Prepper:Willkommen im Luxusbunker

Bombensicherer Bunker für den kommenden Weltuntergang nach dem Mayakalender

Ab nach unten: Dieser private Bunker in Montebello, Kalifornien, ist mit Parkett und Gemeinschaftsbad eher Standardausführung.

(Foto: action press)

Immer mehr Menschen wappnen sich für den Fall einer globalen Katastrophe. Wer Geld hat, setzt auf hochgerüstete Bentleys und Immobilien in Neuseeland.

Von Marten Rolff

Für die Welt ist es zweieinhalb Minuten vor zwölf. Das jedenfalls zeigt seit dem 26. Januar die "Doomsday Clock" an, eine symbolische Uhr, auf der eine Gruppe Atomwissenschaftler, unter ihnen etliche Nobelpreisträger, regelmäßig ihre Einschätzung zum aktuellen Risiko einer globalen Katastrophe veranschaulichen. Trump, Klimawandel, IS-Terrorismus, Syrien, Nordkorea, Cyberattacken - die Zukunft ist nach Forschermeinung düster, die zweieinhalb Minuten sind der alarmierendste Wert seit 1953, dem Jahr, in dem die USA die Wasserstoffbombe testeten; damals stand die Uhr auf zwei Minuten vor zwölf.

Man kann die Doomsday Clock für Panikmache halten oder für eine wichtige Mahnung, eines scheint sicher zu sein: Schneller als jedes Krisenrisiko steigt gerade die Zahl der Menschen, die sich für den Eskalationsfall wappnen. Sollte die Wirtschaft kollabieren, sozialer Aufruhr die Gesellschaftsordnung erschüttern oder der Pegel der Ozeane bedrohlich ansteigen, dann gibt es da für viele einen Plan B. Die Flucht per kugelsicherem Helikopter und U-Boot zum Bunkerversteck in Neuseeland zum Beispiel. Oder, für weniger Solvente, die Verteidigung des stahltürgesicherten Vorratsraums im Keller mit Pfeil und Bogen.

Prepper (vom englischen be prepared - bereit sein) werden Menschen genannt, die sich privat auf jede erdenkliche Form des Ernstfalls vorbereiten. Der Begriff soll bereits im Sezessionskrieg entstanden sein, etabliert hat er sich während des Kalten Krieges, als Staatsoberhäupter dazu aufriefen, sich gezielt Vorräte anzulegen. Neu ist dagegen die Beförderung des Preppens zu einer Art Lebensstil - mit vielen Facetten, schließlich macht es einen Unterschied, ob der Betroffene den Survivalism eher als Outdoor-Hobby, als anspruchsvolles Rollenspiel oder als Prestigefrage begreift, oder ob er gar ernsthafte Paranoia schiebt.

Mit dem Raviolidosenhorter von einst hat der heutige Prepper nichts mehr zu tun. Einschlägige Foren im Netz (bei uns zum Beispiel seit 2013 die Prepper Gemeinschaft Deutschland, PGD) stilisieren private Krisenachtsamkeit nun als höhere Bewusstseinsstufe. Unbestritten ist, dass eine wachsende Industrie an der Angst vor dem Untergang exzellent verdient.

Das US-Magazin New Yorker beschrieb Ende Januar in einer Reportage, wie sich die Manager-Elite von Silicon Valley oder Manhattans Bankenszene angesichts der wachsenden Spaltung ihres Landes auf einen möglichen "Zusammenbruch der Zivilgesellschaft" vorbereiten. Der Kauf von Immobilien in krisensicheren Gebieten, so heißt es dort, gehöre in vielen Führungszirkeln neuerdings ebenso dazu wie der Austausch über Exit-Strategien auf Dinnerpartys. Und der Evening Standard bemerkte, deutlich krachiger im Ton, zu den Fluchtfantasien des Londoner Geldadels: Für dessen Bedürfnisse "gibt es eine ganze Armee von James-Bond-Qs (der Name des Tüftlers aus der Agentenreihe, Anm. d. Red.), die Sicherheitssysteme und allerlei technischen Schnickschnack entwickeln, von denen 007 nicht mal träumen konnte."

