Liebes Leben:Das war doch eh klar

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Das Sommermärchen 2006 war gekauft, berichten die Medien. Ja, wo gibt's denn so was! Die eigentliche Frage ist allerdings, warum uns das so wenig erstaunt - vor allem die Männer im Bekanntenkreis haben ja schon immer alles gewusst.

Von Franziska Storz

Das Sommermärchen 2006 war also womöglich gekauft. Viele kommentieren dieses Thema in den letzten Tagen mit den Worten: "War doch eh klar." Sicher, es gab Anzeichen. Ein Mitglied des Fifa-Exekutivkomitees wollte lieber den Flieger erwischen und nicht über die WM-Vergabe abstimmen. Die Weltmeisterschaft ging nach diesem Manöver an Deutschland. Aber 6,7 Millionen Euro jetzt einfach so verschollen? Die Herren Zwanziger, Niersbach und Beckenbauer im Zwielicht? War das echt so klar?

Überwiegend sind es Männer, die die "War doch eh klar"-Keule schwingen und damit Gratiscoolness einheimsen. Frauen wundern sich wenigstens ab und an noch über irgendetwas. Männer gefallen sich möglicherweise besser in der Rolle des abgebrühten Welterklärers. Keine Schweinerei kann sie überraschen und schon gar nicht aus der Fassung bringen. Sommermärchen verschoben? Eh klar. Der BND hörte Freunde ab? Natürlich. Pegida so stark wie noch nie? Klaro. Fließendes Wasser auf dem Mars? Logisch! VW frisiert seine Abgaswerte? Machen sicher eh alle. Putin reitet auf einem Bären? Wie immer halt. Laaaaaangweilig!

Wenn man sich im Zeitalter des "House of Cards"-Schauens noch von irgendeiner politischen Schweinerei überrascht zeigt, dann gilt man sofort als naiv. Wir leben im Geiste Tony Sopranos, Walter Whites und der abgezockten VW-Vorstände. Der kleine Prinz hat ausgedient. Doch warum wird die "War ja eh klar"-Schlaumeierei von Männern partout nicht auf Alltagsdinge angewandt? Da hat das Weltverständnis einen blinden Fleck. 70 Prozent der Männer zeigen sich laut einer Studie irre überrascht davon, wenn sie von ihrer Freundin verlassen werden. Da sagen sie: "Ich hatte ja keine Ahnung!"

Dabei gibt es sie wirklich, die Sachen, die "eh klar" sind. Zum Beispiel sollte man Geschenke besser einpacken und sie nicht in Plastiktüten überreichen. Manchmal lohnt es sich auch, nach dem Weg zu fragen, sogar aus dem Auto raus. Bedienungen wollen in einer Bar selten um zwei Uhr morgens angemacht werden. Auch bei Dingen, die für das eigene Leben wirklich entscheidend sein können versagt der maskuline "Eh klar"-Instinkt. Oder warum gehen Männer so ungern zur Krebsvorsorge? Ist nämlich wirklich eh klar, dass sich dadurch unschöne Diagnosen vermeiden ließen. Das "War ja eh klar"-Prinzip funktioniert leider nur, wenn der "Eh klar"-Umstand möglichst wenig mit der eigenen Person zu tun hat.

Und wehe Frauen sagen den Schlaubischlumpfsatz! Ich habe mal einen Flug nach Schottland versäumt, weil sich eine Klositzung meines Mitreisenden zu lange hingezogen hat. Nach mehrmaligem Klopfen an die Tür haben wir die S-Bahn zum Flughafen verpasst. Am Bahnhof entfuhr mir der Satz: "Du - das war mir vorher schon klar." Die Antwort: "Deine Überheblichkeit ist wirklich zum Kotzen."

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