Liebesbriefe:Liebesgrüße aus der Vergangenheit

Was unterscheidet den Inhalt einer Flirt-Whatsapp vom guten, alten Liebesbrief? Die Herzensbotschaften von früher haben mehr mit den heutigen gemein als man denkt.

Von Martin Zips

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(Foto: Liebesbriefarchiv, Uni Koblenz)

Eine beliebte Frage unter Paaren: "Habt ihr euch früher auch immer Liebesbriefe geschrieben?" Natürlich haben wir. Welche Beziehung beginnt nicht mit schriftlichen Herzensbekundungen, bevor es irgendwann zum Äußersten kommt? (Admiral Nelson im Jahr 1800 an Emma Hamilton: "Ich kann weder essen noch schlafen, weil ich nur an Dich denke, Liebste, ich mag nicht einmal mehr Pudding.") Kurz und knapp, aber voller Romantik hier zu sehen: Ein Telegramm aus den 1930er Jahren. Das Wort "Drahtberichte" steht für: "Telegrafiere, bitte!"

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(Foto: Liebesbriefarchiv, Uni Koblenz)

Allein die Art der Übermittlung ändert sich. So fühlte man sich einst als Revolutionär, bloß weil man seine Liebesbotschaften nicht - wie die Eltern noch - per Post, sondern bereits per Fax versandte. Und jede auf Thermopapier eingetroffene Antwort wurde sofort archiviert. Heute besteht der Liebesbrief-Ordner nur noch aus mehreren Dutzend leerer Seiten. Thermopapier ist ein flüchtiges Medium. Oft flüchtiger als die Liebe selbst. In Zeiten von WhatsApp gibt es gar keine Ordner mehr: Um 10.04 Uhr war alles perfekt.

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(Foto: Liebesbriefarchiv, Uni Koblenz)

In Koblenz fand dieser Tage der 3. Kongress der Gesellschaft für Angewandte Linguistik statt. 300 Sprachwissenschaftler aus 20 Nationen waren gekommen, um sich bei zwölf Symposien und 120 Vorträgen zum Thema "Sprachkulturen" auszutauschen. So gab es in Raum F313 eine "interdisziplinäre Gesprächsrunde" zur "sprachlichen und multimodalen Konstruktion von Intimität". Kurz: Liebesgedöns. (Heinrich VIII. 1526 an Anna Boleyn: "Ich wünsche mich besonders am Abend in die Arme meines Schatzes, dessen hübsche Brüste ich bald zu küssen hoffe.") Hier zu sehen: Ein Brief von "Albert". Er schreibt 1946 aus der Kriegsgefangenschaft: "Allmählich fällt mir der Betrieb hier auf die Nerven. Tag für Tag das gleiche Lied und derselbe Ton."

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(Foto: Liebesbriefarchiv, Uni Koblenz)

Germanistin Eva Lia Wyss, die in Koblenz ein Archiv mit 15 000 Liebesbotschaften aus fast allen Epochen leitet, führte ins Thema ein. Eine Ausstellung flankierte das Thema. Die Quintessenz: So viel romantischer Austausch wie heute war nie. Dennoch heißt es auf einer Karte aus dem Jahr 1918 bereits: "Einen recht innigen Sonntaggruß sendet dir mein süßer Liebster nebst einem innigen Kuße Deine ..."

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(Foto: Liebesbriefarchiv, Uni Koblenz)

Schließlich trägt jeder den anderen in der Hosentasche mit sich herum und tippt und schickt, was das Display hält. Selbstverständlich versucht auch der Digital-Schwärmer mit sprachlicher Eleganz, Humor und Poesie zu punkten. Eine E-Mail, in der ein gewisser "Angel" im August 1999 seinen "treuen Romeo" orthografisch fragwürdig anschreibt.

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(Foto: Liebesbriefarchiv, Uni Koblenz)

Kurz, knackig, keck - das war noch nie ein Widerspruch. Um das Jahr 1840 schrieb der Prinz de Joinville der Schauspielerin Rachel Felix (zum Glück nicht als Thermofax) diese Worte: "Wo? Wann? Wie viel?" Ihre Antwort: "Bei Ihnen. Heute Abend. Umsonst." Oder eben etwas ausführlicher wie in diesem kunstvoll gestalteten Schweizer Liebesbrief an eine "Innigstgeliebte" des Jahres 1949: "Den ganzen Tag gedenke ich Deiner".

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(Foto: Liebesbriefarchiv, Uni Koblenz)

"Leer und kalt" fühlte sich der Verfasser dieser Zeilen an einem Novembertag des Jahres 1997 bereits um 7.40 Uhr.

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(Foto: Liebesbriefarchiv, Uni Koblenz)

"Warum sagst du den Anderen nicht einfach: ,Ja, ich habe was mit ihr'?" schreibt eine 14-Jährige in einem Brief.

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