Philosophischer Alltag:Ganz schön kompliziert

Philosophischer Alltag: "Woran glauben. 10 Angebote für aufgeklärte Menschen" von Rudolf Taschner (Brandstätter Verlag, 24,90 Euro)

"Woran glauben. 10 Angebote für aufgeklärte Menschen" von Rudolf Taschner (Brandstätter Verlag, 24,90 Euro)

In diesen schwierigen Zeiten gibt es jede Menge gute Gründe, seinen Glauben zu finden. Der Mathematiker Rudolf Taschner will uns dabei helfen. Weil das aber ein sehr komplexes Thema ist, macht er es uns mit vielen, ganz vielen Zitaten nicht immer leicht.

Von Julia Rothhaas

Kaum zu glauben. Diesen Kopfschüttel-Satz hört man dieser Tage oft, ob es nun um Tweets aus Washington geht oder um den Deppen im Audi hinter einem. Dabei will der Mensch doch so gerne glauben, irgendetwas soll ihm schließlich die Verarbeitung mit all dem Kram erleichtern. Aber an was glauben? Gute Frage. Dachte sich auch der österreichische Mathematiker Rudolf Taschner, als er zehn Angebote zu zehn möglichen Glaubensweisen verfasste, die da wären: der Aberglaube, der Glaube an die Natur, an die Geschichte, an den Genuss, an die Zukunft, an die Kirche, an die Kunst, an Gott, an das Ich und an das Dich.

Zu jedem der zehn Kapitel hat er einen Essay geschrieben, um dem Leser zu helfen, in dem von ihm beklagten durchgetakteten Alltag etwas klarer zu sehen. Das ist eine hehre Aufgabe, und so stopft der Autor jede Menge Stoff in seine Kapitel, ohne dabei ein endgültiges Urteil zu fällen in Sachen Glaube. Denn, so Taschner: Jeder Mensch habe seinen eigenen, unverwechselbaren Glauben, der sich verfestigen, wandeln oder verflüchtigen, aber nie zerbrechen kann.

Dass er nun nicht der Erste ist, der sich zu dem Thema Gedanken macht, hat sich Taschner zunutzte gemacht und von anderen klugen Köpfen viele Anekdoten und Gedanken gesammelt. Das ist streckenweise unterhaltsam, aber auch ein Problem: In diesem Buch tauchen so viele Menschen auf, dass einem am Ende ein wenig schwindelig geworden ist. Er hüpft von Niels Bohr zu John le Carré, guckt sich bei Blaise Pascal und Heinrich Heine um, blättert bei den Griechen, den Römern, den Ägyptern, und auch Nancy Reagan, Max Planck, Woody Allen und der Heilige Thomas von Aquin dürfen nicht fehlen. Am Ende sind es Hunderte Zitatgeber, der Zusammenhang zwischen den einzelnen Geschichten ist jedoch nicht immer nachvollziehbar.

Hin und wieder hat der Autor auch eine Prise Genörgel versteckt. So ärgert er sich nicht nur über Menschen, die sich "dem Rausch des als "Musik" getarnten Lärms hingeben", sondern auch über diejenigen, die keine Kinder bekommen, "dadurch ihrem Egoismus frönen und dann auf das Recht ihrer hohen Pensionen pochen". All das müsste nicht sein. Schließlich steckt der Leser gerade noch gedanklich irgendwo zwischen Moses' Gesetzestafeln und "Vom Winde verweht".

In der Summe wirkt Taschner wie jemand, der nimmermüde ist zu dozieren - ungeachtet dessen, ob das Gegenüber überhaupt zuhören möchte. Sich selbst bezeichnet er als Autor aus Leidenschaft. Was dazu führt, dass er sich mitunter verkünstelt, etwa zum Thema Windräder: "Wie einst die Türme der Kirchen, wie die Minarette der Moscheen, ragt es (das Windrad; Anm. d. Red.) nun nicht bloß als Merkmal der Energiegewinnung aus einer sauberen und erneuerbaren Quelle, sondern auch als Zeichen eines starken und tiefen Glaubens an Mutter Erde aus den Landschaften empor."

Immerhin weiß man nach der Lektüre, dass die Lieblingszahl von Rudolf Taschner die 313 ist, die Zahl des Autokennzeichens von Donald Duck. Kaum zu glauben.

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