Sex und Moral in den USA:Der Porno der Prüden

Ganz schön scheinheilig: Eine Studie zeigt, dass die Bewohner konservativer US-Staaten häufiger Internet-Pornos anschauen als die demokratischen - die roten Staaten sind die Rotlicht-Staaten.

Ulrike Bretz

Sie beten zu einem Gott, der Wunder vollbringen soll. Sie stehen für traditionelle Familienwerte. Sie glauben an himmlische Strafen für sexuelles Fehlverhalten. Und: Sie haben eine Vorliebe für Internet-Pornos.

Rotlicht, USA, Internet-Pornos

Internet-Pornos in den USA: In den konservativen Staaten wird am meisten auf Sex-Seiten gesurft.

(Foto: Foto: AP)

Eine neue Studie der Harvard Business School Boston belegt wieder einmal das, was die Demokraten schon lange wissen: Bei den Konservativen in den USA klafft eine riesige Lücke zwischen Moral und Handeln.

Je prüder man sich nach außen hin gibt, desto verruchter geht es offenbar hinter den verschlossenen Türen zu. Vorne hui, hinten pfui, sagt der Volksmund dazu. Professor Benjamin Edelman hat diese Scheinheiligkeit am Beispiel des kostenpflichtigen Konsums von Internet-Pornos untersucht und die Kreditkartenabrechnungen sowie die Postleitzahlen ausgewertet.

Sein Ergebnis: Im ultrakonservativen Bundesstaat Utah sitzen jene Amerikaner, die sich am häufigsten Pornos gegen Geld aus dem Internet herunter laden.

Mehr als fünf von 1000 Haushalten besuchen in dem Staat, der bei Wahlen regelmäßig an die Konservativen fällt, Online-Pornoseiten - das sind mehr als doppelt so viele User wie in dem von liberalen Demokraten beherrschten Bundesstaat Oregon. Von den Top-Ten-Staaten, in denen am häufigsten virtueller Sex konsumiert wird, sind bei der US-Wahl acht an den konservativen Kandidaten John McCain gegangen: Utah, Alaska, Mississippi, Oklahoma, Arkansas, North Dakota, Louisiana und West Virginia.

Der Sonntag ist heilig

Immerhin: Der Sonntag ist den konservativen Pornoseiten-Besuchern wohl doch heilig. In den Gegenden, in denen die Menschen angeben, an Sonntagen regelmäßig in die Kirche zu gehen, werden an diesem Tag tatsächlich weniger schmutzige Bilder heruntergeladen als an anderen Tagen.

Die Haltung zur Religion spielt ohnehin eine große Rolle beim Surfverhalten. Edelman hat herausgefunden, dass die Zahl von Pornokonsumenten in jenen Staaten deutlich höher ist, in denen die Menschen letztgültige Aussagen machen wie: "Auch heute noch sorgt Gott dafür, dass Wunder geschehen", oder "Ich zweifle nie an der Existenz Gottes" und "Aids könnte eine Strafe Gottes für unmoralisches sexuelles Verhalten sein".

Sogar beim Inhalt der jeweiligen Sexseite im Internet gibt es in den "blauen" und den "roten" Staaten ganz unterschiedliche Vorlieben: Während die User in traditionell "blauen", demokratischen Staaten sich häufig Prostituierte übers Internet bestellen, interessiert man sich in den Staaten, in denen traditionelle Ehewerte großgeschrieben werden, besonders stark für Swinger-Clubs.

Auch Webcams mit obszönen Inhalten und Seiten über Sex und Voyeurismus finden in den prüden Staaten größeren Anklang. So ist es eben mit der Scheinheiligkeit: Man tut heimlich genau das, wogegen man öffentlich kämpft - und hofft, dass Gott gerade wegschaut.

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