Pooth wirbt für Kik:Verona im Ausverkauf

Verona könnte sich finanziell durch den Werbevertrag mit einem Textildiscounter sanieren. Ob ihr hart erarbeitetes Image das jedoch überlebt, ist fraglich.

Violetta Simon

Nach dem Rückzug des Marmeladenherstellers Schwartau hat sich für Verona Pooth eine neue Einnahmequelle eröffnet: Der Textildiscounter Kik hat der Werbe-Ikone ein millionenschweres Angebot unterbreitet. Das Unternehmen, das als offizieller Hauptsponsor des Fußballbundesligisten VfL Bochum fungiert, bezahlt seine Angestellten mit Dumpinglöhnen und kauft Ware von Billigproduzenten - ein T-Shirt für etwa 30 Cent, der Schnäppchen jagende Kunde bekommt es für 1,99 Euro. Die Läden sind trist und verfügen nur über Notkabinen - nicht unbedingt die geeignete Location für einen witzigen Werbespot. Doch die ehemalige Miss Germany hat angenommen.

verona pooth; AP

Entertainerin, Werbe-Ikone, Schlag ins Gesicht der Emanzipation: Verona Pooth seit Kurzem das neue Gesicht des Textildiscounters Kik.

(Foto: Foto: AP)

"Da ist nichts!"

Verona, die nach eigener Aussage "dem" und "den" nicht auseinanderhalten kann, ist wohl die einzige Frau in der deutschen Medienlandschaft, die dafür ernst genommen wird, dass sie weder intellektuelle noch emanzipatorische Ambitionen hegt. Als Entertainerin und Werbefigur hatte die 40-Jährige nie ein Problem damit, wenn Kritiker ihr mangelnde Intelligenz unterstellten. Im Gegenteil, das Image des Dummchens war ihr Kapital. Wichtigste Botschaft: Wer in Veronas Kopf nach Tiefgang sucht, kann lange suchen. Oder um es mit ihren eigenen Worten zu sagen: "Man versucht dauernd hinter meine Fassade zu gucken. Aber da ist nichts."

Seit der Besuch von Steuerfahndern eine Welle der Medienhysterie losgetreten hat, stand die Frage im Raum: Ist da wirklich nichts? Hat die Ehefrau des Unternehmers Franz-Josef "Franjo" Pooth mit ihrem gewinnbringenden Unschuldsblick vielleicht doch nicht nur ihre Karriere befördert, sondern gar kriminelle Machenschaften unternommen? Stand sie wirklich hinter Franjo, als er sein Unternehmen mit 14 Millionen Euro in die Pleite steuerte, oder stand sie dort nur, um ihn vorzuschieben, um von sich abzulenken?

Sicher, sie ist nicht die erste Prominente, die sich mit dem Verdacht der Steuerhinterziehung konfrontiert sah. Boris Becker wurde sogar verurteilt, doch die Sache ist längst vergessen. Er warb fröhlich weiter für AOL und fragte: "Bin ich schon drin?" - von Imageschaden keine Spur. Aber das Produkt Verona funktioniert so nicht. Sie ist die Marke Fräuleinwunder.

Mag ja sein, dass sie einen unbedarften Schlag ins Gesicht der Emanzipation darstellt, einen miesen Männergeschmack besitzt und bildungsfern ist. Doch spätestens seit der öffentlichen Auseinandersetzung mit Alice Schwarzer bei Johannes B. Kerner wissen wir: Verona ist vielleicht nicht besonders gebildet, aber dumm ist sie nicht. Souverän und ruhig hat sie sich den Vorwürfen der schäumenden Feministin gestellt, ging aus dem Gespräch als die Klügere hervor. Weil sie sich selbst treu blieb.

Cleveres Dummchen

Bekannt wurde das einstige Fräulein Feldbusch durch ihre Ehe mit Dieter Bohlen und als Moderatorin der Show "Peep". Zur Marke wurde sie erst, als sie nicht mehr gegen das Dummchen-Image ankämpfte, sondern es zelebrierte und in der Werbung zu Geld machte ("Da werden Sie geholfen!"). Und während sich Feministinnen und Fans wegen ihr die Köpfe einschlugen, verbreitete die gebürtige Bolivianerin fröhlich in der Öffentlichkeit die Botschaft: "Meine naive Art ist eine Marktlücke!".

Nachdem Schwartau sich dieser Marktlücke verweigert hatte, hat sich der Textildiscounter Kik das angeschlagene Image der Werbe-Ikone kurzerhand zunutze gemacht. Dass die attraktive Dunkelhaarige das Angebot angenommen hat, bestärkt die naheliegende Vermutung, dass sie auf das Geld angewiesen ist. Doch auch wenn angeblich immense Summen für den Werbevertrag fließen, so ist die Außenwirkung die Gleiche: Verona Pooth ist abgerutscht.

Vorbei die Zeiten, als sie für "den mit dem Blubb" und die "süßen Früchtchen" mit ihren rehbraunen Augen klimperte. Ihr Slogan lautet nun: "Man kann auch für wenig Geld clever einkaufen." Doch ist es clever, sich mit so wenig Niveau zu verkaufen?

Miese Arbeitsbedingungen

Kik betreibt mehr als 2700 Filialen in Deutschland, Österreich, Slowenien, Ungarn, Tschechien und der Slowakei. Ständig ist die Geschäftsführung auf der Suche nach immer noch günstigeren Herstellern. Zu welchen Bedingungen produziert wird, ist nicht genau bekannt, da das Unternehmen für umfassende Untersuchungen durch Wirtschaftsprüfer nicht groß genug ist.

Die Arbeitsbedingungen in Deutschland hingegen sind kein Geheimnis. Nach Angaben der Gewerkschaft Verdi erhalten Tausende Angestellte zu wenig Geld für ihre Arbeit. Erst kürzlich wurde der Discounter wegen "sittenwidriger Löhne" zu einer Gehaltsnachzahlung verurteilt. Wie der Stern in einer Reportage berichtete, werden Mitarbeiter regelmäßig auf möglicherweise gestohlene Ware kontrolliert, es gibt keinen Betriebsrat, die Filialen werden von ausgebildeten Lehrlingen übernommen, denen Aushilfen unterstehen.

Doch was bedeutet die Kampagne für Verona? Auch wenn sie nach eigener Aussage die Ware ihres Auftraggebers privat nicht tragen wird - es wäre durchaus denkbar, dass ihr Image noch mehr beschädigt wird als durch die Besuche der Steuerprüfer. Schnell könnte aus ihrer "naiven Art" eine Billigmasche werden - und für die gibt es in der Regel keine Marktlücke, denn dort haben sich bereits jede Menge andere Unternehmen positioniert, die "doch nicht blöd" sind und sich sagen: "Wir hassen teuer!".

Dass der Textildiscounter von Veronas Image profitiert, ist durchaus anzunehmen. Es gibt einen Spruch, der unter jungen Leuten als Synonym für eine zynische Beleidigung kursiert: "Deine Mutter klaut bei Kik!" Wer so tief gesunken ist, kann in der Tat nurmehr gewinnen.

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