Mobiltelefone:Wenn das Ohr heiß wird . . .

. . . besteht kein Grund zur Beunruhigung. Wie gefährlich ist das Telefonieren mit dem Handy? Was man über das Mobiltelefonieren wissen sollte.

Christopher Schrader und Patrick Illinger

Was sind Handystrahlen?

Gefahr durch Handys?

Wie gefährlich sind Handystrahlen?

(Foto: Foto: dpa)

Das sind elektromagnetische Wellen, im Grunde nichts anderes als Radiowellen, nur mit höherer Frequenz, also mehr Schwingungen pro Sekunde. Liegt die Frequenz noch höher, ist es Licht.

Noch weiter oben auf der Frequenzskala stehen schließlich Röntgenstrahlen und am Ende radioaktive Strahlen. Letztere können die Moleküle in einem Organismus spalten und Krebs auslösen.

Das können Handystrahlen nicht unmittelbar. Sollten Funkwellen gefährlich sein, muss es einen anderen Mechanismus geben.

Ist jetzt bewiesen, dass Handys gefährlich sind?

Nein. Aber es gibt neue Daten für eine seltene Form von Hirntumor mit dem Namen Gliom. Wer extrem lange Zeit und sehr intensiv telefoniert, hat offenbar ein leicht erhöhtes Gliom-Risiko.

Dazu gibt es zwei neuere Studien, die statistisch ernstzunehmen sind. "Da zeigt sich ein Trend, der in diese Richtung deuten könnte", sagt Harald zur Hausen, ehemals Direktor des Deutschen Krebsforschungszentrums und jetzt Chefredakteur des Fachblatts International Journal of Cancer, in dem die Studie der Finnin Anna Lahkola erschienen ist. "Aber das ist keinesfalls ein Beweis." Diese Ergebnisse müssten in weiteren Studien bestätigt werden. Über andere Risiken des Handys gibt es keine signifikanten Daten.

Warum sind Handy-Studien mitunter so widersprüchlich?

Die Gesundheitsgefahr durch Handys muss, wenn sie existiert, gering sein. Sonst wären die Effekte deutlicher. So aber geht es oft um kleine Fallzahlen und statistische Effekte. Studien sind auch schwierig, weil man Menschen fragen muss, wie viel sie in der Vergangenheit telefoniert haben.

Die Erinnerung kann trügen, zumal nach einer psychisch belastenden Krebsdiagnose. Forscher in Dänemark haben vor kurzem eine Massenstudie versucht und bei 420 000 Besitzern von Mobiltelefonen festgestellt, dass diese nicht mehr Krebsfälle aufwiesen, als man ohne Handys erwartet hätte.

Andere Wissenschaftler haben aber inzwischen kritisiert, dass die untersuchte Gruppe nicht repräsentativ war. Deswegen könne die dänische Studie ein erhöhtes Risiko doch nicht ausschließen.

Schwankt die Strahlung bei unterschiedlichen Handys?

Ja, sehr stark. Das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) führt eine Liste der sogenannten SAR-Werte, das ist die spezifische Absorptionsrate der Handys. Sie besagt, wie viel der Sendeleistung der Körper aufnimmt, wenn man das Handy ans Ohr hält.

Die Werte reichen von 0,1 bis 1,6 Watt pro Kilogramm Körpergewebe. Den niedrigsten Wert hat das Samsung SGH-Z560, den höchsten das Blackberry Pearl 8100. Das BfS empfiehlt einen Grenzwert von 2,0 Watt pro Kilogramm. Generell sind Klapphandys strahlungsärmer, weil die Antenne weiter vom Kopf entfernt ist.

Ist die Strahlung im Auto oder in geschlossenen Räumen erhöht?

Wenn Handys bei schlechtem Empfang benutzt werden, regeln sie ihre Leistung automatisch hoch. Das passiert schneller bei Gesprächen aus der Tiefgarage, dem Flur oder dem Auto. Besser ist es dann, ans Fenster zu gehen, oder das Handy im Auto an eine Freisprechanlage mit Außenantenne anzuschließen.

