Kolumne:Männer aktuell, diesmal: Lothar

Kolumne: Lothar jagt dem Ball nach.

Lothar jagt dem Ball nach.

(Foto: Illustration Jessy Asmus)

Gäbe es den Konjunktiv nicht, man müsste ihn erfinden. Alleine schon, weil es so großartige Sprüche über ihn gibt. Ein besonders toller stammt, Männer wissen es, von Lothar Matthäus.

Von Johanna Adorján

Eine Freundin hatte neulich die Idee, über eine andere gemeinsame Freundin das Gerücht zu verbreiten, diese wäre neuerdings mit Lothar Matthäus zusammen (ich spreche seinen Namen, merke ich gerade, selbst in Gedanken fränkisch aus - Loddar Maddäus). Ich möchte dazu sagen, dass wir diese Freundin beide sehr gern haben und uns einfach in eine alberne Laune hineingelacht hatten, ganz alleine bei einem Mittagessen, sogar ohne Zuhilfenahme von Alkohol. Lothar Matthäus war einfach der absurdeste Mann, der uns einfiel, mit dem wir egal wen aus unserem Bekanntenkreis paaren könnten (oh nein, jetzt habe ich sogar schon Beganntengreis gedacht). Ist das nicht tragisch?

Dabei sagt er so tolle Dinge. Frauen erfahren davon normalerweise erst mit einiger zeitlicher Verzögerung. Denn Frauen sehen meistens nicht die Sendungen, in denen diese Dinge gesagt werden, jedenfalls nicht die Frauen, die ich kenne, mit einer Ausnahme, die jedoch bisher noch nie auf die Idee kam, uns anderen von den Jahrhundertsätzen zu berichten, die da offenbar regelmäßig rausgehauen werden, und zwar, wie mir scheinen will, eben meistens von Lothar Matthäus. Doch der eine oder andere Mann lässt im Gespräch hin und wieder mal einen dieser Sprüche fallen. Der letzte, den ich gehört habe, war der beste, ich denke ihn seither oft, manchmal sage ich ihn auch laut, er passt einfach ständig und ist sogar noch besser als der ebenfalls schon ziemlich gelungene Spruch meines guten Freundes Til, der dieselbe Aussage hat, und zwar, dass man sich die meisten Konjunktivsätze auch einfach schenken kann.

Gäbe es den Konjunktiv nicht, würden möglicherweise mehr Frauen "Sportschau" gucken

Der Engländer kennt für diesen Umstand den Merksatz, jetzt mal übersetzt: Wenn Wünsche Pferde wären, würden Bettler reiten. Das ist nicht nur umständlich, sondern auch altmodisch, denn wäre es für die Bettler nicht angenehmer, Wünsche wären Autos? Es würde an der Aussage nichts ändern.

Der ja gemeinhin zu Selbstmitleid neigende Deutsche, der sich für Belehrungen aber immer gerne Zeit nimmt, drückt dasselbe in einer Art Kalenderspruch so aus: Wenn das Wörtchen wenn nicht wär', wär' mein Vater Millionär. Ja, wenn. Wenn. Entgegnet darauf der gemeine Deutsche.

Mein Freund Til dagegen. Wenn ich ihm mal wieder vorjammere, wie schön es doch wäre, würde Adam Driver endlich nicht mehr in jedem Film mitspielen, zieht er gekonnt eine Augenbraue hoch und sagt mit seinem bezaubernden trockenen Hamburger Charme: Herr Hätte und Frau Würde konnten leider wieder nicht kommen.

Gut, oder?

Aber jetzt Lothar, dessen Kritik des Konjunktivs an Poesie, Knappheit und Witz nicht zu übertreffen ist, und ich schätze mal international: "Wäre, wäre Fahrradkette."

Je länger man darüber nachdenkt, desto genialer wird es. Denn diese drei Worte kommentieren ja nicht nur oder versuchen es, sondern bilden den Kritikpunkt sogar in sich nach: Denn natürlich wäre (!) auch dieser Spruch besser, wäre er gereimt. Lothars Merksatz ist somit philosophisch weise.

Ich nenne ihn übrigens beim Vornamen, weil er ja beinahe mit einer meiner Freundinnen zusammengekommen wäre. Hätte er sie je getroffen. Wäre sie willens gewesen. Und er nicht Lothar Matthäus.

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