Pro und contra Karneval zum 11.11.:Der Punk unserer Vorfahren

Da marschieren sie wieder, die Närrinnen und Narren - Lust oder Last? Wenn am 11.11. Karneval oder Fasching beginnt, ist das für die einen Auftakt zur schönsten Zeit des Jahres und für die anderen ein Graus.

Ruth Schneeberger und Bernd Graff

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Karneval

Quelle: AP

Da marschieren sie wieder, die Närrinnen und Narren: Wenn am Elften im Elften, also am 11. November, in den Karnevalshochburgen dieses Landes auf den Straßen gefeiert wird, was das Zeug nicht hält, dann ist das der Startschuss zur Karnevalssession 2013. Für die einen beginnt damit die schönste Zeit des Jahres, mit ausgelassenem Spaß, bunten Kostümen und bester Laune - für die anderen sind die wildgewordenen Horden kostümierter Jecken ein abschreckendes Relikt aus grauer Vorzeit und höchstens noch peinlich, wenn sie nicht so überflüssig wären. Wir wollen die Meinungsfreiheit nicht zu Grabe tragen, wie die Düsseldorfer Narren auf dem Bild (2006), sondern ihr stattdessen höchsten Tribut zollen - mit einem Pro (von Ruth Schneeberger) und einem Contra (von Bernd Graff) zum Thema Karneval. Lieben Sie Fasching oder gehören Sie zu den Karnevalshassern? Stimmen Sie mit ab!

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Pro und contra Karneval zum 11.11.:Contra: Karneval hat nichts mehr mit Tradition zu tun

Merkel Receives Carnival Couples

Quelle: Getty Images

Der Karneval, liebe Närrinnen und Narralesen, der bei euch auch Fastnacht, Fasnacht, Fasching oder fünfte Jahreszeit genannt werden kann, der Karneval also war einmal, und wir wählen hier bewusst die Vergangenheitsform, eine Haltung. Eine vielleicht obrigkeitsgetriebene Haltung, auf jeden Fall aber eine von Mondphasen getriebene. Warum war das so? Karneval ist deshalb ein bewegliches Fest, weil Ostern ein bewegliches Fest ist. Karneval hatte also mal mit Ostern zu tun, und zwar so, dass das Ende dieser närrischen Zeit stets in die Mitte der Woche nach dem siebten Sonntag vor Ostern fiel. Das Ende der närrischen Zeit begeht man am Aschermittwoch, an dem bekanntlich alles vorbei ist, was natürlich Blödsinn ist, denn mit dem Aschermittwoch beginnt die Fastenzeit. "Bedenke Mensch, dass du Staub bist," sagt da der Priester, "und zum Staub zurückkehrst" (Gen 3,19 EU), auf lateinisch sagt er es so: "Memento homo, quia pulvis es, et in pulverem reverteris." Aschermittwoch also ist frühestens an einem 4. Februar und spätestens an einem 10. März. Und das ist so, weil eben Ostern vom Mond abhängt, genauer: Ostern fällt immer auf den Sonntag nach dem ersten Frühjahrsvollmond, im Gregorianischen Kalender also frühestens auf den 22. März und spätestens auf den 25. April. Man muss hier nicht in die Tiefe gehen und das Osterfest in Abhängigkeit von der jüdischen Pessachwoche darlegen. Fest steht aber: Der erste Vollmond nach dem 20. März (Frühlingsbeginn) bestimmt den Sonntag des Osterfestes, dieses bestimmt den davorliegenden Aschermittwoch mit der Fastenzeit und diese den Karneval.

Damit ist klar: Da hängen verschiedene Dinge miteinander zusammen, die alle NICHTS  mit Kölsch im Glas und Prunksitzungen zu tun haben. Und darum WAR Karneval mal eine Haltung. Denn die Dinge hängen nicht mehr zusammen. Tun sie zwar schon, aber das weiß keiner mehr, das lebt auch fast keiner mehr.

