungsmaschine nach Berlin wartete.

Ja, okay, wozu drumherum reden? Ich habe natürlich erwogen, Bannas seinem Schicksal zu überlassen. Immerhin ist er von der Konkurrenz. Hätte die FAZ halt am nächsten Tag keinen Text vom Balkan gehabt. Pech. Einen teuren Linienflug hätte sie auch bezahlen dürfen. Und wenn die Kanzlerin im Flugzeug gefragt hätte, wo denn der Herr Bannas sei, was sie ganz bestimmt gefragt hätte, wollte ich mit gespielter Besorgnis heucheln: "Ja, stimmt, wo ist denn der Bannas? Es wird ihm doch nichts passiert sein?"

Dann aber reichte ich das Telefon im Bus doch an die ortskundige Frau von der Botschaft. Ich bin halt ein Weichei. Kurz darauf war Bannas wieder da. Und mein Chefredakteur hatte natürlich wieder recht behalten: Es gibt nichts, was bleibt, außer Bannas.

Aber nur wegen mir!

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