Konkurrenz für Barbie:Die neue Spielverderberin

Früher hieß es, Barbie versaut das Frauenbild unserer Kinder. Heute wirkt sie fast spießig - im Vergleich zur obszönen Puppe namens Bratz. Das SZ-Magazin nimmt die neue Konkurrentin unter die Lupe.

Rainer Stadler

Vielleicht ist es an der Zeit, Barbie zu rehabilitieren, nachdem Generationen von Eltern die Modepuppe verteufelt haben. Logisch, lange Beine, blonde Haare, üppiger Vorbau, eine Taille, wie sie in der Natur nicht vorkommt - der Umgang, den man seinem Töchterchen wünscht, sieht anders aus. Aber bei aller berechtigten Kritik hatte Barbie immerhin Stil. Sie orientierte sich mit ihrem Kleiderschrank an Grace Kelly, Jackie Kennedy oder Twiggy. Sogar Ambitionen blitzten bei ihr durch, wenn sie Chirurgin werden wollte, Astronautin oder Präsidentin der Vereinigten Staaten. Verglichen mit Cloe, Yasmin, Jade und Sasha erscheint sie deshalb als Karrierefrau: Die Puppen der Marke Bratz wollen einfach nur Spaß. Sie tragen bevorzugt hautenge Tops, Microminis, Netzstrümpfe und High Heels aus Lackleder.

Bratz

Will Barbie den Rang ablaufen: Bratz setzt auf noch mehr Sexappeal.

(Foto: Foto: Hersteller, Fotomontage sueddeutsche.de)

Die letzten 50 Jahre aus Sicht von Barbie: Konkurrentinnen kamen, Konkurrentinnen gingen. Keine vermochte die Königin der Mädchenherzen auch nur ansatzweise vom Thron zu stoßen. Im Juni 2001 dann brachte die kalifornische Firma Micro Games of America (MGA) die Bratz-Puppe auf den Markt, ein Wesen mit aufgeblasenen Lippen, riesigen Augen, mikroskopisch kleiner Nase. Ein Produkt wie vom Schönheitschirurgen, mit dem "schläf-rigen, durchtriebenen Gesichtsausdruck eines Partygirls, das einige Mojitos zu viel getrunken hat", urteilt das US-Magazin New Yorker.

Paris Hilton als Puppe - genau darauf hatten die kleinen Mädchen offensichtlich gewartet: Mehr als 100 Millionen Bratz-Puppen, deren Name sich von "brat" ableitet, dem englischen Wort für Göre, wurden mittlerweile verkauft. In Australien und Großbritannien ist Bratz die meistverkaufte Modepuppe, weltweit erreicht sie 40 Prozent Marktanteil. Zwei Milliarden Dollar setzte MGA im Jahr 2005 mit den Gören um, Barbie brachte seinem Hersteller, dem US-Konzern Mattel, im selben Jahr drei Milliarden Dollar. MGA-Gründer Isaac Larian tönt, er wolle Barbie in die Rente schicken.

Eine typisch amerikanische Erfolgsgeschichte: Der Mann, der den größten Spiele-hersteller der Welt herausfordert, kam 1971 aus dem Iran nach Los Angeles und hatte 750 Dollar in der Tasche. Er studierte Bauwesen und fand seinen ersten Job in einem Coffee Shop - als Tellerwäscher. Einige Jahre vertrieb er Videospiele. Seine Millionärslaufbahn begann, als ihm ein Spielzeug-Designer die Skizzen einer neuen Puppe vorlegte. Larian fand sie hässlich und nahm sie mit nach Hause, um seine damals achtjährige Tochter nach ihrer Meinung zu fragen. Sie war begeistert.

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