Skandalkünstlerin Tinkebell:"Unser Verhältnis zu Tieren ist krank!"

Tiere haben es Tinkebell angetan. Die Holländerin näht am liebsten Handtaschen aus ihren Hauskatzen. Ein Anruf bei der Künstlerin.

Martin Zips

Tiere haben es Tinkebell, 30, einer Künstlerin aus Amsterdam, angetan. Vor zwei Jahren plante sie, 61 Küken im Rahmen einer Kunstaktion im Schredder zu töten. Damit wollte sie darauf aufmerksam machen, dass Millionen Küken jährlich nicht nur in den Niederlanden auf diese Art kurz nach dem Schlüpfen ums Leben kommen. Tierschützer adoptierten Tinkebells Küken daraufhin. Als Hühner wanderten die Tiere später dennoch ins Kühlregal.

tinkebell; handtaschen aus haustieren

Fürchtet eine Gesellschaft, die sich mehr um Tiere kümmert als um Menschen: die Künstlerin Tinkebell.

(Foto: Foto: dpa/oh)

SZ: Liebe Frau Tinkebell, im Rahmen einer Kunstaktion haben Sie Ihrer todkranken Katze den Hals umgedreht und aus dem Fell eine Handtasche gemacht. Finden Sie Ihr Verhalten nicht ein bisschen merkwürdig?

Tinkebell: Ich bitte Sie! Wieso denn? Meine Katze war todkrank, nach Meinung des Tierarztes lag sie bereits im Sterben. Da habe ich sie halt erlöst. Gehen Sie doch mal auf einen Bauernhof oder in einen Schlachthof und schauen, wie dort die Tiere umgebracht werden.

SZ: Kühe und Schweine vielleicht. Aber Katzen sind doch so nett. Außerdem: eine Handtasche aus Katzenfell!

Tinkebell: Hören Sie: Wir sollten uns einfach mal darüber unterhalten, wie krank unser Verhältnis zu Tieren ist. In der westlichen Welt werden Tiere ja wie menschliche Wesen behandelt. Von Erwachsenen, die mittags in der Kantine ein halbes Hähnchen verspeisen. Und um dieses Thema geht es mir. Als Mensch und als Künstlerin. Manche Tiere essen wir, andere verhätscheln wir. Das ist doch krank. Das sollte man doch noch offen aussprechen dürfen. Auch in einer Zeit, da Tierschutzorganisationen immer reicher und mächtiger werden.

SZ: Nach Ihrer Handtaschenaktion wurden Sie weltweit wüst beschimpft.

Tinkebell: Ja. Die Mails, die mich erreichten, gingen von "Du bist krank" über "Du bist ekelhaft" bis hin zu "Ich bring Dich um". Die meisten, die mir schrieben, waren Teenager. Gut, dass sich junge Menschen für Tiere oder die Umwelt engagieren, das halte ich ja noch für normal. Aber etwa 20 Prozent der Hass-Mails kamen von erwachsenen Leuten. Das macht mir wirklich Angst.

SZ: Die schlimmsten Beschimpfungen haben Sie nun in einem Buch veröffentlicht. Dabei publizierten Sie auch die realen Namen der Absender.

Tinkebell: Gemeinsam mit einer befreundeten Künstlerin haben wir mit einer speziellen Software recherchiert, wer sich hinter den E-Mail-Adressen verbirgt. In unserem Buch zeigen wir nun, wie sich die Absender der Hass-Mails im Internet bei MySpace oder YouTube präsentieren. Das sind ja auch öffentliche, für jedermann zugängliche Informationen.

SZ: Haben Sie jetzt nicht Angst davor, dass Ihnen die Anwälte der Mailverfasser den weiteren Verkauf dieses Buches untersagen?

Tinkebell: Ach, das Buch ist doch schon längst ausverkauft. In weniger als einer Woche waren gestern alle 1000 gedruckten Exemplare weg. Außerdem ist es doch zweifellos illegal, mir per Mail mit dem Tod zu drohen, oder nicht? Diesen Streit gehe ich gerne ein. Zumal auch ich einen guten Anwalt habe.

SZ: Besitzen Sie immer noch Katzen?

Tinkebell: Ich habe drei Katzen. Fleisch esse ich nicht.

SZ: Haben Sie Angst, dass Ihnen militante Tierschützer mal was antun?

Tinkebell: Ich habe nur Angst vor einer Gesellschaft, die sich mehr um Tiere kümmert als um Menschen.

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