Künstliche Befruchtung:Paar verliert wohl Streit um Herausgabe befruchteter Eizellen

Kinderwunschzentrum an der Oper in München, 2016

Künstliche Befruchtung von Eizellen in der Petrischale in einer Klinik in München.

(Foto: Florian Peljak)

Vor Gericht wollten die beiden erzwingen, dass die neue Partnerin die Kinder ihres Mannes und seiner verstorbenen ersten Frau austragen darf.

Von Christina Berndt

Vor dem Gerichtstermin am Freitagmorgen ist Martin Sanders* "furchtbar aufgeregt gewesen", wie er erzählt. Doch schon nach einer Stunde war alles vorbei, und seither sieht es so aus, als müsse Sanders seine Hoffnungen begraben. Im wahrsten Sinne des Wortes.

Der 48-Jährige aus Freiburg hatte das Universitätsklinikum Freiburg auf Herausgabe befruchteter Eizellen verklagt, die er 2008 gemeinsam mit seiner inzwischen verstorbenen ersten Ehefrau einfrieren ließ. Seine zweite Ehefrau wollte diese Zellen austragen. Nun muss die Außenstelle Freiburg des Oberlandesgerichts Karlsruhe entscheiden; das Landgericht Freiburg hatte die Klage zuvor bereits abgewiesen. Zwar ist in dem Berufungsprozess am Freitag noch kein Urteil gesprochen worden. Aber der Vorsitzende Richter ließ bereits erkennen, dass er die Klage ebenfalls abweisen werde. Ein Verkündungstermin wurde für Mitte Juni festgesetzt.

"Das tut sehr weh", sagte Martin Sanders nach der Verhandlung der SZ. "Der Richter sagte uns zwar, es tue ihm sehr leid. Aber rechtlich sieht er keine andere Handhabe." Das Ehepaar hatte beim Einfrieren der Eizellen einen Vertrag unterschrieben, wonach die eingefrorenen Zellen beim Tod eines Partners vernichtet werden. Auf das Urteil habe es auch keinen Einfluss, falls sich aus den befruchteten Eizellen bereits Embryonen entwickelt hätten, so der Richter. Und Eigentumsansprüche könne Sanders ebenfalls nicht anführen, da es sich bei Eizellen oder Embryonen nicht um eine Sache handle.

Die Eizellen der toten Frau wären die letzte Chance des Paares auf Fortpflanzung

Martin Sanders stürzte sich am Nachmittag erst einmal in die Arbeit, um sich abzulenken. Er kann es kaum übers Herz bringen, die eingefrorenen Zellen auftauen und absterben zu lassen. Noch dazu, wo sie wohl seine einzige Chance auf Fortpflanzung wären, denn seine zweite Frau Sophie* kann auf natürlichem Wege keine Kinder bekommen. Auch Sophie Sanders war nach dem Gerichtstermin geknickt. Sie hatte während der Verhandlung noch "wie eine Löwin" um die Eizellen gekämpft, wie Sanders erzählt. "Wir verstehen nicht, weshalb man sie lieber vernichtet als ihnen das Leben schenkt."

Dass es eine gute Sache wäre, wenn Sanders zweite Frau die Kinder der ersten, toten Frau austrägt, davon sind die beiden überzeugt. Die erste Frau, die mit 34 Jahren an Brustkrebs starb und mit der Martin Sanders 17 Jahre lang zusammen war, habe immer einen festen Platz im Leben des Paares gehabt. Eifersüchtig sei sie nie auf ihre Vorgängerin gewesen, betonte Sophie Sanders, als das Paar der SZ vor einigen Wochen ausführlich seine Geschichte erzählte.

Selbst wenn die Kinder aus dem Eis Martin Sanders' ersten Frau extrem ähnlich wären, wäre das für sie kein Problem, sagt Sophie: "Wenn ich die Embryonen austragen dürfte, wäre das für mich wie eine Adoption. Als würde ich einen Witwer mit Kindern heiraten." Und sie betont: "Ein Kind gehört einem doch sowieso nicht. Es ist uns nur eine Zeit lang anvertraut." Wenn es im Juni zu dem befürchteten Urteil kommt, steht für die beiden fest, dass sie die Embryonen im Grab von Martin Sanders' erster Frau beerdigen werden. "Aber die Verantwortung für den Tod der ungeborenen Kinder", sagt Martin Sanders, "die tragen die Richter."

*Namen von der Redaktion geändert

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