Serie: Körperbilder (13):"Ich massiere die Hände der Toten"

Angelika Westphal, 47, arbeitet seit 16 Jahren als Bestatterin. Die Hamburgerin über die Bedeutung des Todes und was man gegen Leichenstarre unternimmt.

Takis Würger

"Der Tod ist eine rätselhafte Sache. Mit einem Moment ist ein Leben vorbei, der Körper erkaltet. Obwohl ich schon jahrelang als Bestatterin arbeite, beschäftigt es mich jedes Mal, wenn ein Mensch vor mir liegt, dessen Leben gerade zu Ende gegangen ist.

Serie: Körperbilder (13): Die Bestatterin Angelika Westphal: "Bei meiner Arbeit geht es nicht nur darum, Leichen schick zu machen."

Die Bestatterin Angelika Westphal: "Bei meiner Arbeit geht es nicht nur darum, Leichen schick zu machen."

(Foto: Foto: oh)

Als ich zum ersten Mal einen toten Menschen angefasst habe, war ich erstaunt über den Widerstand des Körpers - die Muskeln und Gelenke waren fest, die Leichenstarre hatte eingesetzt. Ich hatte mich nie zuvor mit dem Tod so intensiv beschäftigt und fand das alles ein wenig sonderbar.

Zu meinen Aufgaben gehört es, die Toten zu waschen, wenn es notwendig ist. Wünschen es die Angehörigen, schminke ich sie sogar. Bei manchen Toten muss der Mund verschlossen werden, weil das einfach schöner aussieht.

Am besten ist es, gleich nach dem Tod das Kinn hochzubinden, dann bleibt der Mund nämlich zu. Für manche Menschen mögen diese Dinge befremdlich klingen, aber so ist nun einmal mein Beruf.

Für mich ist es nicht außergewöhnlich zum Beispiel darüber nachzudenken, was man gegen die Leichenstarre unternehmen kann. Ich weiß, dass es hilft, wenn ich die Hände der Toten massiere - das macht sie wieder geschmeidig und dann kann man die Hände auch wie zum Gebet falten.

Für das Ankleiden der Toten brauche ich einen Helfer. Zu zweit müssen wir teilweise die Kleidung der Toten aufschneiden, weil wir sie sonst nicht angezogen bekommen.

Mein Beruf als Bestatterin ist eine Herausforderung, und ich mag ihn sehr. Viele glauben, dass es gruselig ist, alleine mit einem Toten zu sein - das finde ich nicht. Ich empfinde den Tod als etwas sehr Natürliches. Bei meiner Arbeit geht es nicht nur darum, Leichen schick zu machen.

Es ist wichtig, dass man in einem Toten mehr als einen leblosen Körper sieht und dass man ihn respektvoll behandelt. Der Beruf als Bestatterin hat auch mein eigenes Körperbewusstsein verändert.

Ich denke vor dem Spiegel sehr viel über die Vergänglichkeit von Schönheit nach. Natürlich auch über den Tod. Ich weiß zwar, wie er sich bei anderen Menschen anfühlt. Dennoch bleibt er für mich voller Rätsel."

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