Schön doof:Hangover in Hannover

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Illustration: Bene Rohlmann (Foto: N/A)

Die Städtchen im Norden war mal ein Wunderland für Polit-Promis, Comedians und süße Eurovision-Girls. Und jetzt? Der Rausch ist vorbei.

Von Nico Fried

Was macht eigentlich . . . Hannover? Das Städtchen im Norden war mal ein Wunderland für Polit-Promis, Comedians, Hells Angels und süße Eurovisions-Girls. Und heute? Ist der Rausch vorbei und der Glanz dahin, findet Martin Wittmann.

Neulich war der indische Premierminister in Berlin. Bei der gemeinsamen Pressekonferenz mit Angela Merkel sprach er Hindi, die Bundeskanzlerin sprach Deutsch. Es gab zwei Dolmetscherinnen, die simultan übersetzten. Das zu beobachten ist stets faszinierend. Vor allem die Dolmetscherin, die Merkels Sätze bei internationalen Auftritten ins Englische übersetzt, finde ich sehr beeindruckend, weil sie manchmal ganz eigene Formulierungen und Bilder verwendet und trotzdem genau zum Ausdruck bringt, was die Kanzlerin sagen will. Manchmal verstehe ich Merkel in der Übersetzung besser als im Original.

Die deutschen Dolmetscher, das darf man mal in aller Bescheidenheit sagen, scheinen auch besonders gut zu sein. Vor einigen Jahren, als Gerhard Schröder noch Kanzler war, hatte er mal die damalige amerikanische Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice zu Gast. Der mitgereiste Dolmetscher der letzten verbliebenen Supermacht war mit der Übersetzung so überfordert, dass er erst ins Stottern geriet und dann mitten in der Pressekonferenz von seiner deutschen Kollegin abgelöst werden musste.

Um nun bei solchen Anlässen die Übersetzung mitzukriegen, benutzt man Geräte, die aus einem Empfänger und einem Kopfhörer bestehen. Den Empfänger muss man einschalten. Dann kann man verschiedene Kanäle und so die jeweilige Sprache wählen. Wenn es funktioniert. Manchmal funktioniert es nicht, wie bei einem Besuch Angela Merkels in Ägypten, als Hosni Mubarak noch Präsident war. Da wurde am Gerät der Kanzlerin höchstselbst minutenlang gefummelt, gestöpselt und dann wieder getestet, doch das Ergebnis war stets dasselbe und wurde von Merkel im Zungenschlag ihrer uckermärkischen Heimat so zusammengefasst: "Ich hör' nüscht."

Als nun der Inder zu Gast war, ging es mir ähnlich. Ich drückte auf dem Empfänger herum, aber er ließ sich gar nicht erst einschalten. Ein Kollege hatte mir das Gerät gereicht, also verdächtigte ich ihn der Sabotage. Daraufhin schüttelte er verständnislos den Kopf, nahm das Kabel meines Kopfhörers, steckte den Stöpsel in den Empfänger - und schon ging's.

Ehrlich gesagt, glaube ich nicht, dass ich in solchen praktischen Dingen besonders blöd bin, sondern der betreffende Kollege Stefan Lange von Dow Jones ist einfach besonders geschickt. 2010, als wir mit der Kanzlerin aus den USA nach Berlin zurückflogen, wegen der Asche des Vulkans Eyjafjallajökull aber in Portugal landen und später mit dem Bus durch Italien fahren mussten, wo in der Region Montepulciano ein Reifen platzte, damals also half der Kollege Lange sehr behände beim Radwechsel, der uns die Weiterfahrt ermöglichte.

Ich dagegen stand nur da, filmte die Reparatur mit dem Handy und stellte das verwackelte Video auf die Online-Seite. Als mich mein ehemaliger Büroleiter, der heute mein Chefredakteur ist, das nächste Mal sah, verglich er mich in seiner liebreizenden Art mit einem bekannten Autor experimenteller Filme und nannte mich einen "Alexander Kluge für Arme".

Ich nahm das als Kritik am künstlerischen Ausdruck meines Films. Technisch hatte ja ausnahmsweise alles geklappt.

© SZ vom 18.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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