Pamela Anderson:Die Badenichtse

Diese Frau kennt jeder, und die ganze Welt kennt die Essenz ihres Wesens. Es ist rot, anschmiegsam und bietet geringen Reibungswiderstand in der Brandung.

Christoph Gröner

Ihre größte Leistung besteht bis heute darin, in Zeitlupe über den Strand zu laufen und davon zu leben. Imposant ist Pamela Andersons Auftritt als C. J. Parker in der Strandserie "Baywatch" gleichwohl: Sie wird in der kollektiven Erinnerung auf ewig über die Bucht blicken und zur orangefarbenen Boje greifen - die anderen Schönheiten der Serie, deren Handlungszentrum austrainierte Sixpacks und ausladende Oberweiten waren, sind längst vergessen.

Pamela Anderson; dpa

Pamela Anderson: Beim Casting für "Baywatch" musste sie gar nicht vorsprechen.

(Foto: Foto: dpa)

Anderson nahm den Weg von der kanadischen Landpomeranze zur Busenmillionärin über den Strand von Malibu. So kommt man einsame zwölf Mal auf den Playboy, nur so wird man als "most downloaded" im Guiness-Buch der Rekorde geführt, frei übersetzt, die meistgeladene Person ihrer Zeit. Hui, scharf.

Lange Zeit vermittelte sie einem wie keine zweite öffentliche Person das Gefühl, ihre privaten Seiten gut zu kennen, ihr Leben schien stets Platz auf einem Bunny-Steckbrief zu finden. Wenn man die Biographie ihrer Webseite liest, ist man heute überrascht: "Model, Schauspielerin, Mutter, Unternehmerin, Philantrophin und Aktivistin." Als Aktivistin wird sie der Nachwelt trotz einer Renitenz bei der Verteidigung der Tierwelt, die selbst Brigitte Bardot gefallen dürfte, kaum in Erinnerung bleiben.

Sie ist vor allem das Abbild einer Frau, perfekter als die Wirklichkeit, (auf dem Chirurgentisch) gemacht zum Ansehen, millionenfach digital verbreitet, verändert, konsumiert. Für einen Werbespot zog sie sich Mitte 2007 noch einmal den "Baywatch"-Anzug an. "Es ist, als wäre die Zeit stehengeblieben", schrieb die Bild damals.

Von Beruf: sexy

Nicht ganz: Die Schauspielerin wurde intensiv digital nachbearbeitet. Passend für Anderson, die sich schon immer gern zum Männertraum modellieren ließ: "Mein Beruf ist es, sexy auszusehen", sagte sie 1998 zu Jetzt. "Glauben Sie, wenn ich in 'Baywatch' so ausgesehen hätte, wie ich morgens aussehe, könnte ich heute in Hollywood ein tolles Haus mit Pool haben?"

Das weltweit berühmteste Sexsymbol, das stets hart an sich arbeitet, konnte nirgendwo anders als am Strand zu sich selbst finden, in diesem klar geschnittenen roten Badanzug: Die schutzbedürftige Blondine im Aufzug der Retterin; das sportlich-asexuelle Kleidungsstück an der Sexbombe; die Andeutung in einer Zeit, in der sonst alles zu sehen ist. Wobei sie freilich das Zeigbare so weit wie möglich ausdehnte - und abseits der Serie mehr zeigt.

Aber Baywatch wurde dank ihr zur erfolgreichsten US-Fernsehserie aller Zeiten: Auf dem Höhepunkt verfolgten wöchentlich in 144 Ländern mehr als eine Milliarde Zuschauer die Abenteuer dieser kalifornischen Bademeister - Pamela auf allen Kontinenten. Anschlussfähig an alle Kulturen war dieser Catwalk, der sich als Drama tarnte. Es ging nie um Rettung, immer um Zeitlupe.

http://www.youtube.com/watch?v=Z9UPh7KKyfs

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Die Badenichtse

In der Erinnerung glaubt man, dass die Haare von C. J. Parker nie das Wasser berührten, sie aber wahnsinnig vielen Menschen beim Hinsetzen geholfen hat - nachdem sie ziemlich lange laufen musste, um zu ihnen zu kommen. Puh, anstrengend.

Wie es dazu kam, erzählte sie in einer US-Talkshow: "Ich habe beim Casting für Baywatch keinen BH getragen". Anderson war die Idealbesetzung für eine Serie, bei der außerordentlich gut gebaute Menschen am Strand rumhopsen, versuchen zu schauspielern und schlechte Dialoge aufsagen. Ähnlich erinnerte sich David Hasselhoff, Produzent der Serie, in seinem Buch "Making Waves": "Als wir sie baten, eine Seite aus dem Drehbuch vorzulesen, stand sie auf, streifte ihr Top und den Rock ab und hatte einen Badeanzug drunter - die Jungs konnten ihren Blick nicht von ihren Brüsten losreißen."

Ikone des Internet-Zeitalters

C. J. Parker wird ewig als Badenixe Leben retten, für Pam Anderson geht das Leben weiter. Das erst macht sie zur Ikone des Internet-Zeitalters. Ihre Popularität war global, ihr Abstieg verlief genauso transparent. Sie war der erste Star, von dem ein privates Sexvideo weltweit verbreitet wurde. Im vergangenen Jahr war sie wenige Monate ausgerechnet mit dem Mann verheiratet, der auch mit Paris Hilton einen Porno drehte.

Das Wort "Celebreality" für die Vermischung von Popularität, Öffentlichkeit und Privatem ist wie für sie geschaffen. Vielleicht könnte man es mit "Berühmtalität" übersetzen, in dem das Wort Brutalität mitschwingt. Denn brutal ist diese Sphäre, in der sich Pamela Anderson und andere Trash-Prominenz bewegen, in der man immer mehr Privatheit preis- oder zumindest vorgeben muss, um medial weiterzuleben. Das Prinzip der Star-Entzauberung brachte sie auf den Weg - wenn auch nicht als vermarktete, langlaufende Serie.

"Manche Leute haben Angst davor gefilmt zu werden", sagt uns Pam immer wieder, mit jedem Auftritt. "Ich habe Angst, nicht gefilmt zu werden." Ihr letzter selbstironisch gelungener Auftritt datiert aus dem Jahr 2006, im Film "Borat". Seitdem ließ sie sich von Magier Hans Klok zersägen, spielte ein unsichtbares Busenwunder im "Superhero Movie", war im australischen Big-Brother-Haus und hat seit Anfang August ihre eigene amerikanische Reality-Show, die kaum noch für Aufhebens sorgt. Wie auch: Die Pam-Show läuft schon seit 20 Jahren.

Alle reden heute von schnellen Badeanzügen - schließlich ist Olympia, und wegen der schnellen Häute der Marke Speedo sind in den vergangenen Monaten viele Rekorde gefallen. Wer aussehen will wie Pamela Anderson, sollte sich allerdings eher für die rote Variante des Herstellers entscheiden - steht sogar Lifeguard drauf. Zu züchtig? Viele Hersteller haben auch rückenfreie Modelle in der Signalfarbe im Angebot. Rettungsbojen für ästhetische Zwecke gibt es bei Ebay-Versteigerungen für wenige Euro. Grüßen Sie uns die Welle.

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