Was taugen Anti-Handy-Tapeten?

Wenn man in einem derart abgeschirmten Raum telefonieren möchte, versucht das Handy die Verbindung durch erhöhte Leistung herzustellen. Schutztapeten steigern dann also die Strahlenbelastung. Wer sich so vor Sendemasten schützen will, sollte bedenken, dass die Strahlung des Handys am Ohr viel stärker ist als die der Antenne auf dem Dach.

Sind schnurlose Festnetztelefone noch gefährlicher?

Telefone nach DECT-Standard senden mit deutlich geringerer Leitung als Handys. Aber sie passen sich nicht an die Situation an. Sie senden auch, wenn das Telefon zum Aufladen auf der Station liegt, und beim Gespräch immer mit voller Leistung.

Ihr mittlerer SAR-Wert beträgt nur 0,1 Watt pro Kilogramm, jedoch schicken sie regelmäßig kurze Pulse, in denen die Leistung das 25-fache des Durchschnittswerts beträgt. Die Datenlage zu Gesundheitsgefahren ist aber noch dünner als bei Handys.

Ist man auch der Strahlung fremder Handys ausgesetzt?

Sicher, aber die Strahlung nimmt mit dem Abstand stark ab. Das gilt auch für Sendemasten, die nicht mehr als 40 bis 60 Watt abstrahlen dürfen, 30- bis 40-mal so viel wie Handys. Die Grenzwerte der Strahlenbelastung werden dem Bundesamt für Strahlenschutz zufolge eingehalten, wenn man wenige Meter Abstand von der Antenne hält.

Wie sieht es mit drahtlosen Internetverbindungen aus?

Gängige Wireless-Lan-Geräte dürfen in Deutschland nur betrieben werden, wenn sie mit höchstens 100 Milliwatt Leistung senden. Außerdem hält man weder sie noch den Laptop ans Ohr. SAR-Werte über 0,1 Watt pro Kilogramm treten daher kaum auf.

Schädigt ein Handy in der Hosentasche die Potenz oder die Fruchtbarkeit?

Nein, darauf gibt es keinen Hinweis, weder in Tierstudien noch in Untersuchungen an Menschen.

Sind Headsets zu empfehlen?

Sie haben zumindest keinen Nachteil, außer dass Menschen, die in der Öffentlichkeit mit Headset telefonieren, seltsam wirken. Insofern kann man die tragbaren Freisprechmikrofone als Vorsorgeprinzip empfehlen. Womöglich hilft ja auch das Gefühl, das Handy nicht so nah am Kopf zu haben.

Wird es irgendwann strahlungslose Handys geben?

Nein. Strahlung ist kein lästiger Nebeneffekt, sondern das Transportmittel für die Telefongespräche.

Wie absorbiert der menschliche Körper die Strahlung?

Funkwellen eines Handys haben nicht genügend Kraft, um Moleküle zu zerstören. Darum wird das Gewebe allenfalls leicht erwärmt, weil Funkwellen die Atome des Körpers in Bewegung bringen. Theoretisch möglich ist auch, dass organische Moleküle zwar nicht zerstört, aber in ihrer geometrischen Struktur verändert werden. Das braucht weniger Energie. Bewiesen ist das jedoch nicht.

Ist es ein schlimmes Zeichen, wenn das Ohr beim Telefonieren heiß wird?

Nein, das kann schließlich auch passieren, wenn man die nackte Faust ans Ohr presst. Beim Handy kommt hinzu, dass die Akkus wärmer werden, wenn sie von den Hand umschlossen sind. Eine Studie hat festgestellt, dass ein ausgeschaltetes Handy das Ohr um 1,5 Grad erwärmt, ein aktives Handy bringt es auf 2,3 Grad.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: