Rauchverbot:Ein Verbot, das wirkt

Die Experten sind sich ungewohnt einig: Angestellten und Gästen von Kneipen geht es schon nach wenigen rauchfreien Wochen besser.

Katrin Blawat

Wären sich alle Experten eines Fachgebiets stets derart einig wie beim Thema Rauchverbot, ginge es langweilig zu in der Wissenschaft. Denn normalerweise lebt Forschung davon, dass jeder die Ergebnisse und Schlussfolgerungen des Kollegen überprüft und anzweifelt.

Rauchverbot; dpa

Weniger Halskratzen, die Augen brennen nicht mehr: Von einem Rauchverbot profitieren Angestellte und Gäste von Bars.

(Foto: Foto: dpa)

Auch die Frage, ob Rauchverbote in öffentlichen Räumen tatsächlich die Gesundheit schützen, haben Forscherteams in Europa, den USA und Kanada mehrfach untersucht - und sind in seltener Übereinstimmigkeit zu dem klaren Ergebnis gekommen: Rauchverbote wirken. Vor dem bayerischen Bürgerbegehren forderte deshalb auch der Präsident der Bundesärztekammer, Jörg-Dietrich Hoppe, ein konsequentes Rauchverbot in der Gastronomie: "Wir brauchen klare Verhältnisse und keinen Flickenteppich an unterschiedlichen Regelungen in den einzelnen Bundesländern."

In einer Studie aus Schottland berichtete ein Viertel der befragten Bar-Angestellten, dass sie bereits nach einem rauchfreien Monat nicht mehr unter Beschwerden wie brennenden Augen und Halskratzen litten, zudem funktionierten ihre Lungen deutlich besser. Von einem Rauchverbot profitiert aber auch, wer nur gelegentlich als Gast in eine Kneipe kommt.

In einigen Bundesstaaten der USA erlitten bereits drei Monate nach Einführung des Rauchverbots deutlich weniger Menschen einen Herzinfarkt als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Und in Frankreich verringerte sich die Zahl der Patienten, die mit einem Herzinfarkt in die Notaufnahme gebracht wurden, innerhalb des ersten Jahres mit Rauchverbot um 15 Prozent, in einer ähnlichen Studie in Italien um elf Prozent. Dabei scheinen vor allem jüngere Menschen von einem Rauchverbot zu profitieren - weil sie sich länger in Kneipen aufhielten als ältere, erklärt Studienleiterin Giulia Cesaroni.

Eindeutige Studien

Angesichts solch eindeutiger Studien urteilten Wissenschaftler des Internationalen Krebsforschungszentrums in Lyon: "Starke Belege legen nahe, dass gesetzliche Regelungen zum Nichtraucherschutz die Zahl der Herzerkrankungen reduzieren." Verbindliche Aussagen, wie sich Rauchverbote in öffentlichen Räumen auf die Zahl der Lungenkrebs-Fälle auswirken, könne man wegen der langen Zeitspanne, die bis zur Entstehung von Lungentumoren vergehen kann, noch nicht treffen.

Ob diese Erkenntnisse der Experten die Raucher selbst überzeugen können, ist noch ungewiss. Im Jahr 2006 rauchten zwischen 16 und 18 Millionen Deutsche, neuere Zahlen für die Zeit nach Einführung des Rauchverbots liegen noch nicht vor. Zumindest bei den Jugendlichen zwischen zwölf und 18 Jahren sank der Anteil der Raucher jedoch schon in den Jahren 2001 bis 2008 von 28 auf etwa 15 Prozent - unabhängig vom Rauchverbot, aber sicherlich beeinflusst durch Aufklärungskampagnen und die Erhöhung der Tabaksteuer.

Nicht nur die Tabakindustrie befürchtet Umsatzeinbußen in Folge verbindlichen Rauchverbots, sondern auch die Berufsgenossenschaft für Gaststätten, die viele der wissenschaftlichen Studien als unseriös zu verunglimpfen versucht. Dem halten Experten des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) in Heidelberg entgegen, dass laut ihrer Berechnung ein Rauchverbot zwar die Gesundheit fördere, den Umsatz in Gaststätten aber nicht beeinflusse.

Wirkungsvolle Alternativen zum Rauchverbot in öffentlichen Räumen gibt es laut DKFZ nicht, auch nicht in Form von technischen Maßnahmen wie Hightech-Luftfiltern. Die mögen im Modellversuch funktionieren, doch in der Praxis schützen sie Bar-Angestellte und Gäste kaum. Auch für das "Spanische Modell", bei dem Besitzer kleinerer Gaststätten selbst über ein Rauchverbot entscheiden, haben die DKFZ-Experten nur ein vernichtendes Urteil übrig und ziehen eine "Bilanz des Scheiterns": Die Wahlfreiheit, auf die auch Wirte in Deutschland pochen, laufe in der Praxis darauf hinaus, dass in den meisten Gaststätten weiter geraucht werde.

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