Liebes Leben:Viele bunte Smarties

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Die Beratung in der Apotheke für die Pille danach gibt es umsonst, genauso wie den mahnenden Blick dazu. Wichtig für alle: Solche Pillen seien "nun mal keine Smarties". Noch Fragen? Bitte alle an Jens Spahn.

Von Franziska Storz

Seit einer Woche gibt es die Pille danach ohne Rezept. Frauen können also nach einer Verhütungskatastrophe zur Apotheke laufen und sich die Notfallverhütung einfach besorgen. Das Medikament kostet etwa 35 Euro, die Beratung gibt es umsonst, den mahnenden Blick gratis. Frauen, die schon einmal das Vergnügen mit einem sehr katholischen Landarzt hatten oder an einem Wochenende mit Urinbecher in der Hand einen Parcourslauf durch die überfüllten Gänge einer Bereitschaftspraxis absolviert haben, werden das als Fortschritt sehen. Außerdem gilt: Je schneller die Pille genommen wird, desto eher kann sie eine ungewollte Schwangerschaft verhindern.

Die Weltgesundheitsorganisation hat den freien Zugang zur Pille danach lange Jahre empfohlen - jetzt ist es so weit, und es ist gut so. Vor allem, weil die Diskussion um die rezeptfreie Abgabe immer mit scharfem moralischen Unterton geführt wurde. Sexueller Leichtsinn der Frauen wurde befürchtet und wechselnde Partnerschaften. Du meine Güte. Wo gibt es denn so was? Jens Spahn, gesundheitspolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, steuerte den Schlaubischlumpf-Satz bei: Solche Pillen seien "nun mal keine Smarties". Herrn Spahn wünsche ich an dieser Stelle ein ordentliches prämenstruelles Syndrom. Ich würde ihm eins leihen. Inklusive Bauchweh, schlechter Laune, Heißhunger und schlechter Haut.

Denn diese Sache mit den Hormonen macht ja weder in der Pubertät noch beim monatlichen Zyklus noch in der Schwangerschaft noch in den Wechseljahren Spaß. Die Haarkrise der Männer kann den Hormonwaschgang, in dem Frauen sich zeitlebens befinden, als biologische Gemeinheit leider nur sehr bedingt ausgleichen. Frauen sind also sicher nicht scharf drauf, sich die Pille danach öfter als wirklich nötig reinzupfeifen. Von wegen Smarties. Die normale Pille ist ja schon Zumutung genug. Frauen verklagen immer wieder Pharmaunternehmen, weil sie die Pille für Thrombosen, Lungenembolien und Schlaganfälle verantwortlich machen. Selbst die Fische kriegen es noch ab: Die in Gewässern nachgewiesenen Rückstände des heiteren Hormoncocktails Antibabypille sollen laut Studien ihre Fortpflanzung behindern.

So sehr Medikamente wie die Pille und nun die rezeptfreie Abgabe der Pille danach für mehr Freiheit und Selbstbestimmung für Mädchen und Frauen stehen, das Grundproblem wird dadurch nicht gelöst: Verhütung bleibt Frauensache. Umfragen ermitteln in schöner Regelmäßigkeit das Lieblingsverhütungsmittel der Männer, einsamer Sieger ist dabei immer: die Pille. Also die für die Frau. Die Pille für den Mann, ein Kombipräparat aus Testosteron und Gestagen, wirkt. Das zeigte eine große Studie der WHO, die im Jahr 2011 abgebrochen wurde. Die Begründung: zu viele Nebenwirkungen.

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