Notfallversorgung:Hand aufs Herz ...

Oft werden Patienten im Notfall nicht versorgt, weil sich potentielle Ersthelfer vor einer Mund-zu-Mund-Beatmung ekeln. Dabei ist eine Herzmassage bei Wiederbelebungen meist viel wichtiger.

Hanno Charisius

Ungeübte Ersthelfer haben bei der Wiederbelebung von Menschen mit Herzstillstand mehr Erfolg, wenn sie sich auf die Herzmassage konzentrieren und auf Mund-zu-Mund-Beatmung verzichten.

Herzmassage

Kann Leben retten: Eine Herzmassage

(Foto: Foto: irisblende)

Eine reine Herzmassage bringe bei erwachsenen Patienten, deren Herz wegen Sauerstoffmangels stehen geblieben ist, den größten Nutzen. So fassen japanische Notfallmediziner ihre Beobachtungen im Fachmagazin Lancet (Bd.369, S.920, 207) zusammen.

Auch europäische Notfallmediziner heben die lebensrettende Bedeutung der Herzmassage hervor. Bei längeren Reanimationszeiten sei eine Beatmung jedoch unverzichtbar.

Von den 4068 in die Beobachtungsstudie eingeschlossenen Herzstillständen außerhalb eines Krankenhauses wurden 439 von zufällig anwesenden Passanten ausschließlich per Herzdruckmassage behandelt.

In 712 Fällen gaben die Ersthelfer klassische Herz-Lungen-Wiederbelebung mit Wechsel zwischen Herzmassage und Atemspende. In 2917 Fällen konnte keine Hilfe geleistet werden.

"In keiner der beobachteten Teilgruppen brachte eine zusätzliche Beatmung Vorteile", schreibt das Team um den Notarzt Ken Nagao vom Surugadai Nihon University Hospital in Tokio.

Nach Ihren Zahlen ist eine zusätzliche Beatmung nicht nur unsinnig, sondern sogar schädlich. ,,Dieser Befund sollte zu einer Veränderung der Richtlinien für Wiederbelebungsmaßnahmen führen'', kommentiert der Kardiologe Gordon Ewy von der University of Arizona in einem Begleit-Artikel.

Aus Angst vor Infektionen oder Ekel würden viele potentielle Ersthelfer vor einer Mund-zu-Mund-Beatmung zurückschrecken und deshalb gar keine Hilfe leisten. Wenn die Beatmung jedoch keinen Nutzen bringe, sollte man sie aus den Richtlinien streichen und so eine Hemmschwelle für Ersthelfer beseitigen.

"Bereits vor knapp zwei Jahren sind die internationalen Richtlinien zur Reanimation geändert worden", sagt der Würzburger Notfallmediziner Peter Sefrin. Seitdem hat die Herzmassage bei Erwachsenen Vorrang vor der Beatmung.

Bei Kindern wird Herzstillstand jedoch meistens durch Sauerstoffmangel ausgelöst, genauso bei Ertrunkenen. In diesen Fällen ist eine Beatmung unverzichtbar.

Bei Patienten mit plötzlichem Herzstillstand sei es jedoch wichtig, die Herzmassage nicht zu unterbrechen, sagt Sefrin. Auf diese Wiese werde das restliche sauerstoffreiche Blut aus den Lungen im Körper verteilt. "Internationale Experten werden den Artikel prüfen", sagt Bernd Böttiger, Vize-Vorsitzender des European Resuscitation Council, dem zentralen europäischen Gremium, das die Wiederbelebungsrichtlinien mit US-Ärzten festlegt.

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