Im Bild: Angela Merkel (links) beim Karneval in Berlin, 2012

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Pro und contra Karneval zum 11.11.:Pro: Karneval ist gelebte Tradition

Sambatänzerin zu Karneval in Rio

Quelle: dpa

Die Forschung ist sich heutzutage nicht mehr ganz sicher, wo genau der Karneval seine Wurzeln hat. Als nicht mehr so beliebt wie früher gilt die Annahme, dass keltische Völker sich als Naturwesen verkleideten, um alljährlich im Frühling den Winter den Garaus zu machen (weil germanische Theorien im Nationalsozialismus Hochkonjunktur hatten, ist man heute damit lieber vorsichtig). Überliefert ist aber, dass karnevalsähnliche Feste wohl schon im 3. Jahrtausend v. Chr. gefeiert wurden (eine altbabylonische Inschrift beschreibt ein siebentägiges Fest des Priesterkönigs Gudea: "Kein Getreide wird an diesen Tagen gemahlen. Die Sklavin ist der Herrin gleichgestellt und der Sklave an seines Herrn Seite. Die Mächtige und der Niedere sind gleichgeachtet"). Ägypter und Griechen begingen von jeher das Erwachen der Natur mit ausgelassenen Festen. Und auch die alten Römer tauschten zu Ehren des Gottes Saturnus einmal im Jahr für drei Tage die Rollen: Bei öffentlichen Gelagen, zu denen jeder eingeladen war, saßen Sklaven und Herren gemeinsam am Tisch, aßen, tranken und feierten, durften das freie Wort erheben und bewarfen sich mit Rosenblättern - den Vorfahren der heutigen Konfetti. Auch farbenprächtige Umzüge mit geschmückten Schiffswagen gab es damals schon. Sogar Hinrichtungen wurden für diese tollen Tage verschoben.

Im Mittelalter wurden kirchliche Rituale parodiert, niedere Kleriker schlüpften in ranghöhere Rollen, wählten Pseudopäpste oder ernannten zum Spaß ein Kind zum Bischof. Die im Mittelalter aufkommende Fastnacht wird auf die Lehren des lateinischen spätantiken Kirchenlehreres Augustinus von Hippo (354 - 430 n. Chr.) zurückgeführt und auf sein Werk  "De civitate Dei" (Vom Gottesstaat): Demnach steht die Fastnacht für die "civitas diaboli", den Staat des Teufels. Die Kirche duldete das wilde Fest vor der Kirche aus erzieherischen Gründen: Um zu zeigen, dass die teuflischen Machenschaften und auch der Mensch vergänglich sind und am Ende doch nur Gott obsiegt. Der Aschermittwoch, an dem deshalb alles vorbei sein muss, soll die unausweichliche Rückkehr zu Gott versinnbildlichen. Deshalb wurden ausufernde und gotteslästerliche Szenen während der Fastnacht geduldet, ein Weiterfeiern am Aschermittwoch hingegen streng geahndet. Im 15. Jahrhundert wurde aus diesem Grund der "Narr" in die Fastnacht eingeführt - um die Vergänglichkeit zu verdeutlichen. Mit der Reformation trat der Fastnachtsgedanke in den Hintergrund, dorch der Karneval lebte weiter: Auf Schlössern und an Fürstenhöfen vergnügte man sich auf rauschenden Karnevalsfesten mit an die italienische Kommödie angelehnten Masken, während Bürgertum und Bauern närrische Maskenbälle und Straßenkarneval veranstalteten.

Die Nationalsozialisten missbrauchten den Karneval später zu Propagandazwecken - und um ihn zu kontrollieren. In dieser Zeit wurden kaum noch regimekritischen Äußerungen geduldet.

Heutzutage tun wir gut daran, den Karneval nicht als ein spießbürgerliches Überbleibsel kleinbürgerlicher Herrschaftsphantasien zu verteufeln. Wir sollten uns lieber daran erinnern: Der Karneval erinnert uns daran, dass nicht alle Verhältnisse gottgegeben sind, dass auch alles hätte ganz anders kommen können, wir durchaus mal in andere Rolle schlüpfen können, und sei es nur für einen Tag. Und nicht zuletzt ist der Karneval ein gelungener Anlass, zu feiern. Dass der Winter vorbei ist. Und dass das Leben schön ist. So wie in Rio. Und eben auch in Köln, München oder sogar Düsseldorf.

