Ramadan:"Wenn nicht ich faste, wer denn sonst?"

Ramadan in München

Fastenbrechen ("Iftar") im Münchner Luitpoldpark.

(Foto: Dunja Ramadan)

Unsere Autorin Dunja Ramadan verzichtete während des gleichnamigen Fastenmonats tagsüber sogar auf Wasser. Jetzt freut sie sich auf ihren ersten Morgenkaffee seit Wochen.

Mehr als 17 Stunden lang nichts essen und nichts trinken, auch kein Wasser, und dann diese Hitze. "Verrückt, dieser Ramadan, ich könnte das ja nicht!", hört unsere Autorin Dunja Ramadan oft, wenn das Gegenüber erfährt, dass sie sich an den muslimischen Fastenmonat hält. Da jedes Jahr die gleichen Fragen kommen, hat sie sich kurzerhand eine Standardantwort zurechtgelegt: "Wenn nicht ich faste, wer denn sonst? Ich heiße doch sogar so." Manche grinsen, manche sind nicht wirklich überzeugt, manche nicken bedächtig.

Dabei ist der Verzicht aufs Essen und Trinken nur einer von vielen Aspekten für unsere Autorin. Sie versucht sich in diesem Monat an einer Rundumerneuerung, sie nimmt sich einen spitzen Bleistift und pikst auf Reset, also auf Einstellungen zurücksetzen. Wie beim Internet-Router, wenn er mal wieder spinnt. Ähnlich wie an Neujahr fasst sie Vorsätze, die sie versucht einzuhalten. Und sie ist aufmerksamer - für die kleinen Dinge im Alltag.

Kürzlich beobachtete sie ein kleines Mädchen in der U-Bahn, das ein Butterbrot aß. Ein einfaches Butterbrot, kein Schnittlauch, keine Gurkenscheiben, kein Salz drauf. Und sie dachte sich nur, wow, das sieht aber lecker aus! Sie stellte sich vor, wie es wohl gesalzen und mit frischen, gelben Paprikastreifen schmecken würde. Und dazu noch ein Glas Orangensaft - der Wahnsinn. An den restlichen 336 Tagen im Jahr ist das Butterbrot für sie unsichtbar, sie sieht es nicht, sie kauft es nicht, sie isst es nicht. Doch wenn sie fastet, dann sieht sie dieses Butterbrot.

Es ist ein Monat, der sie aus dem Trott von Arbeit, Wochenenden, Urlaub - und ja, auch Schlaf - gnadenlos herausreißt. Der schwierigste Teil des Tages ist morgens. Wenn um sieben Uhr der Wecker klingelt, bedeutet das nämlich: Kein Kaffee. Und natürlich macht sich das Fasten auch körperlich bemerkbar. Lila Fingernägel bei 30 Grad, zum Beispiel. Der schönste Teil des Tages ist abends, nach Sonnenuntergang.

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