Merkel-Barbie und Obama-Puppe:Parade der Promi-Puppen

So viel Glamour im Kinderzimmer war nie - zumindest Familie Obama ist davon gar nicht begeistert. Und auch Angela Merkel könnte sich wundern.

Martin Zips

Was wäre die Menschheit ohne Puppen? Im Spiel mit Teddys, Playmobil-Männchen und Puppenwagen üben Kinder sich schon früh im Was-wäre-wenn.

obama puppe

Gegen seine eigene Puppe hat Obama nichts einzuwenden, bei seinen Töchtern versteht er allerdings keinen Spaß.

(Foto: Foto: AP)

Als Jugendliche bevorzugen sie virtuelle Puppen, mit denen sie sich mal ballernd, mal rasend durch künstliche Welten bewegen. Manchmal sind Puppen dazu da, Leben zu retten - Dummys etwa, oder die Mund-zu-Mund-Beatmungspuppe im Erste-Hilfe-Kurs.

Im Geschäft helfen Schaufensterpuppen bei der Kleiderauswahl, in der Geisterbahn verbreiten sie Angst und Schrecken. Manch einem ersetzen Puppen den Partner. Auf Demonstrationen sind sie Mittel zum Protest, im Fasching ein großer Spaß und in der Religion Objekt der Anbetung. Wenn Puppen lügen, bekommen sie lange Nasen.

Die Puppen, die erst vor wenigen Tagen von einem US-Spielwarenhändler als "Marvelous Malia" ("Fabelhafte Malia") und "Sweet Sasha" ("Süße Sasha") präsentiert wurden, haben keine lange Nase. Ihr simples Gesicht erinnert an die primitiven Tierattrappen, die Konrad Lorenz frisch geschlüpften Vögeln ans Nest hielt, worauf diese ihre Mäuler weit aufsperrten. Süße große Augen, wollte Lorenz damit wohl sagen, reichen vollkommen aus, um Instinkte zu wecken.

Früher war es Kojak, heute Britney Spears

Bei den US-Puppen sollte wohl noch ein weiterer Faktor verkaufsfördernd wirken: Die Namen Malia und Sasha zeigen, dass es sich bei dem Spielzeug um eine kindgerechte Nachbildung der Präsidententöchter handelt. Beim Spiel mit den Obama-Puppen könnten sich Kinder also vorstellen, wie es wohl wäre, selber im Weißen Haus zu wohnen.

Verständlicherweise mochte Präsidentengattin Michelle Obama die Idee mit den Puppen von Anfang an nicht, worauf der Hersteller seine Puppen nun in "Marvelous Mariah" und "Sweet Sydney" umbenannte und den bisherigen Erlös aus ihrer Vermarktung wohltätigen Organisationen versprach.

Figuren der Zeitgeschichte im Spielzimmer - das ist kein neues Phänomen. Wünschten sich Kinder früher Blechimitate des Richthofen'schen Dreideckers, ein nahezu vollständig aufgebautes napoleonisches Zinnsoldatenheer oder eine handgeknüpfte Micky-Maus, so machten später der über den Flur rasende, kippfeste Motorrad-Stuntman Evel Knievel, ein nicht ganz so kippfester Muhammad Ali oder TV-Detective Kojak aus Hartgummi Kinder froh.

Doch wie derzeit nicht nur auf der Nürnberger Spielwarenmesse zu sehen ist, hat das Angebot an Promi-Puppen mittlerweile das Ausmaß einer Flutwelle angenommen: die Kanzlerin-Barbie, der Lagerfeld-Teddy, die Fußball-Nationalmannschaft, Britney Spears, Paris Hilton ...

Jeder, der irgendwann einmal kurz im Fernsehen zu sehen war, muss offenbar sofort mit Sprachmodul, Bäuerchen-Automatik und Wickelmodus in den Spielzeugladen.

"Ich möcht ein solcher werden wie ein mal ein andrer gewesen ist”, heißt es in Peter Handkes Stück "Kaspar". Angesichts von immer mehr Promi-Puppen dürften heutige Kinder daraus folgern: Ich werd' ein Superstar. Na dann: viel Glück!

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