Krebs erkennen:Prostatakrebs-Früherkennung

Prostatakrebs hat Lungenkrebs als häufigstes Karzinom beim Mann überholt. Bei der Krebssterblichkeit steht das Prostata-Karzinom noch auf Platz zwei. Die Todesrate hat sich in den letzten 20 Jahren verdoppelt.

Inge Smolek

Trotzdem gehören breite Massenuntersuchungen zur möglichst frühen Erkennung von Prostatakrebs zu den umstrittensten medizinischen Themenbereichen. Prostatakrebs kommt im Alter unter 50 Jahren selten vor, die Diagnose wird im Schnitt im Alter von 75 Jahren gestellt.

Das durchschnittliche Sterbealter an Prostatakrebs liegt beispielsweise um fünf Jahre über dem statistischen Sterbealter der Gesamtbevölkerung. Die Hoffnung hinter der Prostatakrebs-Früherkennung ist, vor allem die Zahl der relativ jungen Todesopfer zu verringern.

Der Tastbefund (rektale Palpation) gilt als zu unspezifisch für eine Früherkennung. Der PSA-Test (Tumormarker) hingegen soll die bei Prostatakarzinomen früh ansteigende Konzentration des sogenannten Prostata-spezifischen Antigens (PSA) im Blut erfassen und so eine genauere Vorhersage ermöglichen. PSA ist eine Substanz, die von der Prostatadrüse ins Blut abgegeben wird. Erhöhtes PSA kann ein frühes Anzeichen für Prostatakrebs sein.

Etwa zwei von drei Männern mit einem PSA-Wert zwischen 4 und 10 haben keinen Prostatakrebs. Viele andere Umstände, die nichts mit Krebs zu tun haben, etwa Geschlechtsverkehr, können den PSA-Wert erhöhen. Je höher der PSA-Spiegel im Blut ist, desto höher ist auch die Wahrscheinlichkeit, dass ein Krebs vorliegt. Bei einem PSA-Wert von mehr als 60 haben 99 Prozent einen Prostatakrebs.

Tatsächlich entdeckt der PSA-Test sehr viele kleine und heilbare Tumore. Wo der Test großflächig eingesetzt wurde, erhöhte sich daher die Inzidenz der Erkrankung massiv.

Doch genau dies ist das Problem. Nur ein Teil der Krebserkrankungen verläuft rasch und aggressiv. Die Mehrzahl der Tumoren hingegen wächst sehr langsam. So langsam, dass sie für die Betroffenen nie gefährlich werden, ja nicht einmal Symptome verursachen (das ist bei der Hälfte bis zwei Drittel der Männer zwischen 60 und 70 Jahren der Fall). Diese Männer sterben an anderen Ursachen, noch bevor der Tumor sich bemerkbar macht.

Ein positiver PSA-Test konfrontiert diese Männer möglicherweise unnötig mit einer seelisch belastenden Krebsdiagnose, die auch noch invasive weitergehende Untersuchungen (Stanzbiopsie) nach sich zieht. Auf diese Weise könnte der Test den betroffenen Männern mehr schaden als nützen.

Wird Krebs im Frühstadium entdeckt, wird entweder mit einer Strahlentherapie oder einer Prostatakrebs-Operation behandelt. In vielen Fällen ist eine engmaschige Kontrolle des Krankheitsverlaufs ausreichend. Dabei wird überprüft, wie rasch (bzw. langsam) der Tumor wächst. Eine Therapie wird erst dann durchgeführt, wenn der Tumor sich bedrohlich entwickelt.

Der Vorteil dieses "watchful waiting"-Vorgehens liegt in der Vermeidung von möglichen Folgeschäden durch die Therapie (Probleme mit Erektion und/oder der Blase).

Die Schlüsselfrage aller Vorsorgeuntersuchungen ist derzeit noch ungeklärt: Ob und wenn ja, wie vielen Männern der PSA-Test das Leben rettet. In der deutschen Leitlinie zur PSA-Bestimmung in der Prostatadiagnostik (Früherkennung des Prostatakarzinoms) wird festgestellt: "Die Effektivität der Früherkennung beim männlichen Prostatakarzinom ist zurzeit unbewiesen."

Deshalb ist der PSA-Test derzeit nicht im Programm der Vorsorgeuntersuchungen nicht enthalten.

Zur Zeit laufen große Studien, die darüber Auskunft geben werden, ob der PSA-Test in Reihenuntersuchungen nach Prostatakrebs leben retten kann. Diese werden 2005 bzw. 2008 fertiggestellt sein.

Bis dahin können Männer, die über ihren Gesundheitszustand bescheid wissen wollen, sich auf eigenen Wunsch dem Test unterziehen. Sie sollten ab 50 zu einer sogenannten "informierten Entscheidung" gelangen können. Dazu ist es notwendig, dass sie vom Arzt alle wichtigen Informationen für die individuelle Entscheidung zur Verfügung gestellt bekommen, und zwar, noch bevor Blut abgenommen wird.

