Rollenverteilung in Deutschland:Jeden vierten Mann nervt Gleichberechtigung

Etwa jeder vierte Mann in Deutschland findet, dass in Sachen Gleichberechtigung übertrieben wird. Eine neue Studie zeigt, dass sich alte Rollenbilder immer noch hartnäckig halten - auch die von Frauen.

Von Judith Liere

Mehr Gleichberechtigung für Frauen? Och nö, finden zwei Drittel aller deutschen Männer, es reicht doch langsam. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des Instituts für Demoskopie Allensbach, die am Montag in Berlin vorgestellt wurde.

Auf die Frage, ob mehr für die Gleichberechtigung von Frauen in Deutschland getan werden sollte, antworteten 36 Prozent der Männer: Es ist gut so, wie es ist. Weitere 28 Prozent finden, bei der Gleichberechtigung werde sogar übertrieben.

In Auftrag gegeben hat die "große Männer-Studie" die Illustrierte Bild der Frau, ein Magazin, das sich bisher eher wenig mit genderkritischen Themen hervorgetan hat, sondern seine Seiten meist mit Kochrezepten, Gesundheitsratschlägen, Schicksalsgeschichten und praktischen Haushaltstipps ("Essig-Essenz lässt Fenster strahlen") füllt. Die Befragung soll insbesondere zeigen, wie Männer die zunehmende Auflösung der traditionellen Rollenverteilung bewerten.

Beteiligung in der Familie als Problem

Noch nie habe das Allensbach-Institut bisher in einer Studie den Schwerpunkt auf die Meinungen der Männer gelegt, sagte Institutsleiterin Renate Köcher bei der Präsentation der Studie, "außer bei einer Befragung katholischer Priester in der Siebzigern". Eine Bemerkung, die fast mehr verblüffte als dann vorgestellten Ergebnisse. In denen zeichnet sich ab: Auch die Männer kämpfen damit, sowohl der beruflichen Karriere als auch der mittlerweile stärker eingeforderten Beteiligung am Familienleben gleichermaßen gerecht zu werden. 35 Prozent der Männer gaben an, es schwierig zu finden, die heutigen Rollenerwartungen zu erfüllen.

Allerdings tun sich viele Männer schwer, diese Erwartungen richtig einzuschätzen. Während 71 Prozent der Männer glauben, dass Frauen von ihnen generell erwarteten, für den Unterhalt der Familie zu sorgen, stimmen dem nur 60 Prozent der weiblichen Befragten zu. Auch beruflichen Erfolg und Durchsetzungsstärke bei Männern finden Frauen weniger wichtig (um 13 beziehungsweise 12 Prozentpunkte), als die Männer das selbst glauben.

Einigkeit bei Hausarbeit

Besonders tief scheint der Graben zwischen den Geschlechtern noch immer bei der Hausarbeit zu sein. Auch bei Paaren, bei denen beide Vollzeit arbeiten, sagt fast jeder zweite Mann, dass seine Partnerin den größeren Teil der Familienarbeit erledige. Junge Paare unterscheiden sich dabei kaum von älteren, am wenigsten übernehmen Männer zwischen 35 und 49 Jahren im Haushalt.

Die Gründe, die dafür wohl daheim angeführt werden, zeigen die Antworten auf eine weitere Frage: 76 Prozent der Befragten beiderlei Geschlechts sind sich sicher, dass Frauen besser bügeln können als Männer. Auch Wäsche waschen, Fenster und Bad putzen sind Tätigkeiten, bei denen jeweils etwa 60 Prozent glauben, dass Frauen dafür ein natürliches Talent besäßen. Auch hier unterscheiden sich ältere und jüngere Männer kaum in ihrem Urteil; Frauen zwischen 45 und 65 Jahren stimmen ihnen zu. Einzig jüngere Frauen sind nicht ganz so stark dieser Meinung.

Tauschen will übrigens kaum ein Mann: Nur sechs Prozent wären der Umfrage zufolge in einem nächsten Leben gern eine Frau. Fast jeder Dritte findet: Männer haben es leichter.

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