Ralph Siegel wird 65:Ein bisschen Unfrieden

Ralph Siegel lässt kein gutes Haar an Lena und ihrem Mentor Stefan Raab, hadert über mangelnde Anerkennung für sein eigenes Werk und auch sonst alles Mögliche. Dabei hätte er so etwas gar nicht nötig.

Von Sarina Pfauth

Dieser Mann kann nicht verlieren. Ralph Siegel, der vor sehr langer Zeit mit Nicole und dem Lied Ein bisschen Frieden den Grand Prix d'Eurovision gewonnen hat, ist mit zunehmendem Alter nicht gerade entspannter geworden.

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Feiert gerne: Ralph Siegel (links) mit Schlagersänger Jürgen Drews und dessen Frau Ramona auf dem Münchner Oktoberfest. 

(Foto: dpa)

Im Frühjahr, noch bevor Lena Meyer-Landrut für Deutschland die Bühne des jetzt Eurovision Song Contest (ESC) getauften Musik-Grand-Prix betrat, betonte der Musikproduzent in einem Interview mit dem Magazin der Süddeutschen Zeitung mit Nachdruck, er sei und bleibe der einzige deutsche Gewinner des europäischen Musikwettbewerbs - egal, wie erfolgreich Lena und ihr Entdecker Stefan Raab in Oslo abschneiden würden.

Denn, so Siegels Logik, dieser Wettbewerb sei ein Komponistenwettbewerb, und Lenas Lied Satellite sei von einem US-Komponisten und einer Dänin geschrieben worden. Überdies treffe Lena nur selten einen Ton.

Dass das restliche Deutschland die Einordnung nicht teilen wollte, dass "unsere Lena" sogar von Christian Wulff, dem heutigen Bundespräsidenten und damaligen Landesvater von Niedersachsen, am Flughafen empfangen wurde, dass die Medien sie in den Himmel lobten und ihn als "Spaßbremse" beschimpften - all das konnte Ralph Siegel nicht irritieren. Er blieb dabei: "Von Titelnachfolger kann also keine Rede sein", schrieb er stern.de nach Lenas Sieg in einer E-Mail.

Dabei müsste der Mann gar nicht so kleinkariert und missgünstig sein - dass er unfassbar erfolgreich war in seinem Job, wird ohnehin jedem deutlich, der sich mit Siegels Biographie beschäftigt. Der Musikproduzent und Komponist, der am 30. September 65 Jahre alt wird, hat den Musikgeschmack der Deutschen über Jahrzehnte getroffen - und geprägt.

Der Mann, der Dschinghis Khan erfand

Ralph Siegel war Produzent von Rex Gildo, Udo Jürgens, Peter Alexander und Katja Ebstein. Besonders stolz ist er selbst auf Dschinghis Khan. Die Gruppe hatte er 1979 erfunden, er steckte dafür den Sänger Leslie Mandoki mit freiem Oberkörper in einen bodenlangen Mantel, ließ ihn die Hände in die Luft werfen und rufen "Hu! Ha!" Mit dieser Idee und einer mitreißenden Melodie holte Siegel beim Eurovision Song Contest Rang vier - der Nachfolgehit Moskau wurde zum Welterfolg. In den 1970er Jahren schaffte er mit der Single Fly Robin Fly von Silver Convention einen Nummer-eins-Hit in den USA.

Siegel schrieb und produzierte mehr als 2000 Lieder. Krönung seiner Karriere war der Triumph beim Grand Prix: Im Jahr 1982 gelang ihm mit der Sängerin Nicole und Ein bisschen Frieden der erste deutsche Sieg.

Seitdem ringt er um eine Widerholung. Immer wieder schickte er Kandidaten an den Start, aber nie wieder gelang es ihm, noch einmal ganz Europa von seinen Hits zu überzeugen. "Seit 1982 laufe ich der Idee hinterher, den Grand Prix vielleicht doch noch einmal zu gewinnen", sagte er selbst einmal. Es scheint ihn sehr zu schmerzen, dass Stefan Raab ihm den Rang abgelaufen hat: In den vergangenen Jahren wurde Siegel kaum mehr als Komponist wahrgenommen, jüngeren Leuten ist er häufig nur noch als Vater einer Dschungelcamp-Teilnehmerin bekannt.

Zu seinem 65. Geburtstag hat Siegel aber auch Gutes zu verkünden: Er hat seine Krebserkrankung überstanden. "Dass Ralph an diesem Krebs sterben kann, geht nicht mehr", berichtete seine dritte Frau, die 29 Jahre jüngere Sopranistin Kriemhild, der Bild am Sonntag. Sie gab jüngste Aussagen von Siegels Ärzten wider. Im schlimmsten Falle drohten ihm neue Bestrahlungen, ansonsten liege seine Prognose bei noch 20 bis 25 Jahren Lebenszeit.

Diese Zeit wird er vielleicht nutzen, um noch seinen Vater einzuholen: Ralph Maria Siegel, der ebenfalls Komponist und Musikverleger war, schrieb im Lauf seines Lebens 3000 Unterhaltungskompositionen, zumeist Schlager. Zumindest will Ralph Siegel weitermachen mit der Musik. Dem SZ-Magazin sagte er im Interview im April, er wolle auch in Zukunft Musik schreiben und fügt hinzu: "Wenn ich aufhöre zu arbeiten, falle ich tot um."

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