Los Angeles: Verbot von Fastfood-Restaurants:Die Ernährungswüste

Los Angeles hat genug: Im Stadtteil South L.A. dürfen sich keine neuen Fastfood-Ketten mehr ansiedeln. Die Stadt hofft, die Bürger zur gesunden Ernährung zu bringen - und stößt auf Widerstand.

Ulrike Bretz

South Los Angeles ist einer der ärmsten Stadtteile der Millionenmetropole Los Angeles, aber reich an Möglichkeiten, sich ungesund zu ernähren: In einer Zone von 80 Quadratkilometern verkauft jedes zweite der 900 Restaurants ausschließlich Dickmacher. Fetttriefende Burger, Pommes Frites, Tacos. Gleichzeitig gibt es deutlich weniger Lebensmittelgeschäfte als im Rest von Los Angeles. Eine Grapefruit vom Obststand an der Ecke kostet in dem Stadtteil, der traditionell von afroamerikanischen und zunehmend hispanischen Bürgern gewohnt wird, zweimal soviel wie eine Packung Chicken McNuggets.

Los Angeles: Verbot von Fastfood-Restaurants: In South L.A., dem größten Ghetto von Los Angeles, dürfen sich keine neuen Fastfood-Ketten mehr ansiedeln.

In South L.A., dem größten Ghetto von Los Angeles, dürfen sich keine neuen Fastfood-Ketten mehr ansiedeln.

(Foto: AFP)

Es verwundert also nicht, dass South L.A. auch der Stadtteil mit den meisten Übergewichtigen ist. Jeder Dritte, der hier lebt, ist krankhaft fettleibig, egal ob Kind oder Erwachsener. Fast zwölf Prozent der Bevölkerung leiden an Diabetes - im restlichen Bundesstaat sind es nur acht Prozent.

Seit einigen Jahren kämpft die Stadtverwaltung gegen diese Ernährungswüste an. Es ist ein Sisyphus-Kampf. Die Waffen: Verbote. Seit 2002 dürfen in Schulen keine zuckerhaltigen Limonaden mehr verkauft werden. In den Schulkantinen wurden Fett und Zucker drastisch reduziert. Dann, vor gut zwei Jahren, der größte Einschnitt: Die Stadtverwaltung hatte vorläufig verboten, dass sich im größten Ghetto von Los Angeles noch mehr Fastfood-Ketten ansiedeln. Nun hat sie beschlossen, das Verbot dauerhaft beizubehalten.

Initiatorin des Fastfood-Moratoriums war die Stadträtin Jan Perry. Sie erhoffte sich von dem Ansiedlungs-Stopp, dass sich Restaurants mit gesünderer Speisekarte durchsetzen und sich neue Möglichkeiten für ein abwechslungsreiches Ernährungsangebot eröffnen würden. Andererseits war ihr klar: "Jeder, der denkt, dass Fastfood die alleinige Quelle alles Bösen ist, ist natürlich naiv."

Das Übel ist freilich komplexer: Eltern setzen ihre Kinder vor den Fernseher, statt sie zum Spielen nach draußen zu schicken. Drei Viertel aller Werbetafeln in der Stadt preisen Süßigkeiten und Fastfood an. Die Portionen in den Resturants werden immer größer. Aber die Menschen essen auch immer öfter in billigen Restaurants, und die meisten von ihnen sind eben Burger-Ketten.

Nicht alle waren damals mit dem Moratorium einverstanden. Radiomoderator Joe R. Hicks kritisierte in einem Gespräch mit der New York Times im Jahr 2008, ein solches Verbot unterstelle den Bürgern von South L.A., sie seien intellektuell nicht in der Lage, selbst zu entscheiden, wie sie sich ernähren wollten. "Das ist beleidigend, und man könnte fast meinen, dass Rassismus dahinter steckt."

Nun, da das Verbot dauerhaft ist, wird wieder Kritik laut. Obwohl kalifornische Wissenschaftler gerade belegt haben, dass Kinder, die im Umkreis von 150 Metern eines Fastfood-Restaurants in die Schule gehen, dicker sind als andere, gibt es in South L.A. Protest: Man will sich die liebgewonnenen und günstigen Essgewohnheiten nicht verbieten lassen. Laut Bericht der Zeit wetterte der konservative Radio- und Fernsehmoderator Glenn Beck unlängst gegen Politiker, "die ihren Bürgern die freie Entscheidung über ihre Ernährung absprechen wollen."

Auch die Rechtsaußen-Ikone Sarah Palin leistet Widerstand. Im November trat sie zu einem "School Cookies"-Feldzug an. Wie USNews berichtete, brachte sie zu einem Besuch einer Schule in Pennsylvania Dutzende Kekse mit und erklärte: "Ich hatte gehört, dass es eine Debatte darüber gibt, ob Süßigkeiten, Kuchen, Kekse und diese Sachen aus öffentlichen Schulen in Pennsylvania verbannt werden sollen", sagte sie. Diese Initiative sei "der Amoklauf in einem Kindermädchen-Staat".

Die "Rand Corporation", ein konservatives Forschungsinstitut, versucht indes, den Teufel mit dem Belzebub zu vertreiben: Ein Fastfood-Stop bringe nichts, heißt es dort. Denn nicht die Ketten, sondern Limonaden und Kartoffelchips seien schuld an der krankhaften Fettleibigkeit.

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