Schön doof:Checker und Nullchecker

Lesezeit: 2 min

Illustration: Bene Rohlmann (Foto: xx)

Wo gibt es den besten Burger, wie werde ich eine Sexgöttin? Die Checker wissen es, sie haben für alles einen Vergleich. Gerhard Matzig möchte da nur noch auschecken.

Von Gerhard Matzig

Zu den vom Aussterben bedrohten Tier- und Pflanzenarten gehört der Blasentang, der Flachlandtapir und der Glattschweinswal. Daher stellt sich nun die Frage, ob man dem berechtigten Kampf um den Erhalt der Biodiversität womöglich zu nahe tritt, wenn man außerdem auch noch auf die prekäre Situation des Nullcheckers hinweist. Vielleicht lässt sich das so regeln: Wir sollten uns zunächst um den Blasentang kümmern - aber schon jetzt vorsorglich ein Auge darauf haben, dass für Nullchecker irgendwann einmal Reservate einzurichten sind. Vielleicht könnte auch der eine oder andere Zoo vorsorglich einige nach Möglichkeit verliebte Nullcheckerpärchen aufnehmen. Lange werden diese Wesen in freier Wildbahn ohnehin nicht mehr anzutreffen sein. Denn um ihre Fruchtbarkeit ist es ja auch nicht so gut bestellt, weil - also die checken das einfach nicht.

Was man kaum glauben mag, denn immerhin gibt es bei Amica den großen "Sex-Check" ("Haben Sie das Zeug zur Sexgöttin?"). Übrigens gibt es nichts auf Erden, was nicht gecheckt werden könnte: Es gibt den Abgeordneten-Check, den Camping-Check, den Kid-Check (inklusive "Übungsprogramm gegen Knick-Senk-Füße", falls sich das gecheckte Kid diesbezüglich als Underperformer erweist), es gibt in aller gebotenen Banalität Finanz-Check, Holiday-Check . . . und bei Burger King konnte man sich zum "BK Checker" weiterbilden. In dieser Funktion besuchte man immer mal wieder eine Burger-King-Dependance, checkte dort die Whopper, schrieb eine Bewertung, und für drei Bewertungen erhielt man Checker Credits, die man dann wieder gegen fünf kostenlose Whopper eintauschen konnte, woraufhin man diese checkte.

Die Checker sind eine Pandemie. Man wäre lieber von Blasentang, dieser herrlichen Braunalge, umgeben als von all diesen grinsenden Typen, die genau wissen, wo man was, wie . . . billiger . . . Der Checker ist das, was dabei herauskommt, wenn die Amica-Sexgöttin und das Internetvergleichsportal das Licht ausmachen.

Wie war das schön, als der Fakten-Check noch Frank Plasberg und der Prostata-Check dem Urologen vorbehalten war. Als im Fernsehen noch nicht an jedem einzelnen Abend der große Discount-Check, der große Hausbau-Check oder der große Pollenflugkalender-Check zu sehen waren; als die Zeitschriften noch nicht den großen Carbon-Räder-Check oder den kaum weniger großen Spindelrasenmäher-Check aufzubieten hatten.

Das, Kinder, war in der Steinzeit des Checkertums, also 2011, als der Checker im Jugendsprache-Lexikon noch als "kluge Person" geführt wurde. Ist das klug? Sagen wir so: Es ist jedenfalls die Art von Wissen, die ganz gut in unsere Zeit passt. Man soll da nicht rumheulen - es ist eben reinster Darwinismus. Früher gab es den letzten Mohikaner, und man selbst wird als allerletzter Nullchecker und Nichtblicker Aufnahme in irgendeinem hübschen Reservat ohne Internetanschluss und Redaktionen, die Ideen haben, finden. Man wäre dann zwar doof. Aber das wäre schön.

© SZ vom 02.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: