Neuer Job in Japan:Jil Sander kann auch billig

Jil Sander entwirft künftig für die japanische Modekette Uniqlo. Das Label bietet billigen Mainstream - genau das Gegenteil von dem, wofür die Designerin bislang stand.

Jil Sander - der Name der Hamburgerin stand stets für edle Schlichtheit. Der Rückzug der Vollblutdesignerin aus dem Business im Jahr 2004 hatte beinahe etwas Unwirkliches. Schnell war die Designerin damals in der Versenkung verschwunden - keine Presse, keine Skandale, nicht einmal ein Foto. Man sagt, sie bewege sich zwischen ihren Residenzen in Hamburg und Spanien, widme sich vorwiegend ihren Hobbys - moderne Kunst und Gartenarchitektur.

Jil Sander

Sie ist wieder da: Fünf Jahre nach ihrem Abschied vom Modezirkus kehrt Jil Sander zurück - und berät ausgerechnet ein japanisches Billiglabel.

(Foto: Foto: AP)

Mit dem Verkauf 1999 an Miuccia Prada hatten die Probleme damals begonnen. Sander, die ihr Unternehmen seit 1975 leitete, und sich mit der Strategie des italienischen Luxuskonzerns von Anfang an nicht anfreunden mochte, verließ die Firma im Streit. 2003 kehrte sie noch einmal kurz zurück, zog dann aber ein Jahr später endgültig den Schlussstrich.

Die weitere Entwicklung ihres Unternehmens mag die herbe Deutsche mit einer gewissen Genugtuung verfolgt haben: Prada konnte an den Erfolg des deutschen Labels nicht anknüpfen und gab Jil Sander 2006 an eine britische Investorengruppe ab. Im September vergangenen Jahres wanderte die Modemarke schließlich an die japanische Onward Holding.

Der Kreis schließt sich

Wie der Zufall will, schließt sich im Land der aufgehenden Sonne nun ein Kreis: Heidemarie Jiline Sander startet ihr Comeback - in Japan. Wer also vermutet hatte, dass die 65-Jährige ihren schöpferischen Drang nur vorübergehend in ihren stilvollen Gärten vergraben konnte, lag richtig.

Und dennoch überraschte die Designerin die Öffentlichkeit, als sie von ihren Plänen erzählte: Sander will ihren unverwechselbaren Stil künftig der weniger zahlungskräftigen Klientel nahebringen und die japanische Modehauskette Uniqlo (steht für "Unique Cloth") beraten, wie sie in Tokio mitteilte. Uniqlo bedient das gleiche Segment wie Hennes und Mauritz oder die amerikanische Marke Gap. Mit anderen Worten: Das japanische Label vertreibt billigen Mainstream und ist damit in jeder Hinsicht das Gegenteil von dem, wofür die Marke Jil Sander bisland stand.

Das erste gemeinsame Projekt ist eine Herbst-/Winterkollektion, die nur wenig teurer sein soll als das restliche Sortiment. "Die Herausforderung liegt für mich darin, erstklassige Qualität in einer Marke mit demokratischen Preisen zu verankern", erklärte Sander. Die Kollektion soll die Handschrift der neuen Kreativdirektorin, jedoch nicht ihren Namen tragen.

Eine Stückchen vom Luxuskuchen

Die Zusammenarbeit zwischen Sander und Uniqlo ist nicht die erste Union eines Billigkonzerns mit einem Designer. Auch die schwedische Bekleidungskette H&M machte sich bereits des Öfteren das Image berühmter Edel-Modemacher zu eigen und ließ limitierte Kollektionen von Karl Lagerfeld, Stella McCartney oder Victor und Rolf entwerfen.

Uniqlo positioniert sich damit in einem Segment, das ihm sonst verwehrt bliebe. "H&M tritt mit Kollektionen von Lagerfeld und seinen Werbemodels auf wie ein Luxuslabel", sagt der Markenexperte Markus Webhofer vom Institute of Brand Logic über die Strategie des schwedischen Konzerns.

Bleibt die Frage, wann wir die Entwürfe der Hamburgerin in Deutschland zu sehen bekommen werden. Uniqlo hat verlauten lassen, dass man vorhabe, international zu expandieren. Immerhin, bis nach Europa hat es das Label bereits geschafft: Für einen Entwurf von Jil Sander, der neuen Kreativdirektorin von Uniqlo, muss man nicht nach Tokio, sondern nurmehr nach Paris reisen.

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