Im Bild: Karneval in Rio, 2008

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Pro und contra Karneval zum 11.11.:Contra: Kostümierung

Chinesenfasching in Dietfurt

Quelle: dpa

Es ist festzuhalten, dass Karneval nichts mit Verkleidung und Kostümierung zu tun hat. Wäre das so, dann begönne die herrlich närrische Zeit Mitte September in München. In der bayerischen Hauptstadt wird dann nämlich das Oktoberfest begangen, auf dem die Menschen über Wochen so lustig verkleidet rumlaufen, wie sonst nur die Spaliersteher beim Kölner Rosenmontagszug. Und ganz genau so, wie der Rosenmontagszug dort mit dem Satz "D'r Zoch kütt" beginnt, hebt das Oktoberfest mit dem Ausruf des Münchner Oberbürgermeisters nach dem Fassanstich an: "O'zapft is!". Danach wird hier wie dort zu viel getrunken und falsch gesungen von den lustig verkleideten Besuchern. Und genau so, wie in Köln der Spuk am Aschermittwoch verschwunden ist, genau so verschwinden in München die drolligen Dirndl und Vatis zu eng gewordene Krachlederne wieder aus dem Straßenbild, wenn die letzte Oktoberfestmaß denn endlich getrunken ist.

Im Bild: Karneval 2012 in Dietfurt, Besucher als Bayer und Chinese bemalt

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Pro und contra Karneval zum 11.11.:Pro: Kostümierung

Faschingsdienstag auf dem Viktualienmarkt

Quelle: dpa

Natürlich ist das hundertste Clownskostüm langweilig, Teufelchen oder Matrosen hat man auch schon zur Genüge gesehen. Festzuhalten bleibt aber auch, dass in Hochburgen des Karnevals, wie zum Beispiel in Köln, die Menschen sich monatelang in mühevoller Kleinarbeit Kostüme basteln, die kein Mensch je zuvor zu Gesicht bekommen hat. Deshalb macht es einfach Spaß, ob nun selbst in Verkleidung oder als passiver Beobachter, am Rosenmontag durch die Stadt zu ziehen und das Ergebnis dieser tausendfachen Bemühungen zu bewundern. Immer wieder überraschend, bezaubernd, berauschend und ansteckend, wieviel Liebesmüh und Lebenslust in diesen Kostümierungen steckt. Und nicht zuletzt sind die Karnevalswagen, an denen Wagenbauer und Vereine monatelang herumschrauben, nicht selten mit gelungener politischer Botschaft versehen.

Im Bild: Faschingsdienstag auf dem Viktualienmarkt in München, 2012

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Pro und contra Karneval zum 11.11.:Contra: Karneval im TV

Karneval in Köln

Quelle: WDR/Fulvio Zanettini

Karneval hat nichts mit Verkleidung zu tun - was aber mit dem Fernsehen? Die Antwort darauf wurde schon verfasst und ist HIER zu lesen: "Das ist nicht einmal mehr Karnevalsersatz-Surrogat, das ist: Wir geben ihrem Lachen einen Keller." Karneval hat also nichts mit Fernsehen zu tun.

Im Bild: Große ARD-Fernsehsitzung 2006

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Pro und contra Karneval zum 11.11.:Pro: Karneval im TV

Boersenfastnacht

Quelle: ddp

Man kann ja froh sein, dass der Karneval auch im Fernsehen übertragen wird. Für all die Närrinnen und Narren, die gerne dabei wären beim fröhlichen Treiben, aber stattdessen arbeiten müssen oder krank im Bett liegen. Die anderen können doch einfach abschalten - oder selbst feiern.

Im Bild: Wertpapierhändlerin zu Karneval in Frankfurt, 2010

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Pro und contra Karneval zum 11.11.:Contra: Der Elfte im Elften