So soll es jedem Betroffenen möglich werden zu entscheiden, ob er das Risiko eines falsch-positiven Ergebnisses (das ist bei etwa jedem dritten Mann der Fall) und die damit verbundenen Belastungen auf sich nimmt, um möglicherweise ein Frühkarzinom zu entdecken.

Der Arzt sollte dafür sorgen, dass sie umfassend über die Untersuchung und die möglichen Folgen informiert werden. Die Betroffenen sollten zudem über alle möglichen Konsequenzen der Krebsvorsorge sehr sorgfältig aufgeklärt werden, auch, dass bei einem stark erhöhten Wert eine Biopsie vorgenommen wird.

Was Männer für eine informierte Entscheidung wissen sollten:

· Eine rechtzeitige Entdeckung eines heilbaren Prostatakarzinoms im Frühstadium ist mit der PSA-Bestimmung möglich. Die Untersuchung darf einem Mann, der die Früherkennung wünscht, nicht verwehrt werden.

· Wenn der Arzt beim Tastbefund eine knotige Veränderung feststellt, ist der möglicherweise bösartige Tumor nicht mehr im Anfangsstadium. Eine Früherkennung ist mit dem Tastbefund daher nicht möglich.

· Beschwerden beim Wasserlassen deuten eher auf eine gutartig vergrößerte Prostata, als auf ein Karzinom.

· Wenn der Wunsch zur Prostatakarzinom-Früherkennung besteht, kann diese jährlich im Alter zwischen 50 und 75 erfolgen. Wenn eine familiäre Belastung besteht, kann die Untersuchung bereits ab 45 Jahren vorgenommen werden.

· Eine Heilung von Prostatakrebs ist nur im Frühstadium möglich.

· Die PSA-Untersuchung ermöglicht gemeinsam mit der danach veranlassten Gewebeuntersuchung (Biopsie) in etwa 70 Prozent die frühzeitige Erkennung eines Prostata-Karzinoms und damit eine Therapie.

· Nicht jeder Mann verstirbt zwangsläufig an einem Prostatakarzinom. Bei der Hälfte bis zwei Drittel der Männer zwischen 60 und 70 Jahren mit Prostatakarzinom wächst der Krebs so langsam, dass er zu Lebzeiten nie zum Problem wird. Eine Behandlung würde also ein Leiden heilen, das keinerlei Beschwerden verursacht und das Leben nicht verkürzt.

· Ab einem PSA-Wert von 4 ng/ml erfolgen weitergehende Untersuchungen.

· Zwei von drei Männern mit erhöhtem PSA-Wert haben keinen Prostatakrebs. Eine mögliche Ursache der erhöhten Werte kann eine Entzündung der Prostata sein. Auch Radfahren, Geschlechtsverkehr oder Verstopfung kurz vor der Untersuchung können eine PSA-Wert-Erhöhung verursachen.

· Je höher der PSA-Spiegel im Blut ist, desto höher ist auch die Wahrscheinlichkeit, dass ein Krebs vorliegt.

· Jedes dritte positive Ergebnis ist falsch, das heißt, der PSA-Test ergibt ein positives Ergebnis, obwohl der Betroffene keine Krebserkrankung an der Prostata hat.

· Wenn der PSA-Wert nicht erhöht ist, ist die Wahrscheinlichkeit, dass Krebs vorliegt, sehr gering und es werden keine weiteren Untersuchungen vorgenommen. Es kommt in seltenen Fällen vor, dass der PSA-Test bestehende Krebserkrankungen "übersieht".

· Ist der PSA-Wert leicht erhöht, liegt wahrscheinlich kein Krebs vor, aber es kann sein, dass zur weiteren Abklärung zusätzliche Tests gemacht werden. · Ist der PSA-Wert stark erhöht, müssen weitere Untersuchungen, eine Tastuntersuchung (Palpation), Ultraschalluntersuchung oder eine Gewebeentnahme (Biopsie) gemacht werden, um zu klären, ob tatsächlich ein Tumor vorliegt.

· Zwei von drei Männern, die eine Biopsie machen lassen, haben keinen Krebs.

· Die Entfernung der Prostata bei der Prostatakrebs-Operation kann zu Erektionsproblemen führen, wenn die an dem Organ eng anliegenden feinen Nerven durchtrennt werden. Außerdem kann es auf Grund der Operation zur Harninkontinenz kommen. Eine Bluttransfusion während der Operation kann erforderlich sein.

· Die Strahlentherapie führt ebenfalls in seltenen Fällen zur Gliedversteifungsstörung, Harninkontinenz und Reizzuständen des Enddarms.

Letzte Aktualisierung: 25.01.2007 Experten für diese Seite: Prof. Dr. med. Jens Altwein (Urologie) Dr. med. Gert Vetter (Allgemeinmedizin)

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