Sport im Alter:Auf Brettern durchs beste Alter

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Die "jungen Alten" sollen Spaß haben am Wintersport - und das ganz ohne "Haxenbrecherei". Deshalb gibt´s jetzt in Oberbayern Skikurse für Best Ager.

Katharina Höller

Sie ist agil, durchtrainiert und braungebrannt. Ihre Lachfalten sehen hübsch aus, sie posiert fröhlich vor jeder Kamera. Fast schon penetrant fröhlich. Keine Frage, die ehemalige Profiskiläuferin Rosi Mittermaier ist ein "Best Ager", wie er in den Büchern der Marketingstrategen steht. "Heute wollen die Älteren doch was erleben und fit bleiben", sagt sie und klingt überzeugend.

Sportlich im besten Alter: Fuzzy Garhammer, Rosi Mittermaier und Christian Neureuther (Foto: Foto: Höller)

Erlebnis und Fitness - zwei wichtige Schlagwörter, wenn es um den neuenglischen Begriff der "Best Ager" oder "Silver Ager" geht. Wohlmeinend umschrieben wird damit die Generation 50 plus - also diejenigen, die zu alt sind, um noch wirklich jung zu sein. Aber auch zu jung, um schon zum alten Eisen zu gehören. Diese finanzkräftige Zielgruppe steht schon lange auf der Liste jeglicher Unternehmen, weil sie Geld hat und Zeit, um es auszugeben. Auch dem Deutschen Skilehrerverband sind die jungen Alten mittlerweile aufgefallen.

Deshalb wurde nun für die Menschen im besten Alter die Kampagne "Neuer Schwung im Leben" vorgestellt. Den wirtschaftlichen Anreiz dieser Angelegenheit verleugnet der Verband dabei nicht: "Ähnlich wie die Hotellerie arbeiten auch wir im touristischen Segment und müssen uns an Zielgruppen orientieren", erklärt Christian Lechner, ihr Präsident. "Begonnen haben wir mit unserer Kernkompetenz, nämlich der Nachwuchsschulung". Nun sollen aber auch die Älteren auf ihre Kosten kommen. Mit den neuen Botschaftern Rosi Mittermaier, Christian Neureuther und Fuzzy Garhammer will der Verband die Generation 50 + animieren, wieder auf die Bretter zu steigen. Oder zumindest noch nicht herunter.

Neue Unterrichtskonzepte für Skischulen

Funtkionieren könnte dies Folgendermaßen: Die Marktstrategen der Skilehrer haben herausgefunden, dass sich die "Noch-Nicht-Senioren" in vier Gruppen unterteilen. Die Einsteiger (neu auf Skiern), die Wiedereinsteiger (seit 20 Jahren nicht auf Skiern gestanden), die Routiniers (seit 40 Jahren auf Skiern) und die Trendsportler (mit den Skiern verwachsen). Für diese Gruppen wurden Programme entwickelt, die den speziellen Bedürfnissen entgegen kommen sollen. Christian Lechner betont jedoch: "Damit wollen wir die Menschen nicht in Schubladen stecken, sondern wir wollen sie abholen bei ihren persönlichen Motiven, die sie zum Skifahren bringen."

Für die Einsteiger gibt es Kurse, die Großeltern zusammen mit ihren Enkeln belegen können. Das ganze heißt dann "Der Generationen-Schwung" und soll dafür sorgen, dass die Familienmitglieder sich auf der Piste näherkommen. Aber wer steigt schon mit 55 in den Skisport ein? "Das sind Leute, die vorher einfach nicht dazu gekommen sind. Jetzt sind sie vielleicht im Ruhestand oder treten im Beruf kürzer - wieso sollten sie nicht anfangen, Ski zu fahren", wendet Peter Hennekes ein, Geschäftsführer des Skilehrerverbandes.

Um eventuellen Ängsten vor den Gefahren des Skifahrens beizukommen, betonen die Profis für die Gesundheit förderliche Nebeneffekte. Der Sport auf zwei Brettern wirkt nämlich der deutschen Lieblingskrankheit entgegen, dem Rückenleiden "Man ist an der frischen Luft, und trainiert die Muskeln, in welche die menschliche Wirbelsäule eingebettet ist", erzählt Stefan Eidenschink von Terra Sana, eine Kooperation, die Wellness, medizinische Diagnostik und Schneesport kombiniert.

Offen bleibt dennoch: Warum ausgerechnet Skifahren? Wenn ein 60-Jähriger den Berg herunterrauscht, denkt man immer noch zuerst an den folgenden Oberschenkelhalsbruch. Yoga ist doch auch schön. Oder Wandern. Rosi Mittermaier wehrt entschieden ab: "Yoga ist bestimmt nicht so gefährlich, aber dafür auch viermal so langweilig. Die Best Ager wollen doch auch Abwechslung und Action! Und was ist schöner als die weiße Pracht, gemütliche Hüttenabende und ein Wellness-Hotel im Gebirge?" Sie weiß, wovon sie spricht. Und freuen können sich darüber nicht nur die jungen Alten, sondern auch die Herrschaften vom Marketing, bei denen zukünftig die Kasse klingelt.

Einzelne Kurse können schon jetzt bei Skischulen in Garmisch-Partenkirchen, Lenggries und Buchenberg im Allgäu belegt werden. Ziel ist jedoch, das Programm "Neuer Schwung im Leben" nächstes Jahr in allen 254 deutschen Skischulen anbieten zu können. Finanzielle Anreize wie zum Beispiel Vergünstigungen für Senioren gibt es aber leider nicht. Dies wurde bewusst entschieden, weil die Angebote durch ihre Qualität überzeugen sollen. Außerdem: Der Best Ager hat´s ja. Wo soll er denn hin mit der ganzen Kohle, für die er sein Leben lang geackert hat? Da hoffen wir doch auf winterliche Temperaturen und rüstige "Frisch-Rentner" auf zwei "Brettln", deren silbergraues Haar im Fahrtwind weht.

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