Karnevalsreste

Quelle: dpa

Was aber hat Karneval mit dem 11.11, 11:11 Uhr zu tun? Erst einmal gar nichts, denn Karneval hat mit dem Aschermittwoch zu tun und meinte die "tollen Tage" ab dem Donnerstag davor (vulgo: "Weiberfastnacht"). Interessant an dem Tag ist die Zahl 11. Also für alle, die ihren Karneval vergessen haben, ist die Elf eine Art Anker. Ab der Mitte des 19. Jahrhunderts gilt der 11.11. als Termin der Einläutung der "närrischen Saison", und zwar nicht deshalb, weil man da schon mal Trinken üben kann auf öffentlichen Plätzen, denn nach dem 11.11. ruht die frisch ausgerufene Saison ja erst einmal wieder bis zum 1. Januar des nächsten Jahres. Die Elf ist deswegen wichtig, weil sie wie "Eins und Eins" oder "Eins gleich Eins" gelesen wird: Jeder Jeck ist zwar anders, aber Jecken sind sie alle, also gleich. Noch der "Elfer-Rat" in den Karnevalsgesellschaften pointiert diese Zahl: Sie bestehen aus 11 Vorstandsmitgliedern einschließlich des Präsidenten. Die Elf verkörpert also die ständelose, Hierarchien sprengende Universalgleichheit aller Pappnasenträger vor dem Dreigestirn: "Der König ist sein Narr, der Narr sein König", will man damit sagen, aber nicht in einer ur-demokratischen Anverwandlung, sondern in einer anarchistischen. Karneval ist eigentlich mal der Punk unserer Vorfahren gewesen, ein lauter, chaotischer, orgiastischer Tanz auf dem Vulkan, bevor es ans "Staubwerden" des Aschermittwochs und das ewige Fasten ging. Es war die schrankenlose Expansion des nicht mehr domestizierten Ich in ein Wir aus lauter Gleichen vor dem Rückfall in die Verantwortlichkeit, seine eigene Seele ja doch selber und allein retten zu müssen und jeweils daran zu glauben, dass sie gerettet werde. Ostern ist dafür das Sinnbild.

Im Bild: Karnevalsreste in Düsseldorf, 2010

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Pro und contra Karneval zum 11.11.:Pro: Der Elfte im Elften

Rosenmontag in Düsseldorf

Quelle: dpa

In Köln ist das ganze Jahr Karneval. Ein Vorurteil - aber es stimmt. Was genau soll daran schlecht sein? Wem es nicht behagt: Einfach zu Hause bleiben, oder in eine Stadt ziehen, die von Melancholie beherrscht wird, davon soll es ja auch einige geben auf dieser Welt. Der Elfte im Elften gibt nur den öffentlichen Startschuss für die Vorbereitungen auf das närrische Treiben im Frühjahr. Man kann sich also schon mal warmlaufen zum Winterstart - und ein bisschen vorfeiern. Und freuen. Auf das, was am Ende des Winters kommt.

Im Bild: Karnevalisten werfen Bonbons, Düsseldorf 2012

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Pro und contra Karneval zum 11.11.:Contra: Fleischeslust

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Quelle: APN

Die Etymologie erkennt im Wort Karneval die Ableitung vom mittellateinischen "carne levare" (Fleisch wegnehmen), daraus sei "carnelevale" geworden, weil in der Fastenzeit das Fleisch ja auch wegging, erst auf dem Teller, dann allmählich auch an den Hüften der Fastenden. Manche glauben aber auch, dass das Wort von "carne vale!" kommt, ebenfalls lateinisch und es meint "Fleisch, lebe wohl!" Diese Ableitung kann sich auch auf die griechische Bezeichnung des Karnevals als Apokries berufen, was "Fleisch vorbei" bedeutet.

Weil das also so ist, weil Karneval unmittelbar mit den Ereignissen, die ihm folgten, zusammenhing, darum war Karneval eine Haltung. Man mag sie ganzheitlich nennen. Denn sie bezog mehr mit ein als das Kostümieren, Trinken, Kinderschminken, den schnellen Sex und den großen Kater. Nimmt man das nur für sich, so, wie es in deutschen Städten ab dem 11.11. an jedem Jahr der Fall ist, besteht kein wesentlicher Unterschied zu den Ganzjahresereignissen im Ballermann 6 zu Mallorca oder eben dem Münchner Oktoberfest, das ja auch nur eine Trachtensimulationsveranstaltung ist, sinnbildlich am besten in jenen T-Shirts zu fassen, auf die eine Lederhose nur aufgedruckt ist.   

