Möbel von Modedesignern:Lizenz zum Polstern

Sessel von Versace, Schrank von Armani: Modedesigner haben mit dem Verkauf von Möbeln ein lukratives Geschäftsfeld entdeckt. Selbst Hennes & Mauritz drängt nun mit einer Home Collection auf den Markt.

Sie entwerfen Jacken, Hosen, Röcke oder Kleider - und auch Sessel, Sofas, Kissen und Lampen. Denn immer mehr Modeschöpfer entdecken das Thema Einrichten für sich. Ob Luxuslabel oder Massenanbieter: Für die Firmen ist es ein lohnendes Zusatzgeschäft. Und die Kunden können nicht nur die Entwürfe ihrer Lieblingsmarken tragen, sondern auch darauf sitzen, daran essen oder darin schlafen.

Möbel von Modedesignern: Eine ganze Wohnwelt von Esprit. Auch Geschirr und Tischdeko bietet das Modelabel an (Lupe anklicken).

Eine ganze Wohnwelt von Esprit. Auch Geschirr und Tischdeko bietet das Modelabel an (Lupe anklicken).

(Foto: Foto: AP)

Das Modewort in den Marketingabteilungen heißt "brand extension", also die Ausweitung der Marke auf neue Geschäftsfelder. Im Verkauf von Accessoires wie Schuhen, Schmuck, Uhren oder Düften sind viele Modeschöpfer bereits seit vielen Jahren erfolgreich. Das Kalkül funktioniert auch im Wohnzimmer: Kunden, die gerne Designeranzüge tragen, geben auch für ein edles Sofa viel Geld aus.

"Angefangen haben erste Marken bereits vor zehn Jahren", sagt Ursula Geismann vom Verband der Deutschen Möbelindustrie (VDM) in Bad Honnef. Begonnen habe es damit, dass sich Modemarken erstmals in den Bereich der Heimtextilien wagten. Statt Cocktailkleider und Blusen entwarfen sie Gardinen, Vorhänge, Kissen und Teppiche. Mit den Jahren erweiterten viele Hersteller ihre Programme, heute bieten sie dem Verbraucher ganze Wohnwelten an. Dazu gehören nicht nur Möbel, sondern auch Geschirr, Fliesen oder Lampen. Wo die Luxusdesigner große Geschäfte wittern, zeigt die Auswahl der Sprachen auf der Homepage von Armani: Neben Italienisch und Englisch kann sich der Nutzer auf Russisch und Chinesisch durch das Angebot klicken.

Hat sich eine Marke auf einem Markt etabliert, lässt sich ihr Name vergleichsweise einfach auch auf andere Bereiche erweitern. "Beide Branchen arbeiten trendbezogen und sind sich damit recht ähnlich", sagt Kristin Große-Böltingso, Geschäftsführerin der Forschungsstelle für allgemeine und textile Marktwirtschaft an der Universität Münster (FATM). Eine Parallele ziehen die Hersteller auch im Preisniveau. Eine Kommode eines italienischen Designers lässt sich für knapp 20000 Euro an den Mann bringen. Dafür heißen die Luxus-Möbel auch nicht Billy oder Murbo, sondern Moliere oder Traviata.

Die Tendenz, dass Modedesigner auch Wohnräume gestalten, ist nicht nur bei Luxuslabels wie Versace, Armani, Ralph Lauren oder Joop zu beobachten. Auch breit aufgestellte Marken wie Esprit oder S.Oliver entwickeln Wohnideen. Die schwedische Modekette Hennes & Mauritz plant ebenfalls, mit einer sogenannten Home Collection auf den Markt zu gehen. Dass Kunden bei der Qualität Abstriche machen müssen, glauben Fachleute wie Ursula Geismann nicht: "Da gibt es keinen Grund zur Sorge. Die Qualität von Home Collections ist in der Regel genauso gut wie die der regulären Hersteller." Das liege daran, dass sich viele Modemarken in punkto Möbeldesign Kooperationspartner suchen.

Mit der Einführung einer Möbelkollektion würden häufig Lizenzen vergeben, sagt Brit Dieckvoss vom Fachmagazin Möbel Kultur. "Meist suchen sich die Firmen erfahrene Hersteller aus der Möbelbranche, mit denen sie dann eng zusammenarbeiten." Denn die Unternehmen könnten es sich nicht erlauben, schlechte Ware zu produzieren. Das würde das Bild der gesamten Marke in ein schlechtes Licht rücken. "Trotzdem muss man immer davon ausgehen, Namen und Image mitzubezahlen", sagt Dieckvoss. Die teure Designercouch hat also nicht zwangsläufig eine bessere Qualität als ein vergleichbares Sitzmöbel von einem traditionellen Möbelunternehmen.

Der Erfolg von Home Collections hat verschiedene Gründe. Zum einen sprechen sie die treuen Kunden der Marke direkt an: "Der Möbelmarkt ist ein Bereich, in dem es nicht viele Marken gibt. Hier besetzen Modemarken eine Nische", erläutert Dieckvoss. Wer die Kleider eines bestimmten Modelabels mag, legt sich auch gern auf ein Sofa aus dem gleichen Haus. Home Collections präsentieren dem Kunden außerdem nicht nur einzelne Möbelstücke, sondern in der Regel eine ganze Lifestyle-Welt, sagt die Trendforscherin Claudia Herke. Zwar gebe es auch in der Möbelbranche mittlerweile regelrechte Stardesigner. Ihre Arbeit werde aber meist mit Einzelstücken verbunden, nicht mit einem kompletten Lebensstil.

Der Stil von Home Collections - ob nun gehobene Landhausatmosphäre oder edles Salonflair - werde dem Konsumenten durch und durch vorgelebt: Vom Bett über den Wandschrank bis zur Dekoration. Herke hält die Möbellinien der Designer daher für eine wichtige Inspirationsquelle. Sie seien zwar nicht unbedingt innovativer als die Kollektionen anderer Hersteller, aber "sie geben dem Verbraucher eine Anleitung und zeigen ihm, in welchem Stil er sich einrichten kann."

Nach Meinung der Expertin ist es durchaus möglich, Wohngegenstände diverser Designer stilvoll zu mischen. Wie gut das funktioniert, hänge allein davon ab, wie man die Möbel zusammenstelle. Ursula Geismann rät davon ab, die Wohnwelten einzelner Designer vollständig nachzukaufen: "Ein Lifestyle aus einer Handschrift ist heute eher out."

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