Pestizide im Wein:Verseuchte Tropfen

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Ein Cocktail von bis zu zehn verschiedenen Pflanzenschutzmitteln ist in deutschen Prädikats- und Qualitätsweinen nachweisbar. Selbst Öko-Weine sind nicht ganz "sauber".

Das kann kein noch so vertrauenserweckendes Qualitätssiegel schön färben: Konventionell erzeugte Weine sind deutlich stärker mit Pestiziden belastet als Öko-Weine. Das ist das Ergebnis einer Untersuchung von 40 Rotweinen unter anderem aus Deutschland, Frankreich, Italien und Australien, die das Pestizid-Aktionsnetzwerk PAN Europe am Mittwoch in Brüssel vorstellte.

Eigentlich soll Wein ein Genuss sein, doch mitunter trinkt man eine gehörige Portion Pflanzenschutzmittel mit. (Foto: Foto: iStockphotos)

In deutschen Prädikats- und Qualitätsweinen fanden die Tester demnach einen Cocktail von bis zu zehn verschiedenen Pflanzenschutzmitteln. Die geltenden Höchstgrenzen wurden allerdings in keinem Fall überschritten. Während die Grünen im Europaparlament schärfere Gesetze forderten, warnten Unionspolitiker vor Panikmache.

Während von sechs untersuchten Öko-Weinen fünf keine Rückstände hatten, waren nach Angaben der Tester in allen 34 untersuchten Weinen aus traditioneller Herstellung Pestizide nachweisbar. Der Preis spielte dabei keine Rolle: Pflanzengifte fanden sich auch in zwei Flaschen französischen Spitzenweins, die jeweils mehr als 200 Euro kosten.

"Wahrscheinlich" krebserregend

In einem beanstandeten Öko-Wein aus der französischen Bourgogne führten die Tester die Rückstände auf die Verunreinigung angrenzender Felder zurück. PAN ist ein Netzwerk von weltweit mehr als 600 Organisationen vor allem aus dem Umweltbereich. Es wurde bei der Studie von Gruppen wie Greenpeace Deutschland unterstützt.

Bestimmte Pestizide stehen im Verdacht, Krebs zu erzeugen und das Erbgut zu verändern. Dabei gibt es aber noch große Erkenntnislücken. So fanden die Tester in den zehn untersuchten deutschen Weinen aus Rheinhessen, Württemberg oder der Pfalz und auch in den österreichischen Weinen zwar Substanzen, die in den USA als "womöglich" oder "wahrscheinlich" krebserregend eingestuft werden. In der EU gibt es aber bisher keine entsprechende Klassifizierung. In Weinen aus Frankreich, Italien, Chile oder Südafrika waren dagegen Pestizide nachweisbar, die auch nach EU-Einschätzung Krebs erzeugen können. Die Stoffe überschritten allerdings nicht die erlaubten Grenzwerte.

Die Tragweite der Studie ist deshalb im Europaparlament umstritten. Die Grünen-Abgeordnete Hiltrud Breyer sprach von "alarmierenden und schockierenden Ergebnissen". Sie forderte schärfere Regeln im laufenden Gesetzesverfahren zum Verbot besonders gefährlicher Pflanzengifte. Die CDU-Europaabgeordnete Christa Klaß warnte dagegen vor falschen Schlussfolgerungen: "Nach bestehendem Gesetz sind die Weine völlig unbedenklich", sagte sie. Sollte es doch Gesundheitsrisiken geben, müsse die EU allerdings über schärfere Zulassungsverfahren nachdenken.

Auch das Pestizid-Aktionsnetzwerk wollte nicht so weit gehen, Weinliebhabern zum Verzicht zu raten: "Wir können niemandem sagen: Trink keinen Wein mehr", sagte PAN-Mitarbeiter Elliott Cannell.

Allerdings seien alle Weinbauern aufgefordert, den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln deutlich zu drosseln. Nach PAN-Angaben werden auf Europas Weinstöcken 20 Prozent aller Pestizide versprüht - dagegen stehen sie nur für drei Prozent der Ackerfläche.

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