Im Bild: Funkemariechen in Mainz, 2010   

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Pro und contra Karneval zum 11.11.:Pro: Fleischeslust

'Saarlaendische Narrenschau'

Quelle: dapd

Zum Thema Fleischeslust nur so viel: Alles kann, nichts muss. Mehr gibt es dazu in Bezug auf Karneval nicht zu sagen. In den Köpfen so mancher Karnevalshasser scheint jedoch das Klischee vom zwanghaft lustigen, stets paarungswilligen und vor allem unfassbar triebgesteuerten Narren vorzuherrschen. Natürlich enthemmt Alkohol so manchen Jecken. Das ist aber auf dem Oktoberfest nicht anders - und muss nicht automatisch in sexuelle Handlungen münden. Hier geht es um Spaß. Und auch um Begeisterungsfähigkeit. Da spielen noch andere Faktoren eine Rolle als der für manche unermüdliche Fortpflanzungsdrang. Für den viele Närrinnen und Narren am Ende eines langen und lustigen Tages sowieso viel zu erschöpft sind. Und wenn dann doch beim einen oder anderen während der tollen Tage genau die Hemmungen fallen, die er den Rest des Jahres gründlich pflegt: Ist vielleicht nicht immer das schlechteste, im ansonsten eher unterkühlten Deutschland. Angeblich soll auch ein Anstieg der Geburtenrate im Oktober/November in rheinischen Gegenden mit dem Karneval zusammenhängen. Was erklären könnte, warum Angela Merkel sich begeistert auf Karnevalsfestivitäten zeigt (sh. Bild 2). Weil Deutschland ja Nachwuchs braucht.

Im Bild: Funkemariechen in Merzig, 2012

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Pro und contra Karneval zum 11.11.:Contra: Karneval im Winter

Karneval in Rio

Quelle: dpa

Was folgt daraus? Es heißt nicht: Den Karneval verbieten oder abschaffen zu wollen, weil die Haltung bedeutungslos geworden ist. Es heißt nicht, zurück in die Arme der Sancta Ekklesia, die für Fasten und Ostern zuständig ist, zurückzukehren, damit man wieder Haltung und folglich den Karneval zurückgewinnt. Es ist keineswegs so, dass der Satz des Cyprian von Karthago aus dem dritten Jahrhundert noch irgendeine weiter reichende Geltung beanspruchen kann: "Extra ecclesiam nulla salus" (Außerhalb der Kirche gibt es kein Heil) Aber so ungebunden, wie er sich jetzt darstellt, ist Karneval heute nur noch eine leere Hülle, eine Form ohne Inhalt. Das kann man mit absolutem Recht so lassen. Aber dann muss man den Karneval auch nicht mehr länger an die Fasten- und anschließende Osterzeit binden. Für das bisschen Alltagsanarchie der Fahrzeughalter sollten unsere Kinder im Februar nicht mehr in Kostümen frieren müssen. Das kann man auch verlegen. Und so steht am Ende dieses Contra-Karneval-Artikels nicht: Schafft den Karneval ab. Ganz und gar nicht. Sondern verlegt ihn in den Juli! Da friert man nicht, kann noch lustiger sein und sechs Wochen später oder so feiern wir weiter auf dem  Oktoberfest. Ist eh' dasselbe. Nur die Masskrüge sind größer als Kölschgläser. Und das schadet ja auch niemandem.

Im Bild: Karneval in Rio, 2011 

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Pro und contra Karneval zum 11.11.:Pro: Karneval im Winter

Rose Monday Is Highpoint Of Carnival Season

Quelle: Getty Images

Dass der Karneval am Ende des Winters stattfindet, ist genau richtig. Denn germanische Theorien hin oder her: Es macht einfach Sinn, die kalte Jahreszeit öffentlich und mit viel Lärm zu verabschieden und die Frühlingsstrahlen gemeinschaftlich zu begrüßen. Außerdem: Würden wir mitten im Hochsommer Karneval oder Fasching oder Fastnacht feiern, wären wir wohl kaum in der Lage, unsere aufwändigen Kostüme zu ertragen, tanzend und lachend und schwitzend, wie wir dann wären. Ein bisschen Vermummungseffekt gehört schon dazu, es will auch nicht jeder immer erkannt werden im Rummel, das ist ja der Sinn der Sache, die eigene Rolle und das eigene Äußere einmal im Jahr ablegen zu können. Halbnackt und bei tropischen Temperaturen bliebe uns nur der Bikini, wie in Rio (sh. Bild 3). Und das wäre ja langweilig - und bisweilen auch unangebracht. Oder?

Im Bild: Bunter Hund in Köln, 2012

© Süddeutsche.de/rus/lala
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