Kolumne:Männer aktuell, diesmal: Frédéric

Kolumne: Der französische Schriftsteller Frédéric Beigbeder, inzwischen 52 Jahre alt und Vater, ist mit seiner Familie ans Meer gezogen, wo er sich von seiner Schwäche für Models und Mojitos erholt.

Der französische Schriftsteller Frédéric Beigbeder, inzwischen 52 Jahre alt und Vater, ist mit seiner Familie ans Meer gezogen, wo er sich von seiner Schwäche für Models und Mojitos erholt.

(Foto: Illustration Jessy Asmus)

Wie wird man unsterblich? Der französische Autor Frédéric Beigbeder war mal Rock'n'Roll, heute ist er Vater und empfindet seine Endlichkeit als Skandal.

Von Johanna Adorján

Hätte man vor ein paar Jahren von einer Buchvorstellung von Frédéric Beigbeder gehört, die um 8.30 Uhr morgens stattfindet, hätte man angenommen, er käme direkt vom Ausgehen dorthin. Der französische Schriftsteller war mitunter bekannter für seinen Rock'n'Roll-Lifestyle als für seine Bücher, den Rock 'n' Roll-Lifestyle eines verwöhnten Pariser Ex-Werbers wohlgemerkt, der einmal verhaftet wurde, weil er vor einem Pariser Nachtclub Kokain von einem Auto schnupfte, was er sogleich literarisch verarbeitete.

Doch inzwischen ist auch Beigbeder 52 Jahre alt, Vater zweier Töchter, noch in diesem Frühjahr wird der erste Sohn geboren. Er ist mit seiner Familie ans Meer gezogen, an die baskische Küste, wo er sich nun von seinem bisherigen gehetzten Leben eines erfolgreichen Großstadtmannes mit einer Schwäche für Models und Mojitos erholt. Er wirkt frisch und aufgeräumt, als er an einem grauen Pariser Morgen die Bühne der Salle Pleyel betritt und das Publikum, das ihm ohnehin wohlgesonnen sein muss (die einstündige Veranstaltung kostet 35 Euro) mit einem launig ins Mikrophon gehauchten "Bon soir" auf der Stelle verzaubert.

"Une vie sans fin" heißt sein neuer Roman, soeben in Frankreich erschienen, "Ein Leben ohne Ende". Die Hauptfigur heißt genauso wie der Autor - und beide treibt dieselbe große Frage um: Wie wird man bloß unsterblich?

Der Beigbeder im Roman, den der Schriftsteller Beigbeder recherchierend begleitet hat, versucht es mit den neuesten Erkenntnissen aus Forschung und Wissenschaft: lässt seine DNA untersuchen, checkt in Gesundheitskliniken ein, lässt sich von internationalen Experten in die aktuellen Möglichkeiten der Genmanipulation einweihen. Die Moral der Geschichte ist dann allerdings sehr französisch: Genau zwei Wege gebe es, Unsterblichkeit zu erlangen, nämlich die Literatur und die Liebe.

Beigbeder hat immer noch die Haarpracht eines jungen Mannes, oft genug streicht er sie liebevoll zurück. Sein Bart ist grau. Die Selbstsicherheit, die er ausstrahlt, wirkt auf einer Bühne beruhigend: Dieser Mann, das ist ganz klar, könnte, wenn es sein muss, auch ohne die Fragen, die ihm bei dieser Veranstaltung ein Journalist mit gleichbleibend wissendem Lächeln stellt, ausführlich antworten. Er hat stets ein passendes Zitat parat, weiß Pointen zu setzen, wobei der Witz immer auf seine Kosten geht, wodurch er sehr sympathisch rüberkommt, nicht vollends bescheiden, aber eben auch nicht angeberisch. Während er spricht, macht seine linke Hand sanfte, beschwichtigende Bewegungen in den Raum hinein, als dirigiere sie Streicher durch ein Largo.

Wenn er von der durchschnittlichen Lebenserwartung ausgehe, sagt Beigbeder, blieben ihm noch 27 Jahre. Und man wisse ja, 27 Jahre, das sei so kurz wie fünf Minuten. Er hält nichts von der Theorie, dass erst das Wissen um den Tod das Leben so anziehend macht, carpe diem und so. Seine eigene Sterblichkeit empfindet er als Beleidigung, als Skandal. Nach drei Jahren Recherche, was sind da die Tipps des Autors für ein langes Leben? Kein Facebook, stattdessen möglichst viele echte Sozialkontakte. Mit dem gesunden Lebensstil auch nicht übertreiben. Nicht sterben.

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