Neuseeland: Zufluchtsort für High-Performance-Prepper

Niemals auf andere angewiesen sein müssen, lautet ein vielseitig auslegbarer Kerngedanke des Preppens. Entsprechend breit gefächert sind die Maßnahmen: Der nachhaltige Zahnarztbesuch gehört ebenso dazu wie Selbstverteidigungstrainings oder das Lasern der Augen, denn in ernsten Krisen "ist die Chance, Kontaktlinsen oder eine Brille zu kriegen, für den Arsch", wie ein CEO dem New Yorker sagte. Auch beliebt bei Preppern sind Bogenschützen-Kurse, weil sich Pfeile (zum Jagen oder zur Abwehr) im Gegensatz zu anderer Munition wiederverwenden oder notfalls selber herstellen lassen. Und als in Städten besonders realistisches Fluchtfahrzeug gilt das Motorrad, das sich im Katastrophenfall gut durch jeden Panikstau Emmerichschen Ausmaßes manövrieren lässt.

Je höher das Budget für den Plan B, desto größer die Diskretion, lautet eine Faustregel. Während sich der gewöhnliche Prepper also in offenen Foren über Drohnen-Bausätze oder Krisenvokabeln austauscht (Bug in: das Verschanzen in gewohnter Umgebung, Bug out: das Verlassen derselben), sind die Codes im gehobenen Segment schwer zu lesen. So sieht etwa nur der Kenner, ob ein Bentley vom Schweizer Auto-Aufrüster Ares (benannt nach dem griechischen Kriegsgott) gepimpt wurde. Handgenähte italienische Ledersitze lassen eher auf ein ziviles Luxusfahrzeug schließen, während die geschliffenen Karosseriekanten neuerdings darauf hindeuten, dass ein Stahl-Carbon-Panzer integriert wurde und die Reifen wohl schusssicher sind.

In Führungskreisen der Hedgefonds- und Technologiesparte gilt zudem das Interesse an einer Immobilie im sauberen, sicheren und abgelegenen Neuseeland als klarer Prepper-Code. Die Grundstücksverkäufe vor allem an amerikanische Investoren befanden sich dort zuletzt im Allzeithoch, und neuseeländische Politiker befürchten, dass ihre egalitäre Demokratie zur Zuflucht für High-Performance-Prepper verkommt. Gerade verlangte die Opposition Aufklärung darüber, ob bei der Vergabe eines neuseeländischen Passes an den US-Facebook-Milliardär Peter Thiel und dem Bau von dessen Luxuswohnanlage bei Wanaka (13,5 Millionen US-Dollar) alles mit rechten Dingen zugegangen sei.

Preppen ist Mathematik

Dass es Alternativen zum heilen "Hobbit"-Land gibt, zeigt die Internetseite des Survival Condo Project im US-Bundesstaat Kansas. Dort wurde ein 15-geschossiger Bunker mit individuell gestalteten Luxusapartments für den Krisenfall in den Boden einer ausrangierten Armee-Basis versenkt - Pool, Antidepressions-LEDs, Fischzucht, OP-Tisch, Wachdienst und Transfer im Militärfahrzeug inklusive. Laut Angaben sind alle Einheiten der Anlage verkauft, ein neues Projekt ist in Planung.

Es ist natürlich kein Zufall, dass überproportional viele Kunden aus Finanz- und Technologieberufen stammen. Denn Preppen mag paranoid sein, es ist aber auch Mathematik: eine kühl kalkulierte Wette auf die Zukunft. Was nicht heißt, dass es um Logik geht. Denn hockt man im Ernstfall dann im 15. Bunkeruntergeschoss vor der Anti-Depressionslampe und genießt die Aussicht aus dem Fake-Fenster (sehr beliebt: das Vier-Jahreszeiten-Video vom Central Park), dann kann man schon ins Grübeln geraten: Wäre all das schöne Geld nicht besser in die Krisenlösung als in private Vorsorge investiert?

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